Strategie der Überwindung
Das Buch „Strategie der Überwindung – Umbau und Erweiterung der Kunstuniversität Linz durch Architekt Krischanitz“ ist viel mehr als ein Werkbericht über die Neuinterpretation historisch belasteter Bauwerke.
Wahrscheinlich ist es deshalb geraten, das Kapitel „Die Linzer Brückenkopfgebäude im Kontext der NS-Planung“ der Architekturpublizistin Gabriele Kaiser gleich zum Einstieg zu lesen, um vielleicht das Denken hinter den Demonstrationsbauten der Macht zu verstehen. Ja, auch Kathedralen gehören dazu und die Bauten des Faschismus in Italien, die auch heute noch auf die eine oder andere Weise zu berühren vermögen. Auch um sich der Antwort anzunähern, wie heute mit derartigen Bauten, Straßennamen, Denkmälern, usw. umgegangen werden könnte, kann der Text hilfreich sein.
„In den ehrgeizigen Neugestaltungsplänen Adolf Hitlers für seine ‚Jugendstadt‘ spielte die Verbauung der beiden Donauufer eine zentrale Rolle. Die hoch verschuldete Stadt Linz, die nach Berlin, Hamburg, München und Nürnberg ab 1938 zu den fünf ‚Führerstädten‘ zählte, sollte zur ‚schönsten aller Donaustädte‘ ausgebaut werden, ‚die den Vergleich mit Budapest und Wien nicht zu scheuen brauche‘“.
Bis zum Schluss sei Hitler von seinen maßstablosen städtebaulichen Visionen besessen gewesen, schreibt Kaiser und verweist auf Fotos, „die den Diktator im Frühjahr 1945 im Keller der Berliner Reichskanzlei im Kreis seiner Getreuen über das Linzer Stadtmodell Hermann Gieslers gebeugt zeigen – Dokumente einer totalen Wirklichkeitsverweigerung, die schon in den Planungen selbst angelegt war“.
Mit dem beschriebenen Themenkomplex beschäftigt sich auch der Berliner Architekturkritiker Wolfgang Kil in „Denkmalsturz. Gleichgültigkeit. Kunstgeschichte.“, während sich Adolf Krischanitz/Georg Schöllhammer, der ehemalige Kunstuni-Rektor Reinhard Kannonier und BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss auf die konkrete Transformation des Gebäudes konzentrieren.
„Wir hoffen, mit dieser Publikation Anregungen für eine breitere Diskussion der in ihr aufgeworfenen Fragen zu geben – jenen nach dem gegenwärtigen und zukünftigen Verhältnis von Architektur, Stadt, Geschichte und Gesellschaft“, hoffen Schöllhammer und Krischanitz.
Strategie der Überwindung
HG: Georg Schöllhammer, 1. Auflage, 2020, Park Books, Zürich, Gebunden, 160 Seiten, 100 farbige Abbildungen und 24 Pläne, 38 Euro, ISBN 978-3-03860-187-6.