BIM – eine Baustelle
Dass BIM „trotz allem eine Baustelle ist“, dürfte manchem Teilnehmer am BIM-Symposium der FH Pinkafeld schon zuvor klar gewesen sein. Viel weniger klar ist da schon die behauptete Notwendigkeit, einen BIM-Modelleur zu beauftragen, der ein konkretes Modell aufsetzt, bevor es mit Building Information Modeling losgehen kann.
Die Zukunft der Gebäudetechnik und des Gebäudemanagements liege laut Experten im BIM – Building Information Modeling –, erklärte Christian Heschl, Studiengangsleiter an der FH Burgenland, zu Beginn des Symposiums „BIM in der Gebäudetechnik & im Gebäudemanagement“ im Studienzentrum Pinkafeld. Es handle sich dabei um „eine Arbeitsmethode, die moderne Informationstechnologien nutzt, um die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung eines Gebäudes zu optimieren“, erläuterte Heschl. Der Bedarf an BIM-Experten steige kontinuierlich, stellte sein Lehrgangsleiter-Kollege Werner Stutterecker fest, „weshalb wir die Arbeitsmethode BIM als festen Bestandteil in unserem Curriculum verankert haben.“
Ein geschlossenes BIM-Bild können sie den Studierenden jedoch nicht vermitteln, das wurde aus den folgenden Referaten deutlich – und war auch nicht anders zu erwarten. Wenn beispielsweise Christoph Degendorfer, Gründer und Hälfte-Eigentümer von SIDE – Studio for Information Design GmbH (siehe Kasten), nach der Vorstellung mehrerer mit BIM abgewickelter Projekte erklärt: „Trotz allem ist BIM eine Baustelle“, andererseits aber meint: „Eigentlich kann man BIM als Stand der Technik bezeichnen“, und schließlich festhält, es sei eine Frage der Motivation, ob BIM erfolgreich werde, dann wird das BIM-Bild schon reichlich diffus. Natürlich aber hat er mit seiner grundsätzlichen Feststellung Recht, dass die Bauwirtschaft bei der Digitalisierung nur noch vor der Landwirtschaft und der Jagd liege, was aber bei der großflächigen Landwirtschaft auch schon fraglich erscheint. Auch die Bemerkung, dass zwischen Baustelle und Betrieb ein „großer Informations-Bruch“ liege, wird kaum jemand bestreiten.
Der BIM-Modelleur
Aber Degendorfer und Side haben auch Lösungen anzubieten – den BIM-Modelleur beispielsweise, der ein BIM-Modell für ein konkretes Projekt überhaupt erst aufsetzt. Er hat unter anderem vor einigen Jahren für ein konkretes Projekt noch vor der eigentlichen BIM-Nutzung schon einmal 16 Datenkonzepte entwickelt. „Enorme Probleme“ gebe es, wenn ein BIM-Modell auf ein nur 100 Meter entferntes Bestandsgebäude angewendet werden solle. „Wir haben bei Lebenszyklus-Analysen derzeit das Problem, dass viele Gebäude gar nicht oder falsch dokumentiert sind.“ Wolle man ein BIM-Modell nachträglich aufsetzen, dann könne das schon 50.000 Euro bis 100.000 Euro kosten. Letztlich hängen Aufwand und Kosten stark von der vorhandenen Software ab. Drei Voraussetzungen für BIM müssen, laut Degendorfer, gegeben sein: „Das Mindset muss stimmen, BIM wird immer relevanter und die Prozesse werden integraler.“ BIM sei nicht nur ein Werkzeug, sondern auch eine Datenbank; der Bauherr bekomme mit BIM mehr als früher, und bei Zertifizierungen würden mit BIM Wertsteigerungen erzielt. „Nicht gut funktioniert“ hätten die Zusammenarbeit mit der Haustechnik-Planung und das Änderungs-Management, nannte Degendorfer negative BIM-Erfahrungen, räumte auf Nachfrage allerdings ein, dass das nicht an den Haustechnik-Planern gelegen sei. Sondern im konkreten Fall „Die Haustechniker“ (Jennersdorf) am Architekturbüro Pichler & Traupmann, für das er damals gearbeitet hat, „weil wir die 3D-Daten nur manuell einbinden konnten.“ Dass BIM-Modelle mit der TGA-Planung ihre liebe Not haben, ist in der Praxis aber bereits evident.
„Sehen auch Nachteile bei Closed BIM“
„Wir brauchen Konzepte vor dem BIM, um ein Modell zu entwickeln“, stellt auch Michael Haugeneder von ATP sustain fest. Das auch, weil man die herkömmlichen Planungsprozesse im BIM nicht mehr abbilden könne. „Wir brauchen bei jedem Projekt ein eigenes Kollaborationsmodell, weil wir es mit einer Segmentierung zu tun haben, beispielsweise bei einem Bürobetrieb“, so Haugeneder und seine Partnerin Ursula Reiner. „Wir arbeiten derzeit mit Closed BIM, sehen aber auch dessen Nachteile. Wir überlegen daher, ob wir nicht in Open BIM gehen“, kündigten die beiden ATP-Angehörigen in ihrem Referat „BIM als Werkzeug von der ersten Skizze bis zum Gebäudemanagement in der Praxis“ an. Fast schon nebenbei fielen so inhaltsschwere Feststellungen wie etwa die Forderung, dass die Eingabe-Begriffe in deutscher Sprache vereinheitlich werden müssten, weil viele englische Begriffe nicht die deutschen Begriffsinhalte wiedergäben und teilweise nicht übersetzt werden könnten, oder die Beobachtung, dass in Deutschland teilweise bereits produkt-spezifisch ausgeschrieben werde. Bislang ein No-Go in jeder Ausschreibung, auch wenn dieses angeblich manchmal unterlaufen werden soll. Aus der Sicht eines frühen BIM-Einsatzes eigentlich logisch, in den rechtlichen Auswirkungen allerdings unabsehbar. Hier scheinen Einsprüche vorprogrammiert, im wahrsten Sinn des Wortes. In einer Kaffeepause des Symposiums zeigte sich nebenbei auch, dass BIM bald den Charakter einer Religion annehmen wird, wenn es diesen nicht schon hat. Das Pendel schwenkt zwischen glühender Begeisterung, massiver Ablehnung und skeptischem Abwarten. Und da und dort gibt es auch Verunsicherung. So meinte ein Teilnehmer, ein HTL-Lehrer aus Mödling, dass „BIM ab 2020 von der EU vorgeschrieben“ sei. Was keinesfalls stimmt, wie umfangreiche Recherchen von Building Times belegen.
Von „‚Little BIM‘ für mein Gewerke oder ‚Big BIM‘, in das Little BIM eingebunden ist“, berichteten Matthias Artaker und Andreas Stocker vom Wiener Softwarehaus Artaker CAD Systems in ihrem Vortrag „Gewerksübergreifende Zusammenarbeit mit Autodesk Revit und BIM 360“, nativem BIM mit einem Modell oder auch deren zwei, wobei die TGA in einem separaten Modell l.uft, zwei Modellen im Open BIM, wobei auch hier die TGA in einem separaten Modell l.uft usw. Nicht nur für ältere Semester interessant war die Bemerkung von Matthias Artaker: „Wir haben mit Zeichentischen angefangen und als einer der ersten Autocad in den Markt gebracht.“ „Wir sind mit 25 Mitarbeitern klein und haben uns auf BIM spezialisiert, sonst hätten wir einige Aufträge nicht bekommen. Die BIM-Aufträge sind da“, betonte Christoph Urschler (TBH Ingenieur GmbH) in seiner Präsentation zum Thema „metaTGA – Metadaten und Prozessmodelle für Open BIM in der TGA“. „Durchgängige BIM-Lösungen von Trimble“ stellte der Schweizer Martin Vanek vor, der seit zwei Jahren als BIM-Advisor tätig ist. „Von BIM zu SIM – Effizienzsteigerung bringt neue Möglichkeiten in der dynamischen Gebäudesimulation“ sagte Sven Moosberger von der EQUA Solutions AG, über die „Herausforderung anwendergerechter Herstellerdaten“ sprach Werner Trefzer von der Geberit International AG, Kevin Bauer von Siemens Österreich sprach zu „Digital Buildings und BIM“ und Matthias Pirchmoser (Ing. Günter Grüner GmbH) reiste von „BIM 2 SIM“.
Es wäre interessant zu wissen, was die Lehrenden der FH Pinkafeld nach diesem Symposium ihren Studierenden der Gebäudetechnik, des Gebäudemanagements und der Gebäudeautomation über den aktuellen Stand von BIM vortragen.