„Freue mich sehr“
Barbara Kasses ist neue Geschäftsführerin von Grohe Österreich. Ihr Vorgänger Robert Friedl steigt im Konzern auf und wird Head of Global Home Improvement Europe.
Robert Friedel sagt Adieu. Nach mehr als 19 Jahren Tätigkeit für die Grohe Gesellschaft m.b.H., davon 5 Jahre als Geschäftsführer für die Schweiz und 11 Jahre als Geschäftsführer für Österreich, hat Friedl mit Anfang November die operative Führung des Unternehmens an die langjährige kaufmännische Leiterin Barbara Kasses übergeben. Friedl wechselt in die Grohe Unternehmenszentrale und übernimmt eine leitende, international ausgerichtete Position im Bereich Global Home Improvement. Für die gelernte Betriebswirtin Kasses ist die Bestellung der logische nächste Schritt. In der Branche ist ihre Bestellung aber keine Selbstverständlichkeit – im Großhandel, bei Bauträgern und den Installateuren dominieren eindeutig die Männer. Sie alle werden sich langsam, aber sicher darauf einstellen müssen, dass ihnen auch in Spitzenpositionen weibliche Führungskräfte gegenüberstehen. Und das ist gut, auch im Hinblick darauf, dass die technischen Gewerke sich künftig vermehrt um Frauen bemühen werden müssen. Bulding Times hat Kasses und Friedl zum Doppel-Interview gebeten.
Building Times: Fr. Kasses, Sie übernehmen mit Grohe Österreich eine ziemliche Männerdomäne. Haben Sie lange überlegt oder war sofort klar, dass Sie sich auf diese Herausforderung in der ersten Reihe einlassen?
Barbara Kasses: Ich musste nicht lange überlegen – dieser Schritt war für mich der nächste logische, er zeugt von Kontinuität und es ist für mich selbstverständlich, in einer leitenden Rolle weitere Verantwortung zu übernehmen. Darauf freue ich mich sehr.
BT: Sie übernehmen die Geschäftsführung in einer Bau-Hochkonjunktur. Erwarten Sie schwierige Zeiten in den Jahren nach 2020?
Kasses: Wir agieren in einem gesättigten hart umkämpften Markt, dieser ist also generell immer mit Herausforderungen verbunden. Wir sind aber sehr zuversichtlich, gut aufgestellt in die kommenden Jahre zu starten: Grohe hält den Markt mit Innovationen in Bewegung, seien es Smarte Lösungen wie Sense und Sense Guard oder Entwicklungen, die im traditionellen Geschäft neue Akzente setzen wie unser neues Vorwand-Installationssystem Rapid SLX. Hier bleiben wir in vorderster Reihe aktiv und investieren strategisch weiter – wie gerade erst in neue Verfahren für die Produktion hochwertiger farbiger Duschköpfe und -Systeme.
BT: Hr. Friedl, Sie waren jetzt elf Jahre Chef von Grohe Österreich. Was war aus ihrer Sicht die gravierendste Veränderung im Markt in dieser Zeit?
Friedl: Da denke ich primär an die starke Konsolidierung innerhalb der Handelslandschaft. Ein anderes Thema, das den ganzen Markt vermutlich noch lange bewegen wird, ist die zunehmende Transparenz der Leistungen auf alle Vertriebsebenen und das veränderte Informations- und Einkaufsverhalten der Endkunden. Zudem hat die Verknappung der Fachkräfte auf Seiten des Handwerks mittlerweile auch Einfluss auf die Marktentwicklung genommen.
BT: Lässt sich die Veränderung auch in Zahlen ausdrücken?
Friedl: Ja, zumindest in der Form, dass der Gesamtbereich Sanitärwirtschaft in Österreich seit einigen Jahren stagniert.
BT: Gibt es Momente, die Sie nie vergessen werden?
Friedl: Mein persönliches Highlight war ganz klar die Eröffnung des Grohe Live! Centers im September 2017. Ich hatte die Vision einen Ort zu schaffen, in dem Großhandel, Installateure, Architekten, Planer und auch Endkunden Grohe als marktführende globale Marke erleben können. Der Live! Center ist ein zentraler Ort für Gespräche und Präsentationen geworden und zugleich ein hochmodernes Schulungs- und Trainings-Center. Der persönliche Dialog war mir schon immer sehr wichtig – hier haben wir ihn als Kern des Konzepts zum Leben erweckt.
BT: Sie werden künftig Head of Global Home Improvement Europe. Was machen Sie da konkret?
Friedl: Dieser neue Geschäftsbereich steuert alle Aspekte bei denen sich unsere Kunden informieren, inklusive der Bereiche Badplanung, regionales Projektgeschäft und Abhol-Geschäft. Zu meinen Aufgaben zählt primär die Entwicklung einer zeitgemäßen und marktgerechten Vertriebs- und Vermarktungsstrategie mit einem anpassungsfähigen Produktportfolio. Auch die Steuerung der Aktivitäten innerhalb der unterschiedlichen Kanäle fällt in meinen Verantwortungsbereich. Last but not least möchte ich die zentrale Konzernstrategie individuell auf die einzelnen Länder adaptieren, Synergien zwischen Märkten fördern und neue, spannende Geschäftsfelder entwickeln.
BT: Der Armaturenmarkt ist in Bewegung, die Preise purzeln und da und dort gibt es Hinweise auf Überkapazitäten. Sehen Sie bei Grohe in Österreich oder Europa Handlungsbedarf?
Friedl: Das nehme ich differenzierter wahr: wir haben ein stabiles Preisniveau und eine erfreuliche Auslastung in der Produktion. Übergeordnet profitieren aber die Hersteller mehr, die ein großes Produktfeld abdecken und dadurch vom Marktvolumen mehr abschöpfen und über die Breite hinweg auch Logistik- und Produktionsketten effizienter arrangieren können.
BT: Fr. Kasses, der Sanitär-Großhandel ist in Österreich sehr konzentriert. Bereitet ihnen das hin und wieder Kopfzerbrechen?
Kasses: Ganz im Gegenteil: die Verände-rung des Marktes beschäftigt uns, doch sind wir in der Lage, uns ebenfalls weiterzuentwickeln und auf veränderte Situationen die richtigen Antworten zu finden. Ich bin mehr als zuversichtlich, dass uns dies auch künftig gelingen wird.
BT: Frauen wird ganz allgemein ein großer Einfluss bei der Einrichtung von Bädern nachgesagt. Grohe investiert gerade fünf Millionen Euro, um künftig Handbrausen und Duschsysteme in Farben zu bringen. Möchten Sie persönlich eine Orange Brause?
Kasses: Ganz persönlich würde ich dem Orange unseren Farbton „Warm Sunset“ vorziehen. Grundsätzlich ist es so, dass Megatrend der Individualisierung auch unsere Produkte erreicht hat. Das gilt gerade im Projektgeschäft und im gehobenen Bereich. Hier gibt es viel Potential, von der Küchenarmatur bis zum Duschkopf, und deshalb investieren wir in dieses auch künftig wichtige Segment. Es ist für uns aber selbstverständlich, auch bei vermeintlich einfachen Fragen wie einer farbigen Produktlinie die hohen Qualitätsstandards zu halten, und deshalb haben wir uns auch für das anspruchsvolle Prinzip der PVD-Beschichtung entschieden. Diese bietet im Gegensatz zu einer simplen Lack- oder Pulverbeschichtung enorme Vorteile in puncto Farbstabilität, Langlebigkeit und Widerstand gegen Kratzer und Beschädigungen. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil unserer Produkte.
BT: Die Digitalisierung ist auch ein noch relativ junges Thema im Bad. Werden sich ihrer Ansicht nach die Sensorik und Automation im Bad weiter verstärken?
Kasses: Ein klares Ja: Dieser Trend ist in immer mehr Privatbädern sichtbar. Wir haben deshalb etwa unser Infrarot-Sortiment erweitert und hier neue Akzente im Design gesetzt, zum Beispiel mit der Essence E und Eurocube E Waschtischarmaturen. Ganz neu ist zum Beispiel SmartConnect: Ideal zum Nachrüsten, steuert diese Fernbedienung per Funk die verschiedenen Strahlarten im Duschkopf. Die Digitalisierung im Bad wird sich ohne Zweifel fortsetzen und mittelfristig auch ein selbstverständlicher Bestandteil der Smart-Home-Vernetzung werden.
BT: Grohe hat Wassersysteme für die Küche im Programm. Werden diese Produkte hierzulande angenommen. Wenn ja, über welche Kanäle funktioniert der Vertrieb am besten? Sind die Installateure küchenfit?
Kasses: Gerade Grohe Blue ist ein sehr zeitgemäßes Produkt, das in der aktuellen Diskussion über Plastik-Reduktion eine relevante Antwort auf die Bedürfnisse der Konsumenten nach einem nachhaltigeren Lebensstil bietet. Wir entwickeln das Produkt kontinuierlich weiter, haben erst vor wenigen Monaten eine Smart-Home-Anbindung mit App-Steuerung eingeführt. Grohe Blue hat sich zu einer beliebten Alternative zum ökologisch unsinnigen Kauf von Trinkwasser in Plastikflaschen entwickelt und wir sind sehr zufrieden mit der weiter steigenden Nachfrage. Wir forcieren die Bekanntheit weiterhin durch gezielte Vertriebs- und Promotion-Aktionen: Über klassische Medien, aber auch auf Events, wo wir mit einem mobilen Grohe Blue Tasting-Tool präsent sind und Verbraucher im Umfeld von Sport, Design, Food Festivals oder Messen zum Probieren unterschiedlicher Trinkwasser-Varianten einladen.
BT: Treffen Sie dort auch auf Installateure?
Kasses: Die enge Zusammenarbeit mit den Installateuren ist uns ein besonderes Anliegen. Wir wollen sie aktiv dabei unterstützen, diese intelligenten und nachhaltigen Produkte weiter am Markt zu etablieren.