TU-Studie: Energieautarke Landwirtschaft ist möglich
Eine Studie der TU Wien zeigt: Die Land- und Forstwirtschaft könnte sich selbst mit Energie versorgen, wenn man Holz-Reststoffe in Biodiesel und Biogas umwandelt. Voraussetzung: 10 Anlagen mit je 100 MW.
Die Land- und Forstwirtschaft benötigt große Mengen an Energie: Der Verbrauch von fossilem Diesel und Erdgas in diesem Sektor ist für etwa 1,1 % der gesamten österreichischen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig fallen aber in der Forstwirtschaft auch große Mengen von Schadholz und biogenen Reststoffen an, die zwar für eine stoffliche Verwertung ungeeignet sind, aus denen aber erneuerbare Energieträger wie Biodiesel oder Biogas hergestellt werden können.
Am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien wurde nun eine Machbarkeitsstudie erstellt. Sie zeigt, dass die Land- und Forstwirtschaft ganz auf fossile Kraftstoffe verzichten könnte, wenn man Reststoffe sinnvoll nutzt.
Treibstoff aus dem Wald
Das Konzept, das die TU Wien der Studie zugrunde legt, besteht aus mehreren Schritten: Aus biogenen Rohstoffen, etwa aus Holz, das durch Borkenkäfer geschädigt wurde, soll zunächst ein Synthesegas erzeugt werden. Dieses Gas wird dann in einem zweiten Schritt gereinigt, danach kann es entweder zur Herstellung von Holzdiesel verwendet oder in Holzgas umgewandelt werden. Der Holzdiesel ließe sich in landwirtschaftlichen Maschinen verwenden, das Gas ließe sich wie herkömmliches Erdgas nutzen.
„Das Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft“, erklärt Hermann Hofbauer, Leiter der Forschungsgruppe „Zukunftsfähige Energietechnik“. „Land- und forstwirtschaftliche Maschinen sollen mit Holzdiesel betrieben werden, das Holzgas soll für Raumheizung und Warmwasserbereitstellung eingesetzt oder ins Erdgasnetz eingespeist werden.“
Zehn Großanlagen mit je 100 MW
Die einzelnen technischen Schritte wurden an der TU Wien erprobt: „Die Energieeffizienz der Holzgasproduktion beträgt bis zu 85 %“, sagt Alexander Bartik, der maßgeblich an der Studie auf dem Gebiet der Holzgasproduktion mitarbeitete. „65 % der Energie wird im Holzgas gespeichert, zusätzlich gewinnen wir 20 % durch Wärmeauskopplung.“
„Die verfügbaren Mengen an anfallenden Reststoffen würden problemlos ausreichen, um die Land- und Forstwirtschaft mit Holzdiesel und Holzgas autonom zu versorgen“, resümiert Florian Benedikt, der seine Expertise zur Holzdieselproduktion in die Studie eingebracht hat. Ob dieses Ziel erreicht wird, hängt von finanziellen Faktoren ab: Um den Energiebedarf der Land- und Forstwirtschaft bis 2035 aus Reststoffen zu decken, müsste man eine Holzgas-Anlage und neun Holzdiesel-Anlagen mit jeweils 100 MW installieren. „Dafür wäre ein jährliches Investitionsaufkommen von knapp € 200 Millionen über 10 Jahre nötig“, sagt Martin Hammerschmid, verantwortlich für die ökonomische Bewertung der Technologie innerhalb der Studie.
Die Wirtschaftlichkeit der Technologie hängt von der CO2-Bepreisung der fossilen Energieträger ab: Biodiesel aus Holz wäre (je nach Qualitätsklasse des Holzes) ab einem CO2-Preis von ca. 60 bis 170 €/toCO2 wirtschaftlich, Biogas aus Holz bei 25 bis 120 €/toCO2. Man könnte die Preise von Bio-Brennstoffen und fossilen Brennstoffen allerdings auch angleichen, indem man Biogas und Biodiesel verbilligt: „Um den derzeitigen Marktpreis der Produkte zu halten, könnten alternativ für Holzdiesel und Holzgas Förderungen in Form von Investitionsförderungen, Betriebsförderungen oder steuerliche Begünstigungen umgesetzt werden,“ erklärt Marton Veress, der sich vor allem mit der Ressourcenabschätzung für die biogenen Kraftstoffe in der Studie befasst hat
Ein Kurzbericht der Studie ist hier online verfügbar.