Innovativer Altbau-Block
Erstmals wird in Wien eine solar- und geothermiebasierte Energieversorgung für einen Gründerzeit-Häuserblock realisiert.
Kürzlich erfolgte der Spatenstich des Anergienetzes „Smart Block_Geblergasse“ im 17. Wiener Gemeindebezirk. Erstmals wird für einen Wiener Althausbestand eine weitgehend auf Solar- und Geothermieenergie basierende Wärme- und Stromversorgung schrittweise für einen gesamten Häuserblock umgesetzt. Die Sonnenwärme wird im Sommer im Erdreich in bis zu 150 m Tiefe eingelagert und im Winter zum Heizen und für das Warmwasser verwendet. Als Zusatznutzen wird im Sommer das Erdreich zur sanften Kühlung der Wohnungen über die Fußbodenheizungen genutzt. Durch die Vernetzung mehrerer Miethäuser werden die Energiekosten in etwa auf das Niveau einer Erdgasheizung gesenkt.
Entwickelt wurden die Grundlagen für das Energiekonzept für den Gründerzeit-Häuserblock im Projekt Smart Block Step II Wien. Im Rahmen des EU-Projekts SEFIPA wurde die Umsetzung des Anergienetzes durch die Entwicklung von Wärmeliefer-Contractingmodellen begleitet. Basierend auf dem Forschungsprojekt hat die Bauconsult Energy das Energiekonzept weiterentwickelt und setzt dieses nun um. „Da es das erste Projekt dieser Art im Altbau ist, mussten wir anfangs sehr viele offene Fragen klären“, erklärt Franz Vogl, Projektleiter beim Contracting-Unternehmen. Als Vorreiter habe man höhere Risiken zu tragen, dafür sei man als erster für das große Marktpotenzial vorbereitet, so Vogl.
Die Bauconsult Energy hat sich als Newcomer gegen Wien Energie, Kelag und Engie durchgesetzt. Eine erste Referenz hat Bauconsult im Viertel Zwei realisiert, mit Daten und Fakten der dort installierten Lösung hält sich das junge Energieunternehmen aber eher zurück. Auch beim Projekt Geblergasse sind nicht alle Fragen geklärt. Es wächst dynamisch, könnt man zusammenfassen. Durch Vernetzung und Kooperation soll das Anergienetz nämlich um Nachbarhäuser wachsen, was die Kosten pro Wohnung letztlich senkt. Die sollen künftig im Bereich einer Erdgasheizung liegen. „Durch das Contractingmodell können die höheren Anfangsinvestitionskosten gleichmäßig auf die gesamte Laufzeit des Vertrags aufgeteilt werden“, erklärt dazu der Projektarchitekt Johannes Zeininger, der auch Miteigentümer eines der Häuser ist.
Der Planer weiß, dass inzwischen vier Liegenschaften im Projekt mit an Bord sind und zwei weitere folgen könnten. Er selbst hat an der Lösung für die Häuser 11 und 13 mitgeplant. Dort wird nach Planungen von TB Käferhaus im Innenhof der Häuser ein Geothermiefeld mit 12 bis 150 m Tiefe hergestellt. Die Dächer beider Liegenschaften sollen mit rund 40 Hybridkollektoren (WW+PV) bestückt werden. Eine zentrale Luft-Wasser-Pumpe im Gesamtsystem ergänzt die Anlage. Weiters ist in der Anfangsphase, bis der Betrieb des Anergienetzes evaluiert ist, auch eine Gastherme in Brennwerttechnologie eingeplant. „Mittelfristig, wenn auch die letzten drei Altmietparteien ihre Gasetagenheizung aufgeben, ist die Freischaltung vom Gasnetz vorgesehen“, teilt Zeininger mit. Er meint, es müsse generell das Ziel sein, den Mehrfachbetrieb von großen zentralen Energienetzen einzudämmen und Energie effizienter aus dem Liegenschaftspotenzial mit einem möglichst hohen Autarkiegrad zu nutzen.
Am eigenen Projekt möchte man das nun ausprobieren. „Wir werden sehen, wie weit wir kommen. Notwendig ist auch der inhaltliche Wandel bei den Hausverwaltungen hin zu einem zukunftsorientierten Gebäudemanagement. Hier zeigen unsere Erfahrungen, dass es im Bereich der gründerzeitlichen Stadt praktisch keine Bewegung gibt“, so sein Eindruck. Dabei würden sich aus seiner Sicht neue liegenschaftsübergreifende Geschäftsfelder auftun, die bei entsprechendem Know-how auch volkswirtschaftlich und ökologisch Fortschritt bringen würden, so Zeininger.