HEIZEN MIT EIS

Wärme aus Kälte zu gewinnen, ist das Prinzip von Eisspeichern. Nach einem größeren Gewerbeobjekt im Weinviertel soll nun ein markanter Wohnturm folgen: Der Taba-Tower in Wien-Oberlaa, der bislang als Hotel genutzt wurde und künftig Vorsorgewohnungen beherbergt.

Mit der Zentrale der Firma Audio Tuning Vertriebs GmbH in Mistelbach-Wilfersdorf ist seit dem Sommer 2017 ein besonderes Gebäude in Betrieb. Es beherbergt Österreichs größten Eisspeicher, der als zentrales Element für das Heizen und Kühlen des Betriebsobjektes dient. Und das geht so: In einem Speicher unter der Erde werden 1000 Kubikmeter Wasser abwechselnd gefroren und durch Wärmeenergie aus einer thermischen Solar-Anlage wieder aufgetaut. In diesem Phasenübergang wird enorm viel Kristallisationsenergie freigesetzt. Die Energiemenge entspricht dem was benötigt wird, um Wasser von 0 °C auf 80 °C zu erwärmen. Diese freiwerdende Energie wird über eine Wärmepumpe (240 kW) direkt im Haus genutzt. Die rund 3.000 m2 umfassenden Lagerflächen und die Büros und Laborräume werden so beheizt.

Durch effizientes Energiequellenmanagement wird zusätzlich über die Luft-Wasserpumpe Kälteenergie erzeugt. So kann die Anlage im Winter zum Heizen, und im Sommer zum Kühlen verwendet werden ohne auf externe Energiequellen zurückgreifen zu müssen. Geplant wurde das Bauwerk vom Architekten Andreas Burghardt, die Ausführungsplanung und Bauleitung erledigte die Firma EcoProjekt, die Installation des Eisspeichers erledigte Caverion. Einen Gutteil des Strombedarfs des Objektes wird über eine auf dem Dach situierte 50 kW-Peak Photovoltaikanlage erzeugt. Das Gebäude verfügt über keinen Anschluss an das Gas- oder Fernwärmenetz, die benötigte Wärme und Kälte wird direkt vor Ort erzeugt.

 

Größer und höher

Der Eisspeicher im Weinviertel wird jedoch nicht mehr lange der größte des Landes sein. Der soll nämlich bald in Wien Oberlaa entstehen. Dort revitalisiert der Immobilienentwickler Raab & Raab den Airo-Tower, der bis 2016 als Hotel in Betrieb war. Das Projekt heißt nun Taba-Tower und unter einem Teil der Garage ist ein 380 m2 großes Wasserbecken mit einem Fassungsvermögen von 1200 m3 – ein Eisspeicher – geplant. Die daraus gewonnene Energie soll einen Großteil des Gesamtbedarfs von 1, 1 MW für Heizung und Warmwasser abdecken. 0,45 MW Spitzenbedarf für Warmwasser, der mit Wärmepumpen nicht ökonomisch erzeugt werden kann, muss durch andere Energiequellen abgedeckt werden.

Geplant hat das Konzept die Mannschaft um den Haustechnikplaner Mathias Decker. Er ist Geschäftsführer der dp – Gebäudetechnik GmbH und hat schon vor einigen Jahren mit dem Wiener Passivwohnhaus Universumstraße ein Musterprojekt umgesetzt. Nun ist Decker mitten in der Ausschreibung des größten Eisspeicher-Projektes Österreichs. „Wir haben an diesem Standort ein geringes Grundwasseraufkommen und eine für die benötigte Leistung zu geringe Grundfläche, weshalb es naheliegend ist einen Eisspeicher zum Einsatz zu bringen“, erklärt Decker.

Natürlich braucht es für ein solches Konzept auch den passenden Bauherrn, der bereit ist die Mehrkosten von Erneuerbaren Energieträgern mitzutragen. „Es standen von Beginn an die Lebenszykluskosten im Mittelpunkt, das hießt es gab kein Streben nach den geringsten Investitionskosten, vielmehr wurden den Betriebskosten über den gesamten Lebenszyklus das Hauptaugenmerk geschenkt“, erklärt Decker. Ein Umstand, der im freifinanzierten Wohnbau nicht selbstverständlich ist.

 

Ein Haus, mehrere Temperaturzonen

Insgesamt sollen im Tower drei verschiedene Systeme von Heiz- und Kühldecken realisiert werden. In der Sockelzone wo Büros untergebracht werden können, kommen Metalllamellendecken zum Einsatz. In den Stockwerken 2 bis 14 werden die 11 mm starken Rohre in der Decke verputzt. Durch diese Leitungen wird Wasser gepumpt, je nach Jahreszeit warm oder kalt. Somit gibt es im Sommer die Möglichkeit der Temperierung. Konkret wird sich die Raumtemperatur um 5°C gegen- über der Außentemperatur abkühlen lassen – was an heißen Tagen als kühl empfunden wird. Das gelingt klarerweise nur mit einer guten Gebäudehülle, die im Wohnturm realisiert wird. Der Heizwärmebedarf der als Vorsorgewohnungen definierten Appartements wird mit
18 kWh/m2/a beziffert.

In den obersten Etagen wird eine Bauteilaktivierung realisiert. Das bedeutet, dass mit einem System verschiedene Oberflächentemperaturen ermöglicht werden. Decker geht davon aus, dass es je nach Jahreszeit ganz unterschiedliche Temperaturen erfordert. Wenn im Frühling die Sonne scheint, wird in den Dachgeschoß-Wohnungen mit hohem Glasanteil bereits die Kühlung gefragt sein, während die Bewohner der Regelgeschosse noch gerne Wärme beziehen.

Weitere Highlight des Objektes sind ein LED-Lichtkonzept. In den allgemeinen Bereichen werden Bewegungsmelder installiert um dunkle Räume zu vermeiden und das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Diesem Zweck dienen auch Wohnungseingangstüren mit Mehrfachverriegelung.