Digitale Notre Dame

Digitale Daten aus den Jahren 2010 bis 2013 werden ergänzt mit aktuell gescannten Daten und ergeben einen unschätzbaren Bestand für die Rekonstruktion. Mit Video!

Geld ist da. Bisher gingen bei der Notre-Dame Stiftung zugesagte Spenden von 377 Millionen Euro ein. Mindestens so wichtig wie die Finanzen sind für die Wiederherstellung der Notre-Dame die Erfassung der Bausubstanz und ihrer Schäden.

Nach dem verheerenden Brand hat ein Team von Art Graphique & Patrimoine AGP gemeinsam mit dem Messspezialist Faro eine Sofortmaßnahme zur Sicherung von Notre-Dame durchgeführt. Eine eintägige, genaue 3D-Vermessung des Gebäudes hilft bei der Erstellung einer Schadensdiagnose.

Die Daten, die das Team bei den 3D-Messungen in Paris mit den Faro Laserscannern gewonnen hat, können mit den Bestandsdaten, die AGP bereits vor dem Brand von Notre-Dame erstellt haben, verglichen werden. Sie liefern wichtige Informationen für den Wiederaufbau und die laufende Untersuchung. Alle am Rekonstruktionsprozess Beteiligten verfügen damit über einen zuverlässigen und wertvollen Korpus an technischen Unterlagen, 3D-Messungen und Bildern.

Ziel der Erfassung unter dem Titel „Operation Commando“ war es, die gesamte Kathedrale, insbesondere die am stärksten betroffenen Teile, digital zu kartieren. Bei der eintägigen Erfassung wurden mehr als 300 Farbscans mit etwa 30 bis 40 Milliarden Punkten durchgeführt. Die unzugänglichen Bereiche der Kathedrale wurden mittels Photogrammetrie mit einer Drohne kartiert.

Anhand dieser Daten werden die durch den Brand verursachten Schäden bewertet. So lässt sich zuverlässig feststellen, welche Teile am stärksten betroffen sind. Diese ersten Schritte sind für den Wiederaufbau von hoher Dringlichkeit und für die Rettung der Kathedrale unerlässlich. Die Experten bei AGP arbeiten nun an der Verarbeitung dieser Datenmenge. Dazu gehören neben der Zusammenstellung und Konsolidierung der Scans zu einer vollständigen Punktwolke auch die Färbung und der Vergleich mit den bereits vorhandenen Daten.

50 Milliarden Messpunkte, die genaueste 3D-Kartierung von Notre-Dame

In den 25 Jahren, in denen AGP im Einsatz ist, hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Faro mehrere 3D-Vermessungen von Notre-Dame mit Laserscanning und Photogrammetrie durchgeführt. Dank der gesammelten Daten konnte das Team Punktwolken der bei dem Brand zerstörten Gebäudeteile erzeugen – nämlich das Dach, den Holzrahmen und den Turm. Mit 50 Milliarden Messpunkten verfügt AGP nun über eine vollständige und hoch genaue 3D-Karte von Notre-Dame, insbesondere in Bezug auf den Holzrahmen und die Spitze, die im Feuer verloren gegangen sind.

Für den Holzrahmen wurden die folgenden Daten erhoben: 150 Scans mit Millimetergenauigkeit für insgesamt 3 bis 5 Milliarden Punkte. Die außergewöhnliche Punktdichte (ca. 1 bis 2 Punkte pro mm²) ermöglicht eine in ihrer Genauigkeit einzigartige Nachbildung der Details von Holzrahmen, Dach und Rumpf. Im Jahr 2010 unterstützte und arbeitete AGP mit Andrew Tallon bei seinem Digitalisierungsvorhaben von Notre-Dame zusammen. Diese digitale Kartierung mit Millimetergenauigkeit auf der Grundlage einer Zentimeterdichte war Teil seiner Forschung über die Baukonstruktion von Kathedralen. Dadurch waren die allgemeinen Abmessungen des Gebäudes bereits erfasst. Für die gesamte Kathedrale hat Art Graphique & Patrimoine bei seinen Scans in den vergangenen Jahren insgesamt etwa 50 Milliarden Messpunkte erfasst.

Von der 3D-Messung zur 3D-Modellierung

Zwischen 2010 und 2013 arbeitete Laurence Stefanon von AGP zudem an einer historischen Rekonstruktion von Notre-Dame. Dazu erstellte sie ein 3D-Modell, das 14 verschiedene Bauphasen beinhaltet – von 1163 bis heute. Dieses mit Faro Hard- und Softwarelösungen erstellte 3D-Modell wurde für eine pädagogisch orientierte Veröffentlichung angefertigt. Es beinhaltet die durchgängigen Rekonstruktionen von Notre-Dame in den verschiedenen Epochen, von ihren Ursprüngen bis in die heutige Zeit vor dem Brand. Damit steht ein unschätzbarer Datenbestand für die Rekonstruktion der Kathedrale zur Verfügung.

Ein Flug durch die Punktwolken des Dachgestühls zeigt das folgende Video