Raumgreifende Interessen
Der einzelne Bau greift zu kurz, die IG Lebenszyklus Bau erweitert deshalb den Fokus auf das Umfeld von Bau- und Immobilienprojekten.
Der Kongress der IG Lebenszyklus Bau ist eine alljährliche Leistungsschau auf der die einzelnen Arbeitsgruppen präsentieren das, was sie beschäftigt. Schon im Einleitungsstatement von IG-Sprecher Karl Friedl wurde klar, dass es um Gebäude und Umwelt im Wechselspiel geht. Die ökologischen, soziokulturellen und ökonomischen Veränderungsprozesse sowie die Digitalisierung und Automatisierung vieler Arbeitsabläufe machen die integrale Betrachtung von Gebäude- und Quartiersentwicklung heute zu einer Notwendigkeit, so der Tenor beim 9. Jahreskongress.
Die IG hat Anfang 2019 eine intensive Auseinandersetzung mit den Umweltfaktoren Mobilität, Vernetzung und Verknappung und deren Wechselwirkung auf das einzelne Gebäude eingeläutet und die ersten Ergebnisse in Form von vier Publikationen und einem Videoprojekt präsentiert. „Wir haben gut daran getan, das Gebäude zu verlassen und in den Raum zu gehen“, zeigte sich Vorstandsmitglied Christoph M. Achammer, ATP architekten ingenieure, angesichts des facettenreichen Kongressprogramms und der Ergebnisse des Arbeitsjahres 2019 überzeugt. Die Auseinandersetzung mit interdisziplinären Perspektiven auf Phänomene wie soziale Vernetzung hielt er dabei für ebenso notwendig, wie das kritische Hinterfragen unzeitgemäßer Regulierungen und prozesshemmender Partikularinteressen.
Die Verbandsperspektive um die Horizonte Mobilität, Vernetzung und Verknappung zu erweitern, bezeichnete auch Karl Friedl (Moocon) als richtige Entscheidung. Einen erfrischenden Beitrag dazu lieferte auch Bernd Vogl, Leiter der MA 20 Energieplanung der Stadt Wien. „Wir müssen weg von den Versorgungsstrukturen. Wenn die vorhandene Energie am Bauplatz nicht reicht, sollte es wenigstens mit der Region funktionieren“, erklärt er. Auch die Ressource Fernwärme sei nicht endlos vorhanden, weshalb es zweckmäßig sei auch andere Varianten zu denken. Die Heizung und Kühlung mittels Solarenergie und Erdsonden werde zur Standardlösung, meint Vogl. Seiner Ansicht nach sollten künftige Quartiere netzdienlich sein. All das geht freilich nur unter der Voraussetzung, dass die Stadtplanung früh mit der Energieplanung beginnt.