Wahlmotiv Nachhaltigkeit

Horváth EU-Studie: Nachhaltigkeit wichtiges Motiv für EU-Wahl – Österreicher:innen von wirtschaftlichen Chancen jedoch weniger überzeugt als Nachbarländer. ESG und CO2-Steuer geht der Mehrheit nicht weit genug.

In Österreich geben nur 56 Prozent der Bevölkerung an, dass Nachhaltigkeit für ihre EU-Wahlentscheidung am 9. Juni wichtig ist. Damit liegt Österreich im Vergleich zu den anderen untersuchten EU-Staaten an letzter Stelle. In Frankreich, Spanien und Italien liegt dieser Wert bei über 70 Prozent.
Die Österreicher sehen zudem ähnlich wie die deutschen Nachbarn weniger wirtschaftliche Chancen in Klimaschutzprogrammen als europäische Nachbarländer (Österreich: 70 Prozent, Deutschland: 67 Prozent; Frankreich, Spanien und Italien: 75 bis 81 Prozent). Auch die Sorgen, die sich die österreichische Bevölkerung über das Leben kommender Generationen in knappen Ressourcen und Folgen des Klimawandels macht, sind geringer ausgeprägt. Hierzulande geben 74 Prozent an, dass ihnen Gedanken daran auf das Gemüt schlagen würden – im EU-Ausland sind es rund 80 Prozent.
Dies sind Ergebnisse der aktuellen, länderübergreifenden Horváth-Studie „Nachhaltigkeit im Kontext der Europawahl“. „In den deutschsprachigen Ländern ist eine Mehrzahl der Menschen in Sachen Klimaschutz hin- und her gerissen. Sie wollen Energiewende und Umweltschutz voranbringen, aber die Konjunktur – vor allem die nationale Industrie – nicht zu stark belasten. Anreize für nachhaltiges Wirtschaften bzw. Sanktionen für nicht nachhaltige Unternehmen finden breite Zustimmung, das bedeutet auch Rückenwind für den European Green Deal“, sagt Peter Sattler, Nachhaltigkeitsexperte bei der international tätigen Managementberatung Horváth.

Eigenverantwortung für Nachhaltigkeit stark ausgeprägt – Unternehmen wenig in der Pflicht

Fast die Hälfte der Österreicher:innen (46 Prozent) antworten auf die Frage, bei wem die Verantwortung für nachhaltiges Handeln liegt, mit „bei jedem einzelnen Bürger beziehungsweise jeder Bürgerin“. Diese stärker wahrgenommene Selbstverantwortung der Befragten in Österreich könnte mit mangelndem Vertrauen in die Durchsetzungskraft der politischen Akteur:innen zusammenhängen. In Deutschland ist dieser Wert noch höher, in den meisten anderen Ländern jedoch beträchtlich niedriger (vgl. Frankreich: 36 Prozent, Spanien: 24 Prozent, Italien: 40 Prozent).
Nur jeder vierte Befragte (26 Prozent) verortet die Verantwortung für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in erster Linie beim Staat (EU-Ausland: 30 Prozent). Die EU wird in Österreich von 19 Prozent der Befragten in die Pflicht genommen, die Unternehmen nur von neun Prozent, was den zweitniedrigsten Wert unter allen befragten Ländern darstellt.

Europaweiter Rückhalt für Nachhaltigkeit

„Insgesamt sticht positiv hervor, dass viele Befragte aus der EU die Notwendigkeit und Chancen nachhaltigen Handelns und Wirtschaftens sehen – auch bei Befragten mit konservativer Wahlabsicht“, so Horváth-Experte Peter Sattler. Für die Aussage, dass sich Klimaveränderungen ohnehin nicht mehr aufhalten oder abmildern lassen, findet sich – mit Ausnahme von Rumänien – in keinem der untersuchten Länder eine Mehrheit, obwohl 68 Prozent aller Befragten mit einem konservativen Trend im EU-Wahlausgang rechnen.

ESG und CO2-Steuer geht der Mehrheit nicht weit genug

Europaweit und auch in Österreich befürworten mehr als 80 Prozent der Befragten, den Unternehmen stärkere Anreize für nachhaltiges Wirtschaften zu bieten. Offensichtlich nicht nachhaltig agierende Unternehmen sollen aus Sicht von mehr als drei Viertel der befragten Österreicher (77 Prozent) stärker sanktioniert werden. Im EU-Ausland sprechen sich sogar mehr als 80 Prozent dafür aus. Uneinigkeit in politischen Gremien wird als größtes Problem gesehen.

„Wenn Nachhaltigkeitsinitiativen nicht global umgesetzt werden, erzielen sie nicht die notwendige Wirkung.“ – diesen Satz „unterschreiben“ mehr als drei Viertel in jedem Land. 77 Prozent, sowohl in Österreich als auch im EU-Gesamtschnitt, sind zudem der Meinung, dass die unterschiedlichen Regierungs- beziehungsweise Parteiensysteme der EU-Mitgliedsstaaten ein gemeinsames, konsolidiertes Vorgehen für mehr Nachhaltigkeit verhindern. „Das neu gewählte Europäische Parlament hat die Chance, dieses Urteil zu entkräften.“, so Sattler.

Über die Studie

Für die Horváth-Studie „Nachhaltigkeit im Kontext der Europawahl“ wurden repräsentativ über 1.900 wahlberechtigte Personen (ab 16 Jahren) aus sieben europäischen Ländern befragt, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Studienteilnehmende aus Österreich machen 400 Personen der Stichprobe aus. Die Befragung wurde im Mai 2024 abgeschlossen.