BIM voraus

Engie hat vor drei Jahren begonnen, sich intensiv mit BIM zu beschäftigen. Inzwischen sei man in der Lage, die Gewerke Heizung, Klima, Lüftung, Elektro und Sprinkler in der BIM-Methode zu planen, sagt der für BIM verantwortliche Manager Gerald Tesar.

Ich bin überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind. Jedes neue Projekt wird in Revit modelliert und bei jedem Projekt wird etwas Neues entwickelt“, sagt Gerald Tesar. Er ist als Leiter der Technischen Projektsteuerung bei der Engie Gebäudetechnik GmbH auf der Managementebene für die Implementierung von Building Information Modeling verantwortlich. Ihm stehen ein BIM-Koordinator und mehrere externe Entwickler zur Seite. Und natürlich die Konstrukteure, die sich nach und nach in die Materie einarbeiten. Im Building Times Exklusivinterview gibt er einen Einblick, wie Engie an das komplexe Thema BIM herangeht und wo eines der größten Gebäudetechnikunternehmen Österreichs steht.

Building Times: Hr. Tesar, BIM ist in aller Munde. Oft hört man, dass die Gebäudetechnik hinten nach ist. Stimmt das?

Tesar: Engie in Österreich ist in Sachen BIM sehr gut aufgestellt. Wir beschäftigen uns seit 1990 mit der 3D-Planung und seit 2016 intensiv mit BIM. Zur Entwicklung unserer Marktbegleiter kann ich allerdings keine Stellungnahme abgeben.

BT: Wie geht Engie konkret mit BIM um?

Tesar: Als wir uns 2016 entschlossen haben, zukünftig unsere Projekte in BIM abzuwickeln, mussten wir feststellen, dass seitens unserer Kunden dafür noch kaum Bedarf gegeben war. Nichts desto trotz gründeten wir eine Arbeitsgruppe, um BIM im und für das Unternehmen zu entwickeln und zu implementieren. Unser Ziel ist es, auf Basis eines BIM-Modells einen durchgängigen digitalen Workflow zu erstellen und über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes ressourcenschonend und kosteneffizient auszuführen. Besonders für Beschaffung und Montage stellt das für uns einen Mehrwert dar.

BT: Wie nahe sind Sie ihrem Ziel inzwischen?

Tesar: Auf Grund unserer Entwicklung und der dabei erzielten Fortschritte verfügen wir heute über ein praktikables Arbeitsmittel, welches uns eine Projektabwicklung in einem praxisorientierten BIM-Verfahren ermöglicht. Daher können wir bereits heute unseren Kunden unsere Erfahrung mit BIM über den Lifecycle – Prozess anbieten und stehen so als  erfahrener BIM-Anwender unseren Kunden partnerschaftlich zur Verfügung.

BT: Mit welcher Software arbeiten Sie konkret und wie sind die Erfahrungen damit?

Tesar: Nach Evaluierung der am Markt zur Verfügung stehenden Konstruktionssoftware haben wir uns für das Produkt Revit aus dem Hause Autodesk entschieden. Add-ons und firmeninterne Anforderungen für unseren Arbeitsprozess werden „maßgeschneidert“ von unserer BIM Arbeitsgruppe im Haus entwickelt und implementiert. Zum Beispiel haben wir ein Tool entwickelt, mit dem ohne jegliche Projektkenntnis die Aktualität und Gültigkeit von Plänen mittels QR-Codes geprüft werden kann. Zusätzlich zu Revit haben wir Navisworks in Verwendung.

BT: Um BIM zu praktizieren, brauchen Sie Daten. Ist deren Beschaffung sehr mühsam oder gibt es einen Zentralserver, wo Hersteller ihre Daten einpflegen?

Tesar: Unsere Daten werden vorwiegend generisch auf unserem Datenserver gepflegt. Um das Modell nicht unnötig anwachsen zu lassen, vermeiden wir so weit wie möglich herstellerspezifische Daten, die für uns eine zu hohe Detailtiefe in Optik und Information haben. Ein weiterer Vorteil der generischen Familien ist, dass sowohl die Planung produktunabhängig als auch die Definition bzw. der Wechsel des Fabrikats zu jeder Planungsphase erfolgen kann.

BT: Wo liegen die Vorteile von BIM für Ihre Kunden?

Tesar: Erstens bringt BIM ein besseres Verständnis, weil mit Visualisierungen, Virtual Reality und Renderings bereits Entwürfe geprüft und verstanden werden können. Zweitens bringt BIM mehr Transparenz und Kontrolle. Mit einer durchgängigen Projektabwicklung in BIM können Baukosten und Termine besser kontrolliert werden. Drittens bringt die Planung in BIM mit begleitender Koordination aller Projektbeteiligten eine höhere Qualität. Und last but not least, ermöglicht der Einsatz von BIM im Facility Management eine Reduktion der Betriebskosten. Genaue und verlässliche Betriebsdaten des Gebäudes ermöglichen eine nachhaltige Bewirtschaftung und Instandhaltung.

BT: Ist es schwierig, MitarbeiterInnen für die Anwendung von BIM zu gewinnen?

Tesar: Selbstverständlich gibt es Mitarbeiter, die das Thema kritisch betrachten. Die kann man aber mit den Vorteilen der Tools für die Anwendung der BIM-Methode gewinnen. Um eine  höhere Akzeptanz zu erreichen, aber auch zielgerichtete Schulungen anbieten zu können, haben wir ein auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenes Schulungsprogramm entwickelt, nach welchem alle Mitarbeiter geschult werden.

BT: Haben Sie Spezialisten zugekauft?

Tesar: Nein, da es so gut wie keine Revitfitten Konstrukteure auf dem Markt gibt. Wir haben in die Ausbildung unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen investiert.

BT: Welche Gewerke deckt Engie im Bedarfsfall mit BIM ab?

Tesar: Wir decken die Gewerke Heizung, Klima, Lüftung, Elektro und Sprinkler vollinhaltlich ab.

BT: Warum auch Elektro?

Tesar: Das ist bei Engie ein wachsendes Segment.

BT: Gibt es aktuelle Bauten, wo der Bauherr auf den Einsatz von BIM drängt?

Tesar: Aktuell haben wir zwei BIM-Projekte, bei denen der Bauherr die Anwendung der BIM-Methode vertraglich bedungen hat. Ein weiteres ist bereits erfolgreich abgeschlossen, bei  mehreren befinden wir uns zurzeit in der Angebotsphase.

BT: Das heißt also, dass auch die Architekten mitziehen?

Tesar: Nicht wirklich, offen gesagt, erhalten wir kaum BIM-Modelle von Architekten. Wir erwarten aber auch hier in Zukunft einen Anstieg der Nachfrage.

BT: Manche Planer argumentieren, dass der Einsatz von BIM hohe Kosten verursacht. Wie sehen Sie das?

Tesar: Es ist richtig, dass Software und Schulungen nicht unerhebliche Kosten verursachen. Oft braucht es zudem auch noch andere Hardware, das summiert sich. Langfristig sehen wir hier jedoch durch den Einsatz von BIM eine Kostenreduktion.

BT: Wenn man BIM zu Ende denkt, stellt sich die Frage, wie das mit öffentlichen Ausschreibungen zusammengehen soll? Haben Sie dazu eine Antwort?

Tesar: Hier ist ein Umdenken seitens der öffentlichen Hand erforderlich. Vorstellbar wären hierzu allumfassende Ausschreibungen auf Basis von Design and Build, Design to Budget oder kooperatives Bauen mit Open Book Kalkulationen.

BT: Der Obmann des VTGA Gunther Herbsthofer meint, dass der Datenaustausch zwischen den Gewerken nicht funktioniert. Teilen Sie diese Meinung?

Tesar: Zurzeit können über die softwareübergreifende Schnittstelle IFC nur rudimentär Daten ausgetauscht werden. Hier sind noch weitere Entwicklungen durch die Softwareanbieter erforderlich.

BT: Kürzlich waren 250 Aussteller auf der digitalBau-Messe Köln. Wird es hier eine Konsolidierung geben?

Tesar: Ich nehme an, dass es eine „Bereinigung“ des Marktes geben wird und nur wenige „Big Player“ überbleiben werden. Ich denke jedoch, dass eine Vielzahl von Anbietern Add-on  Lösungen und ergänzende Software anbieten werden.