Doppelt mangelhaft

Das 104 Jahre alte Unternehmen Herbitschek aus dem steirischen Ratten ist insolvent. Erhebliche Baumängel und mangelhafte Kalkulationen im Raum Wien brachten den Riesen an den Abgrund.

Die Firma Herbitschek GmbH mit Sitz in Ratten und Niederlassungen in Zwölfaxing, Mürzzuschlag und Mönichwald ist insolvent. Ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung wird eingeleitet, eine Fortführung ist geplant. Laut den Kreditschützern sind rund 420 Gläubiger und fast 300 Mitarbeiter betroffen. Die Passiva betragen knapp 14 Millionen Euro, die Aktiva seien zum jetzigen Zeitpunkt schwer einzuschätzen, wie der AKV mitteilt. Sollte der Familienbetrieb die Sanierung nicht schaffen, dürften sich die Passiva durch weitere Forderungen jedoch in etwa verdoppeln.

Das Unternehmen ist eigentlich ein Konglomerat aus mehreren Sparten: Herbitschek ist Baumeister, Installateur, Elektriker, Dachdecker und auch Projektentwickler. Wie Firmenchef Peter Herbitschek im Mai gegenüber Building Times erklärte, werden rund 70 Prozent des Umsatzes von etwa 40 Millionen Euro im Großraum Wien erzielt. Als Ursache für die Zahlungsunfähigkeit wird vom Unternehmen eine schief gegangene Dachsanierung in Wien angegeben. Laut AKV hat sich herausgestellt, dass bei drei Dachgeschoßausbauten Mängel im Bereich Schallschutz aufgetreten sind und die vorgeschriebene Grenze deutlich überschritten wurde. Die Sanierungskosten und die damit verbundenen Schadenersatzansprüche potenzieller Käufer dürften sich aus heutiger Sicht auf rund 500.000 bis einer Million Euro belaufen. Eine Summe, die ein Unternehmen dieser Größe eigentlich verkraften müsste. Dazu kommt jedoch, dass Herbitschek auch selbst Projekte entwickelt hat und aus diesem Geschäft Kreditverbindlichkeiten in der Höhe von 5,5 Millionen Euro schlagend werden könnten, so der AKV. Auch seien noch Wertberichtigungen bei hohen offenen Baukosten vorzunehmen. Wie sich inzwischen weiters herausgestellt hat, gibt es in den Büchern von Herbitschek eine ganze Reihe von weiteren faulen Projekten. Zur Insolvenzeröffnung lag ein offener Auftragsstand von 240 Bauvorhaben mit einem Volumen von rund 25 Millionen Euro vor. Knapp 12 Millionen Euro davon entfallen auf fünf Großprojekte, mit denen Herbitschek weitere erhebliche Verluste eingefahren hätte.

Der für die Großprojekte zuständige Insolvenzverwalter Philipp Casper (Kanzlei Kaan Cronenberg & Partner) hat bereits für vier dieser Projekte den Nichteintritt erklärt. Ein weiteres Projekt ist noch in Verhandlung. Der Masseverwalter ist dennoch zuversichtlich: „Wenn ich vorsichtig bin, dann glaube ich, dass eine Fortführung möglich ist“, so Casper.