Möglichkeiten einer Sanierungsoffensive

Vertreter der Bauwirtschaft fordern Taten von der Politik um die Sanierung des Bestandes voranzubringen.

Die Sanierungsoffensive 2021/2022 neigt sich ihrem Ende zu. Die Laufzeit über zwei Jahre sowie die Budgethöhe von 800 Millionen Euro wurden sehr begrüßt: ein Zeichen für Umweltschutz, CO2-Reduktion für die Klimaneutralität 2040 und mehr Planungssicherheit. Dennoch gibt es Optimierungsbedarf bei der Förderinitiative der Regierung. Die Arge Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme (QG) und Bau!Massiv! haben dazu im Rahmen der Bautage 2022 in Loipersdorf Workshop abgehalten. Über vierzig Teilnehmer:innen gingen der Einladung nach und teilten ihre Erfahrungen zum Thema „Klimafittes Sanieren im Bestand“. Als Ergebnis liegen klare Forderungen auf dem Tisch.

„Die Sanierungsoffensive müsste endlich in die Tat umgesetzt werden. Derzeit ist sie nicht mehr als ein Slogan auf Broschürenpapier. Wenn nicht endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anreize für eine echte Offensive umgesetzt werden, schaut es düster aus“, befindet Hans Jörg Ulreich, Geschäftsführer Ulreich Bauträger.
„Unabdingbar ist die Einrichtung einer österreichweiten Anlaufstelle (One-Stop-Shop) im Bereich der technischen und finanziellen Beratung, Durchführung und Abwicklung von Sanierungsprojekten“, so Reinhold Lindner, Sprecher von Bau!Massiv!

Die Forderungen im Detail:

Förderanträge vereinfachen: Keine Raketenwissenschaft, so ein Kommentar aus dem Publikum. Die Höhe der Förderungen soll unkompliziert ablesbar sein und damit Entscheidungen erleichtern. Sanierungsmaßnahmen sollen auch nicht miteinander konkurrieren. Eine österreichweite Bündelung aller Fördermöglichkeiten würde zusätzlich vereinfachen.

One-Stop-Shop: Eine Anlaufstelle kann überforderte Bauherren und Baufrauen bei der komplexen Gebäudesanierung unterstützen. Ihr Service umfasst z. B. Beratung zu Fördermöglichkeiten, zur Projektplanung und technischen Abwicklung. Als Beispiel wurde die Wiener Hauskunft genannt.

Anreize erhöhen, Leistbarkeit gewährleisten: Eine Studie des SORA Instituts zeigt hohes ökologisches Bewusstsein bei Immobilien-BesitzerInnen. Sie zeigt auch, dass die Investitionsbereitschaft bei einer Fördersumme ab 20.000 Euro liegt. Dafür müssten also die richtigen Rahmenbedingungen und passende Anreize insbesondere im Mietrecht geschaffen werden. Erst dann wird die Sanierungsrate steigen, so wie im Regierungsprogramm vorgesehen.

Alternative Finanzierungsmodelle: Warum nicht neue, alternative Finanzierungswege diskutieren/gehen? Z. B. Green Bonds schlug ein Workshop-Teilnehmer vor – festverzinsliche Finanzinstrumente zum Realisieren von Projekten mit positiven Umwelt- und/oder Klimavorteilen.

Gebäudetyp spezifizieren: Jedes Segment wäre lösbar mit wenigen Stellschrauben, so ein Praktiker; Es mangle am politischen Willen, Lösungsorientierung und Kommunikation. Denn nicht jeder Gebäudetyp, nicht jedes Gebäudealter ist gleichermaßen betroffen und auch nicht gleich lösbar.

Energieausweis sinnvoll einsetzen: Das Warmmieten-Modell könnte das Mieter-Vermieter-Dilemma lösen. Dabei hätte der Vermieter einen wirtschaftlichen Anreiz zur effektiven Senkung der Heizkosten.

Abschreibung: Private Vermieter müssten mehr zum Modell der Abschreibung informiert werden. Mögliche weitere steuerliche Maßnahmen analysierte das IIBW – Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen.

Werbekampagne: Thermische Gebäudesanierung gehört beworben, um ihre mannigfache Wirkung der Bevölkerung zu erklären. Die Kampagne „Raus aus Öl und Gas“ alleine war nicht zielführend.

Hintergrund: Niedrige Sanierungsrate

Eine thermische Gebäudesanierung wirkt schnell und genau. Sie kann als Versicherung betrachtet werden in der aktuell unsicheren geopolitischen Konstellation. Denn ¼ des Energiebedarfs in Österreich beansprucht der Wohnbereich. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass durch eine ganzheitliche thermische Sanierung eine Energieeinsparung von über 70 Prozent möglich ist. Andererseits erfordert der Green Deal der EU noch weitere und schärfere Maßnahmen zur CO2-Reduktion. Denn circa ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen entfällt auf den Gebäudesektor. 50 Prozent des Gebäudebestands gilt als thermisch unzureichend. Zu Recht sind im aktuellen Regierungsprogramm bereits Maßnahmen im Bereich der Sanierung festgehalten. Die Sanierungsrate ist derzeit zu niedrig.