Herrlich schräg
Fjordenhus nennt sich die gebaute Skulptur, die der isländisch-dänische Künstler Olafur Eliasson in den Fjord von Vejle auf der dänischen Halbinsel Jütland gestellt hat. Die gewölbten Stahl-Glas-Fassaden, gebogene Türen sowie drei Haupttreppen kommen aus Österreich.
Das „Fjordenhus“ genannte Gebäude in Vejle auf der dänischen Halbinsel Jütland besteht aus vier einander überschneidenden, 28 Meter hohen Zylindern mit parabolischen und elliptischen Öffnungen und Einschnitten. Der Bau ist, wie eine Burg, von Wasser umgeben und wird über eine Fußgängerbrücke erreicht. Diese gebaute Skulptur ist der neue Firmensitz von Kirk Kapital A/S, der Holding- und Investment-Gesellschaft der Familie Kirk Johansen, die in mittelgroße skandinavische Unternehmen investiert, Wealth-Management betreibt und Family-Office-Services auch für Dritte bietet. Im zweigeschossigen Eingangsbereich, der öffentlich zugänglich ist, werden eigens für diesen Ort geschaffene Kunstwerke von Olafur Eliasson gezeigt. Die oberen drei Stockwerke sind mit den Büros von Kirk Kapital belegt. Für den isländisch-dänischen Weltkünstler Olafur Eliasson (51) ist es das erste Haus, das zur Gänze von ihm entworfen wurde. An der Gestaltung diverser Bauten war er in der Vergangenheit bereits wiederholt beteiligt.
Es ist auch das erste Haus des von ihm und seinem Chefdesigner, dem deutschen Architekten Sebastian Behmann, gegründeten Studio Other Spaces (SOS). Für die von ihm aus dichroitischen Glassteinen, die je nach Lichteinfall ihre Farbe ändern, gestaltete Fassade des Konzert- und Konferenzhauses Harpa in Reykjavik hat der Künstler beispielsweise den Mies-van-der-Rohe-Preis 2013 gewonnen, zusammen mit dem Architekturbüro Henning Larsen und Batteriio Architects.
Das Studio Other Spaces versteht sich als architektonischer Konterpart zum Studio Olafur Eliasson, in dem in Berlin mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt sind. Mit dem Vehikel SOS wollen Eliasson und Behmann großformatige, interdisziplinäre und experimentelle Architektur-Projekte ähnlichen Umfanges wie das Fjordenhus abwickeln – zusätzlich zu Projekten für den öffentlichen Raum.
Im Fjordenhus, das 4.816 m² BGF hat und innen und außen mit 863.000 Ziegeln und Riemchen verkleidet ist, gibt es keinen einzigen rechten Winkel, was die Ausführung sämtlicher Gewerke zu besonderen Herausforderungen machte. Bei Waagner-Biro, von wo die gewölbten Stahl-Glas-Fassaden, die gebogenen Türen sowie die drei Haupttreppen samt Aufzügen kamen, beschreibt man die Herausforderungen im Fjordenhus, das vor drei Monaten eröffnet wurde, recht eindringlich: „Aus den Zylindern schälte Olafur Eliasson vom Kreis zur Ellipse verlaufende Körper heraus, die zu parabelförmigen Ausschnitten führen und gewölbte, etagenübergreifende Fenster schaffen. Dieses Wechselspiel von offenen und geschlossenen Flächen, Torsionen und Bögen, Innen und Außen macht aus dem Ziegelkorpus eine organische, fast filigrane Struktur.“
Die Stahl-Glas-Fassade und die Pivot-Türen (die sich um eine seitlich nach innen versetzte Achse drehen) von Waagner-Biro „folgen, genauso wie das Mauerwerk, exakt der durch diese Verschneidungen entstandenen komplexen Geometrie und mussten mit Hilfe von millimetergenau eingemessenen Schablonen gefertigt und auf der Baustelle zusammengeschweißt werden. Viele Fassaden und Türen sind nicht vertikal, sondern bis zu 13 Grad geneigt, wodurch speziell für die Türen Sonderlösungen erforderlich waren. Im Sinne des Entwurfsgedankens wurde auf die Ausbildung der Anschlussdetails an das Mauerwerk sowie auf ein möglichst dezentes Erscheinungsbild der Fassade mit schlanken Pfosten und Riegeln besonderer Wert gelegt“, stellt Waagner-Biro fest.
Thomas Jost, Geschäftsführender Gesellschafter der Waagner-Biro AG, freut sich daher zu Recht: „Mit der Fertigung dieser besonders anspruchsvollen Fassadenteile und individuellen Türelemente haben wir einmal mehr unsere Expertise bei Bauprojekten jenseits der Norm unter Beweis gestellt.“ Jost hat übrigens bereits starkes Interesse an der erwarteten Ausschreibung zur Neugestaltung der Parlamentskuppel bekundet.
Auch in Österreich kann man übrigens eine Installation von Olafur Eliasson genießen, und zwar während einer Fahrt mit der Rollfähre zwischen Spitz und Arnsdorf in der Wachau. Anlässlich der Ernennung der Wachau zum Weltkulturerbe hat der Multi-Artist eine Camera Obscura installiert, die das „Außen“ einfängt und in die Bordkabine überträgt. Das uralte und einfache Prinzip der Lochkamera hat Eliasson durch ein System von Linsen und Spiegeln ergänzt, wodurch „die expansive Weite draußen auf zwei Bildschirme gekippt wird. Sie rahmen das Sehfeld ein und ermöglichen die Konzentration auf einen Ausschnitt des Landschaftspanoramas, das an Vitalität und Präsenz eher gewinnt als verliert“, schreiben die Rollfähren-Betreiber. Auch nach 14 Jahren noch auf der Rollfähre zu sehen – alles herrlich schräg.