Streit, die Geldvernichtungs-Maschine

Streit am Bau ist Alltag und verschlingt Unsummen. Die Integrative Projektabwicklung soll die Zusammenarbeit durch veränderte Rahmenbedingungen fördern.

Rund 26 Millionen Euro haben die vom Arcadis Contract Solutions Team im Jahr 2017 in Kontinentaleuropa betreuten Streitigkeiten zwischen Vertragspartnern bei Bauprojekten im Durchschnitt gekostet. Die benötigte Zeit, um solche Konflikte zu lösen, stieg im Vergleich zum Vorjahr um vier auf durchschnittlich 18Monate an.

Das sind Ergebnisse aus dem „Global Construction Disputes Report 2018“ des global tätigen Planungs- und Beratungsunternehmens
Arcadis. Die Erkenntnis der Experten: Es bedarf eines Kulturwandels, damit Zeit- und Kostenvorgaben künftig seltener überschritten werden.

Arcadis hat mit der sogenannten Integrativen Projektabwicklung (IPA) ein Modell mitentwickelt, durch das alle an einem Bauvorhaben beteiligten Akteure besser an einem Strang ziehen.

Viele Konflikte bei umfangreichen Bauvorhaben sind struktureller Natur. Das Problem besteht darin, dass einzelne Vertragspartner die Verantwortung und das Risiko lediglich für ihre jeweiligen Projekte tragen und versuchen, innerhalb dieses Verantwortungsbereichs ihre Ziele zu erreichen. Im eigenen Interesse werden Aufwand und Kosten minimiert und sogar Fehler anderer Projektteilnehmer ausgenutzt.

Diese Struktur führt häufig zu Konflikten. In Kontinentaleuropa war im Jahr 2017 laut der Arcadis-Studie der häufigste Streitgrund, dass ein Vertragspartner seine Verpflichtungen nicht verstehen beziehungsweise einhalten konnte. Oft lässt sich die Kontroverse nur gerichtlich lösen. Das kostet alle Beteiligten Geld und belastet die weitere Zusammenarbeit.

„Die Baubranche kann sich die immensen Ausgaben, die Vertragsstreitigkeiten und gestörte Projektabläufe verursachen, angesichts der aktuellen Herausforderungen nicht länger leisten“, sagt Marcus Herrmann, CEO von Arcadis Europe Central. „Die Tatkraft
sollte in den Austausch von maroder Infrastruktur, die Digitalisierung und eine ressourcenschonendere Arbeitsweise fließen – nicht in Gerichtsverfahren. Die Branche muss deshalb künftig kooperativer werden.“

Projekterfolg durch kooperative Vertragsmodelle

Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass Wettbewerb immer öfter durch themenspezifische Allianzen ergänzt wird. Vor Kurzem gaben zum Beispiel BMW und Daimler bekannt, fünf Gemeinschaftsunternehmen für neue Mobilitätsangebote zu gründen. Banken wiederum arbeiten zunehmend mit konkurrierenden Unternehmen aus dem Fintech-Sektor zusammen. Diese Trends zeigen, dass auch für Baufirmen zusammenarbeit mit Wettbewerbern möglich und nötig ist. Damit die neue Arbeitsweise
zum Erfolg führt, kommt es neben dem Willen zur Zusammenarbeit auch auf strukturelle Änderungen an. Speziell in der Baubranche muss ein Kulturwandel hin zu kooperativen Vertragsmodellen stattfinden.

Arcadis hat auf Basis praktischer Erfahrungen und globaler Referenzen das Konzept der Integrativen Projektabwicklung (IPA, auch Alliancing genannt) in der „Initiative Teambuilding“ aktiv mitentwickelt. Es basiert darauf, eine Struktur zu schaffen, in der individueller mit kollektivem Erfolg verknüpft ist, während die Risiken geteilt sind.

Das Modell sieht vor, dass alle Baupartner in einer virtuellen Projektgesellschaft mit gemeinsamer Planungs- und Ausführungsverantwortung verbunden sind. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass der Bauherr die Projektziele sauber definiert und die Partner sich klar dazu bekennen. Darüber hinaus sind ein erfolgsorientiertes Vergütungsmodell sowie ein professionelles Konfliktmanagement wichtig für das Gelingen von IPA.

„Der wesentliche Schlüssel zum Projekterfolg ist der Faktor Mensch“, sagt Oliver Bartz, Head of Alliancing und kooperative Projektabwicklung. „Wenn es gelingt, dass sich alle an einem Bauvorhaben Beteiligten als ein Team verstehen, dann werden komplexe Großprojekte ohne Kosten- und Terminverzögerungen fertiggestellt werden können.“

Arcadis ist ein globales Planungs- und Beratungsunternehmen für Immobilien, Umwelt, Infrastruktur und Wasser. Mit 27.000 Mitarbeitern in mehr als 70 Ländern erwirtschaftet das Unternehmen einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro.