Gemeinsam statt einsam

In der Nähe von Graz soll im Spätsommer das Generationen-übergreifende Projekt KooWo Volkersdorf bezugsfertig sein. Soeben war die Gleichenfeier.

Es ist nasskalt und matschig, teilweise eisig, auf der Baustelle in Volkersdorf nordöstlich von Graz, als die Proponenten, Bauleute und Anrainer die Gleichenfeier für das Kooperative Wohnprojekt KooWo feiern. Nachdem der Gleichspruch gesprochen, der dazugehörige Wein, ein Welschriesling von Masser, getrunken und das Glas traditionell zertrümmert wurde, verziehen sich die Festgäste schleunigst in den einzigen Keller der Anlage, wo es angenehm warm ist. Zwei weitere Häuser sind nicht unterkellert. Die Lust zur Besichtigung im Freien hält sich in Grenzen, wenngleich ein genauerer Blick auf das Projekt durchaus lohnt – schließlich wird es von einem Forschungsteam im Rahmen von „Haus der Zukunft“ begleitet.

Geplant von Architekt Werner Schwarz (schwarz.platzer.architekten, Graz) stehen auf einem 3,5 Hektar großen Grundstück drei Baukörper in Holzriegel-Bauweise, die von Strobl Bau errichtet wurden. Orientiert sind die neuen Häuser an einem alten Bauernhaus, das saniert wurde und künftig für Gemeinschafts-Aktivitäten genutzt werden soll.

28 Mietwohnungen errichtet „die wogen“ (Wohnprojekte Genossenschaft e. Gen., Wien) hier, nach eigener Einschätzung „der einzige Bauträger Österreichs, der nur gemeinschaftliche Wohnprojekte verwirklicht“. Der Verein KooWo, dessen Mitglieder Architekt Platzer zusammengebracht hat, wird Generalmieter. Rund 40 Erwachsene und 25 Kinder stehen derzeit auf der Einzugsliste, im August oder September soll der Einzug erfolgen. Als Motto im Baugruppen-Projekt gilt: „Konsens statt Mehrheitsentscheid“. Im Grundsatzpapier der Gruppe stehen etwa das Streben nach einem gelingenden Miteinander und einem Leben im Einklang mit der Natur. „Am Beispiel des gemeinschaftlich geplanten Wohnprojektes soll Suffizienz umgesetzt und das übergeordnete Ziel einer ganzheitlichen Energie- und CO2-Reduktion erreicht werden. Das Projekt verschiebt die Systemgrenze von einer Nutzflächen-bezogenen zu einer Personen- und Sozialgemeinschafts-bezogenen Betrachtungsweise und generiert durch einen kollektiven Lebensraum Einsparungspotenziale beim Ressourcenverbrauch pro Kopf“, liest man in der Beschreibung des Forschungsprojektes. Deshalb wird es beispielsweise eine gemeinsam betriebene Landwirtschaft geben, die eine weitgehende Selbstversorgung ermöglichen soll. Und es soll auch gezeigt werden, dass die in der Schweiz für den städtischen Raum definierte 2000-Watt-Gesellschaft in den ländlichen Raum transformiert werden könne. Erreicht werden soll das unter anderem durch ein Hackschnitzel-Heizwerk auf dem Gelände und eine aus 126 Modulen bestehende Photovoltaik-Anlage, die auf 36 KW ausgelegt ist und bivalent betrieben wird. „Wir streben möglichst viel Eigenverbrauch an. Jede Wohnung wird mit einem 140-Liter-Speicher ausgestattet, der zwei Mal täglich beschickt wird“, erklärt Karl Höfler gegenüber Building Times. Er hat mit seinem Büro die Bauphysik berechnet und betreut für die AEE Intec das Forschungsvorhaben. Die Haustechnikplanung hat das TB-Starchel Ingenieurbüro GmbH (Leibnitz) gemacht, Heizung, Klima, Lüftung und Sanitär wurden von e-Lugitsch aus Gniebing in der Südoststeiermark ausgeführt. Die Elektroplanung stammt von der jetzigen IB Stengg GmbH, früher Ing. Arnold Stengg, in Knittelfeld. Mit von der Planer-Partie ist auch das Haus der Baubiologie im nahen Graz.

Das ländliche Luxusleben in Stadtnähe hat allerdings seinen Preis: Für die zwischen 45 m² und 96 m² großen Wohnungen werden zehn Euro Miete pro Quadratmeter anfallen, inkl. Betriebskosten und Steuer, wozu noch ein Eigenmittelanteil zwischen 700 und 800 Euro/m² kommt. Dieser wird bei Beendigung des Mietverhältnisses zurückgezahlt.

Für den Entwickler ist Volkersdorf nicht das einzige Projekt, ein zweites namens Quartiershaus im Sonnwendviertel Ost am Wiener Hauptbahnhof steht ebenfalls auf dem Programm. Generalplaner wird dort raum & kommunikation sein, die Firma des Robert Korab, der in Volkersdorf als Gewerberechtlicher Geschäftsführer fungiert und Vorstandsmitglied der Wohnprojekte-Genossenschaft ist. Ein drittes geplant gewesenes Projekt in der Seestadt Aspern wurde allerdings an die Genossenschaft Schwarzatal abgetreten, denn „wir hätten die Finanzierung nicht geschafft“, wie Korab einräumt.