Der Umbruch ist da

IoT und die Vernetzung der Gewerke werde die Welt der Gebäudeautomation völlig umkrempeln, meint Loytec-Geschäftsführer Hans-Jörg Schweinzer im Interview.

Building Times: Herr Schweinzer, Loytec feiert heuer im Oktober sein 20-Jahr-Jubiläum. Sind Sie zufrieden mit dem, was in diesen zwei Jahrzehnten erreicht wurde?

Schweinzer: Ja, ich bin sehr zufrieden und auch sehr stolz auf das Erreichte. Wenn man bedenkt, dass wir als Spin-off der TU-Wien bei Null begonnen haben und damals wirklich wenig vom wirklichen Wirtschaftsleben wussten, ist es doch eine Leistung, dass es uns heute in dieser Form gibt.

BT: Im Lauf der Jahre haben Sie in vielen Ländern einschlägige Awards für Ihre Produkte und Lösungen erhalten. Wissen Sie, wie viele Auszeichnungen es in Summe sind?

Schweinzer: Nein, aber sich mehr als 50. Darunter waren mehrere Preise der Wiener Wirtschaft. Wir wurden mehrmals für unsere Exportquote geehrt. Ein Preis ist jedoch nur eine Ehrung. Was mindestens genauso viel zählt, ist die mit einem Award einhergehende Öffentlichkeit, die uns sichtbar gemacht hat. Das hat schon sehr geholfen.

BT: Seit nunmehr drei Jahren ist Loytec Teil der taiwanesischen Delta Group. Trägt diese Einbindung in globale Strukturen die erhofften Früchte?

Schweinzer: Durchaus. Durch die Aufteilung des Vertriebs ist die Sache einfacher geworden. Wir als Loytec bearbeiten Europa und die USA, Asien macht die Delta-Gruppe, das bringt viel.

BT: Delta ist eine sehr starke Marke. Wird Loytec da nicht in Frage gestellt?

Schweinzer: Nein, unsere Marke ist weiterhin zentraler Bestandteil und es zeichnet sich nicht ab, dass das geändert werden soll.

BT: Das heißt, alles ist wie zuvor?

Schweinzer: Nein, die größte Herausforderung betraf die Integration des Bereiches Finance. Wir wurden ja Teil einer börsenotierten Gruppe und mussten alle notwendigen Berichtspflichten innerhalb kurzer Zeit im Unternehmen umsetzen. Das war für das Team der Buchhaltung nicht einfach, ist inzwischen aber zum Automatismus geworden.

BT: Das Unternehmen agiert innerhalb der Gruppe als Kompetenzzentrum für den Geschäftsbereich Gebäudeautomation. Stehen noch weitere Integrationsschritte an?

Schweinzer: Wir sind Teil des Building Automation Business Unit. In Zukunft geht es auch um die verstärkte Verschmelzung mit anderen Units der Gruppe. Mit Amerlux-Leuchten gibt es einen starken Lichtzweig und in der Gruppe gibt es auch eine Sparte für Kameras. Natürlich ist es unser Ziel, die vorhandenen Synergien auszuloten und entsprechend zu nutzen.

BT: Lässt sich der Erfolg der Integration auch zahlenmäßig erfassen?

Schweinzer: Wir wachsen kontinuierlich um 15 bis 20 Prozent pro Jahr. Das ist mehr als der Branchenschnitt. 2016 hatten wir 80 Mit-arbeiter, jetzt haben wir 106. Für heuer liegt das Umsatzziel bei 25 Millionen US-Dollar, also bei rund 23,5 Millionen Euro. Das ist um etwa 17 Prozent mehr als im Jahr 2018.

BT: War das nicht auch in der Zeit vor Delta so?

Schweinzer: Ja, allerdings anders. Wir machen inzwischen deutlich mehr Projektgeschäft und weniger Produktgeschäft.

BT: Was gibt es technologisch Neues?

Schweinzer: Das sind im Wesentlichen zwei Dinge. Einmal die IoT-Integration über Java Scrips, die auf jedem Loytec-Controller laufen können und zweitens der Umstand, dass wir für sämtliche Controller noch dieses Jahr VPN-Unterstützung einbauen werden. Das hebt die Fernwartung und die Netzwerksicherheit auf ein ganz anderes Level. Ganz generell geht die Reise nicht nur hin zu neuer Hardware, sondern auch zur Nutzung und Vernetzung von Informationen, die bereits vorhanden sind.

BT: IoT scheucht ja die gesamte Gebäudeautomationsbranche auf. Welche Trends werden sich durchsetzen?

Schweinzer: Die IoT-Integration ermöglicht es, sämtliche Produkte anderer Gewerke, die nicht der Gebäudeautomation zugeordnet sind, einzubinden. Die Implementierung der Medientechnik, wie Videowalls und Projektoren zum Beispiel, kann sehr kosteneffizient erfolgen und ermöglicht eine zentrale Bedieneinheit. Im Grunde laufen beliebige JavaScripts auf Loytec-Controllern und alle eingebundenen IoT-Geräte werden damit praktisch BACNet tauglich. Mit der von uns gewählten Implementierung können hunderte, im Internet verfügbare JavaScripts recht einfach auf unseren Controllern lauffähig gemacht werden.

BT: Und wer kontrolliert deren Einbindung?

Schweinzer: Wir öffnen hier nur eine Tür und alle, die wollen, können durchgehen. Es ist das erste Mal, dass wir uns eine riesige Community zu eigen machen. Die Anwendungen sind breit gefächert und viele Akteure können Lösungen generieren, natürlich auch unsere Integratoren. Für die Einbindung von Delta-Geräten übernehmen wir die Wartung der Java-Scripts.

BT: Das hauseigene Building-under-Control-Symposium dauert heuer drei Tage. Wird die Gebäudetechnik doch nicht zunehmend selbsterklärend?

Schweinzer: Es wird nichts einfacher, der Aufwand steigt. Denn eines ist ganz klar, je komplexer die Systeme werden, desto mehr Pflege benötigen sie.

BT: Was bedeutet das für die Zukunft der Gewerke?

Schweinzer: Ich meine, die Gebäudeautomation wird immer IT-lastiger. Die Anfangsinvestitionen werden zwar im Hinblick auf die gebotenen Möglichkeiten geringer, weil die verbaute Hardware immer performanter wird und diese damit mehr Applikationen abdecken wird können. Auf der anderen Seite steigen aber die Anforderungen an all die beteiligten Techniker – von der Planung über die Ausführung bis zur Wartung. Üblicherweise ist ein HKL-Techniker kein Spezialist für die Bereiche IT und Medientechnik. Schon jetzt sind immer mehr Techniker mit IT-Know-how gefragt. Dieser Trend wird sich ungebrochen fortsetzen. Die Wartung der Systeme wird komplexer und damit wohl teurer, weil IT-nahe Techniker mit anderen Stundenlöhnen hegen und pflegen. Damit erlebt die Branche seit der Etablierung der DDC eine totale Veränderung. Für uns als Entwickler und Hersteller geht das aber in die richtige Richtung.

BT: Im Dezember des Vorjahres kamen bei Loytec drei neue Kompetenzpartner hinzu. Wie viele Partner umfasst das Netzwerk damit in Summe?

Schweinzer: Wir haben weltweit 115 Kompetenzpartner und neun Kompetenzcenter.

BT: Je mehr Vernetzung in und um Gebäude stattfindet, desto größer wird die Bedeutung der Datensicherheit. Wie steht es damit?

Schweinzer: Die Cyber Security ist ein heißes Eisen. Das Bewusstsein für Datensicherheit ist nicht ausreichend vorhanden, auch weil zu wenig passiert. Solange die GA-Netzwerke abgeschottet im Gebäude liegen, ist die Welt ja noch in Ordnung. Sollen Informationen aber aus anderen Netzwerken zugänglich gemacht werden, dann beginnen die Sorgen. Das Problem beginnt schon oft bei der Vergabe von Passwörtern auf Geräteebene, die einfach so belassen werden, wie sie die Hersteller definieren. Cyber Security ist für mich nicht wirklich ein technisches Problem. Technische Lösungen gibt es genug. In realen Anlagen ist eine ordentliche Umsetzung meist ein Kosten- und ein Know-how-Problem. Wenn man die Datensicherheit ernst nimmt, bedarf es der Pflege, das verursacht Aufwände und damit Kosten.

BT: Mit dem Austria Campus hat Loytec eine namhafte Großreferenz in Wien. Ändern solche Projekte die Höhe der Exportquote?

Schweinzer: Wir lagen beim Export lange Zeit bei 98 Prozent, inzwischen machen wir sieben bis acht Prozent in Österreich. Der Austria Campus ist das größte Einzelprojekt, wenngleich es aus mehreren Teilprojekten bestand. Wir sind aber gerade auch an einigen weiteren großen Projekten in Österreich dran, was uns auch freut, denn der Heimmarkt ist ein wichtiger Markt.

BT: Vor einigen Jahren haben Sie gemeint, in Österreichs Gebäuden werde viel Klick-Klack verbaut. Hat sich die Situation geändert?

Schweinzer: Ja, eindeutig. Die Planerlandschaft hat sich gewandelt und auch die Entscheider haben sich verändert. Auch die Nutzererwartungen sind andere geworden. Was mich wirklich in Rage bringt, ist der Umstand, dass wir immer noch Gebäude planen, errichten und in Betrieb nehmen, ohne den später für den Betrieb verantwortlichen Facility Manager in diese Prozesse einzubinden. Die Facility Manager erben dann quasi das Projekt und müssen oft mühsam herauszufinden versuchen, wie die Anlagen eigentlich wirklich funktionieren sollen. Das ist keine gute Basis für einen störungsfreien und auf Kundenzufriedenheit ausgerichteten Betrieb.

BT: In sehr vielen Technologiefirmen fehlen Fachkräfte und der Nachwuchs. Wie sieht die Situation in der Blumengasse aus?

Schweinzer: Wir haben in den letzten zwei Jahren schwer gekämpft, alle freien Stellen zu besetzen. Aber wir haben gelernt und sind offen für Talente aus verschiedenen Teilen der Erde. Wir haben inzwischen Mitarbeiter aus vielen Nationen und rund 20 verschiedene Sprachen im Unternehmen. Nachdem bei uns Dokumentationen und auch Meetings ohnehin meist in englischer Sprache stattfinden, ist das kein Problem. Mehrsprachigkeit bringt durchaus auch Vorteile – speziell im Vertrieb und im technischen Support.

BT: Es gibt also nicht wirklich ein Personalproblem?

Schweinzer: Derzeit sind fast alle Stellen besetzt – wir sind aber immer offen für Talente, die bei uns anklopfen. Wir spüren aber sehr wohl, dass die Konjunktur das Geschäft schwierig macht. Viele der ausführenden Firmen sind über Monate hinaus ausgebucht und können aufgrund des fehlenden Nachwuchses keine neuen Aufträge mehr annehmen. Es gibt mehr Nachfrage, als die ausführenden Unternehmen oft annehmen können. Diese Situation gab es in den letzten 20 Jahren in dieser Form nicht.