Neue PPP-Kooperation

Caverion und Granit errichten den ersten Erweiterungsbau für die FH St. Pölten Beide Partner binden sich im Rahmen eines PPP-Lebenszyklusmodells 25 Jahre für Bau und Betrieb. Für Caverion ist das eine Premiere in Österreich.

Der erste Bauabschnitt der FH St. Pölten 2005/2006 sei bereits im Rahmen eines PPP-Modells (Public Private Partnership) abgewickelt worden, berichtet Gregor Stickler von der Kanzlei Schramm Öhler Rechtsanwälte. Er gestaltet und begleitet den Deal. „Das war damals eines der ersten PPP-Modelle in Österreich“, weiß Stickler, und jetzt habe die Stadt Sankt Pölten als Bauherr der FH entsprechend dem Bundes-Vergabegesetz die Kanzlei wieder mandatiert.

„Es hat eine Handvoll Interessenten gegeben und den Zuschlag hat schließlich die Bietergemeinschaft aus Caverion Österreich GmbH und der Bauunternehmung Granit Gesellschaft m.b.H. erhalten“, sagt der Jurist und ergänzt: „Die Kosten für den gesamten Lebenszyklus, also Errichtung, Facilitymanagement und Finanzierung betragen knapp 55 Millionen Euro zum Barwert.“ Etwas vereinfacht ausgedrückt wird die Granit die Anlage errichten und Caverion wird sie betreiben. Finanziert wird das bislang jüngste PPP-Projekt von der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, „zu guten Konditionen“, wie der Anwalt weiter berichtet. Die Stadt zahlt dann 25 Jahre lang, bis die Anlage ihr gehört.

Zusammen mit seinem Kollegen Leo Haslhofer hat Stickler die Stadt St. Pölten beim gesamten Vergabeprozess begleitet, von der Erstellung der Verfahrensunterlagen und dem Lebenszyklus-Vertrag bis zum Zuschlag. Offenbar weil PPP-Modelle nicht so wahnsinnig populär sind, „wurde neben intensiven Bemühungen in der Kommunikation mit den Bietern und einer detaillierten Verfahrensplanung auch eine Markterkundung durchgeführt, welche die Akzeptanz des Projektes am Markt stärkte“, hält Gregor Stickler fest. Vor allem das Schulbau-Programm der Stadt Wien habe der PPP-Entwicklung geholfen, erklärt der Jurist. „Das hat im Markt zu größerer Routine geführt. Es hat doch Fahrt aufgenommen und wird am Markt bleiben.“

Österreich-Premiere für Caverion

Das PPP-Modell mit der Granit sei für Caverion Österreich eine Premiere, bestätigt Manfred Simmet, Geschäftsführer von Caverion Österreich. Zwar habe das Unternehmen „eine Vielzahl ähnlicher Projekte im Ausbildungssektor in anderen Ländern abgewickelt“, für Österreich sei es aber das erste PPP-Modell. Wie es zur Arge mit der Granit gekommen ist? „Caverion ist auf die Granit zugegangen. Wir haben nämlich für zwei Wiener Schulen angeboten und nicht gewonnen. Einmal hat die Granit gewonnen und einmal die Strabag. Also haben wir die Granit gefragt, ob sie mit uns gemeinsam anbietet“, erläutert Simmet den Entstehungsprozess der Arge. Die Trennung der Gewerke ist ziemlich klar. Granit wird „für den Bau der Erweiterung samt Außenanlagen und Parkplatz sowie für die Adaptierung des bestehenden Gebäudes verantwortlich sein“, wie Simmet betont. „Caverion übernimmt die Errichtung und Erneuerung aller Heizungs-, Klima- Lüftungs- und Sanitäranlage sowie der Elektroinstallationen und Automation (MSR) der Anlagen.“

Im Anschluss an die Bauphase, die mit Bauvorbereitungsarbeiten vor Kurzem begonnen hat, zeichnet Caverion in den folgenden 25 Jahren für den Betrieb verantwortlich. Der Betrieb umfasst die „technische Betriebsführung und die Instandhaltung inklusive Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung des Gebäudes“, dessen Fertigstellung für September 2021 geplant ist.

Künftig 33.000 m² Lehr- und Lernfläche

Gebaut wird nach Planungen der Wiener Architekten-Arge NMPB (Nehrer/Pohl/Bradic) und von FCP Fritsch-Chiari & Partner, mit denen die Fachhochschule um 14.600 m² erweitert wird. Nach dem Abschluss des Ausbaus werden den (derzeit) mehr als 3.200 Studierenden, 350 hauptberuflichen Mitarbeitern und den rund 800 nebenberuflichen Lektoren insgesamt 33.000 m² Lehr- und Lernfläche zur Verfügung stehen.

Für Building Times erläutert Caverion-Chef Simmet die Gebäudetechnik der alten und neuen FH St. Pölten im Detail: „Die Wärmeerzeugung erfolgt über die Fernwärme, die Kälteerzeugung über die Fernkälteversorgung von St. Pölten. Sowohl die Heizung als auch die Kühlung erfolgt durch Deckeninduktionsgeräte. Im Altbau werden zusätzlich Umluftkühlgeräte nachgerüstet.“

Der architektonische Anspruch sei generell sehr hoch gesetzt – das habe auch Auswirkungen auf das Beleuchtungskonzept und die Auswahl der Induktionsgeräte. Die Beleuchtung sei generell mit LED vorgesehen, und zwar sowohl für die Raumbeleuchtung als auch für die Sicherheitsbeleuchtung, erläutert Simmet. Weiters würden ein Dieselaggregat und eine USV-Anlage für den Neubau und den Bestand installiert. „Mehrere Teilklimaanlagen werden installiert, und zwar aufgeteilt nach Nutzungszonen. Es erfolgt eine bedarfsgerechte Lüftung in den Lehrsälen über Volumenstromregler, auch Einzelraumregelungen sowie eine übergeordnete Gebäudeleittechnik werden installiert. Schließlich entsteht auch ein neuer und adaptierter Küchenbereich, um die in Zukunft zunehmende Anzahl von Studenten entsprechend versorgen zu können“, so der Caverion-Geschäftsführer. Appetit haben die Studenten auch auf zeitgemäße Datenübertragung, weshalb eine hochwertige und aufwendige Netzwerkverkabelung gelegt wird. „Das besondere an der Netzwerkverkabelung ist die extrem hohe Anzahl an Anschlussdosen, bzw. die große Menge an Verkabelungen im Objekt.“

Den Caverion-Anteil am Errichtungsaufwand schätzt Manfred Simmet auf eine „Größenordnung von etwa einem Viertel“. Das sei aber etwas schwierig zu sagen, weil auch im Altbestand gearbeitet werde und der Parkplatz für Caverion ja ausfalle. Die aktuelle Situation von Caverion Österreich sieht der Geschäftsführer „im Mittelmaß“. „Wir haben das eine oder andere Projekt gewonnen und das eine oder andere verloren. Wir rechnen mit einem geringfügigen Wachstum, das sich im Rahmen der Konzernziele bewegen wird. Im Vorjahr haben wir ca. 175 Millionen Euro Umsatz gemacht, heuer rechnen wir mit rund 180 Millionen Euro. Die Service-Aufträge für das zweite Halbjahr sind allerdings noch nicht absehbar“.