Einer für alles

Das 104 Jahre alte Familien-Unternehmen Herbitschek im steirischen Mürzzuschlag vereint eine seltene Vielfalt unter seinem Dach: Bauunternehmer, Holzbauer, Dachdecker und Spengler, Installateur und Elektriker, Baustoff-Händler und Baumarkt-Betreiber sowie Projektentwickler.

Eine Reihe von Standorten, eine Reihe von Firmen, eine Reihe von Branchen sowie diverse Baustellen. So präsentiert sich die Herbitschek GmbH im 104. Jahr ihres Bestandes. Prägend ist auch die ländliche Herkunft, das sieht man sofort an den vielen Jagd-Trophäen, die in der Firma aufgetischt sind – die Herbitschek GmbH hat ihren Hauptsitz seit dem Jahr 2000 in obersteirischen Mürzzuschlag. Damals habe man auf der Grünen Wiese neu gebaut, berichtet Baumeister Peter Herbitschek, der Geschäftsführende Gesellschafter des Familien-Unternehmens, im Gespräch mit Building Times. Zuvor hatte die Firma in Ratten ihren Sitz, gegründet wurde sie 1915 in Fischbach von Karl Weber.

Die Übersicht über die vielfältigen Aktivitäten seines Unternehmens fällt dem 55-Jährigen „nicht schwer“, wie er im Building Times-Interview erklärt, weil er eine entsprechende Mannschaft hinter sich weiß. Die besteht derzeit aus rund 320 Mitarbeitern, die sich auf die Standorte Mürzzuschlag, Ratten, Mönichwald und – ganz neu, seit Jahresanfang – auch Mürzhofen sowie Zwölfaxing im niederösterreichischen Industrieviertel verteilen. Den Überblick über das Geschehen in seinem Mürzzuschlager Baumarkt kann sich Herbitschek durch einen Blick aus dem Fenster auf das Nachbargebäude verschaffen. Oder einfach mit einem Blick nach unten, denn die Büros liegen auf einer umlaufenden Galerie über dem eigentlichen Baumarkt. Dieser gehört zu Ringbau, ist unter anderem mit einer Gratis-Stromtankstelle ausgestattet und kann sich über Konkurrenz am Ort wahrlich nicht beklagen, gibt es doch in unmittelbarer Nähe ein Raiffeisen-Lagerhaus und einen OBI-Markt.

Befragt nach der Gewichtigkeit der einzelnen Bereiche, zählt Peter Herbitschek eine ganz exakte „Rangliste“ auf: „Der größte Bereich ist der klassische Hochbau für Gewerbe, Industrie und Wohnbau. An zweiter Stelle folgt das, was wir den ‚Regiebau‘ nennen, das sind die Privatkunden. An dritter Stelle folgt der Holzbau, danach die Dachspenglerei an vierter Stelle.“ Im Sport würde man jetzt formulieren, dass Gas/Wasser/Heizung auf dem fünften Platz liegen, gefolgt von Elektro auf Rang sechs und dahinter der Baustoffhandel folgt, inklusive der Baumärkte. „Die Planungsabteilung ist die kleinste“, beschließt der Baumeister seine Auflistung, in der die Bauträger-Aktivitäten deshalb fehlen, weil sie über eigene Gesellschaften abgewickelt werden.

Höherer Umsatz dank Wiener Großbaustellen

Mit all diesen Aktivitäten wird ein Jahresumsatz von durchschnittlich 40 Millionen Euro erwirtschaftet, was eine Bandbreite von 38 Millionen bis 45 Millionen Euro bedeutet. „Heuer wird der Umsatz wieder relativ hoch sein, weil wir zwei große Baustellen in Wien haben“, sagt der Herbitschek-Boss. Rund 70 Prozent des Gruppen-Umsatzes werden bereits im Großraum Wien erzielt, der Rest in der Steiermark, abgesehen von gelegentlichen geografischen Ausreißern, wie aktuell auf Kundenwunsch gerade in St. Veit/Glan in Kärnten. Vereinzelt bauen die Herbitschek-Mannschaften auch im Burgenland.

Vor der Übersiedelung nach Mürzzuschlag gab es bereits den Bau und Holzbau. „Mit dem Neubau sind die Dachdeckerei, die Spenglerei, Gas/Wasser/Heizung und die Elektro-Installation dazugekommen“, schildert Herbitschek. Seine Arbeiter waren auch an der im November 2018 ab- geschlossenen Sanierung des Süddaches des Neuberger Münsters beteiligt.

Zusammenspiel der Gewerke

An dieser besonderen Baustelle wird das Zusammenspiel der einzelnen Gewerke sehr schön deutlich. „Wir haben dort nicht nur die Dachdeckung erneuert, sondern auch konstruktive Dachstuhl-Teile ausgetauscht sowie die äußerste Mauerbank. Beim Ausmörteln des Firstes hat uns ein Mitarbeiter des Bundesdenkmalamtes auf die Finger geschaut und schließlich haben wir auch noch kleine Nach- und Ausbesserungen der Kupfer-Verblechung gemacht“, schildert Heinz Präsent, Bauleiter Dach und Spengler bei Herbitschek. Die ausgedehnte Anlage des Neuberger Münsters hat Herbitschek quasi in Dauerbetreuung. Die Fassaden-Sanierung der Basilika im nahen Wallfahrtsort Mariazell oder die Sanierung des Rosegger-Hauses auf dem nahen Alpl in der Waldheimat stehen natürlich auch auf der Herbitschek-Referenzliste.

Geografisch und inhaltlich läuft in Wien das Kontrastprogramm: Größere Wohnbauten in Wien etwa, wo in der Beingasse im 15. Bezirk eben Dachgeschoß-Wohnungen fertig geworden sind, bei denen der Verkauf ansteht, wie Herbitschek ankündigt. Rund 6.000 Euro pro Quadratmeter werden diese Wohnungen kosten. Dazu kommen Wohnbau-Projekte in der Scherbangasse mit 90 Wohnungen, in der Dreihausgasse und in der Remystraße mit 140 Wohnungen, wobei Herbitschek mit Genossenschaftsaufträgen sehr wenig am Hut hat, weil für ihn die Preise nicht stimmen: „Es sind nur mehr zwei Genossenschaften in Niederösterreich, für die ich arbeite.“

Ausgewählte Eigenprojekte

Gleichsam zum Ausgleich und zur weiteren Verbreiterung stehen größere Eigenprojekte auf dem Programm: „In St. Marein im Mürztal bauen wir 37 geförderte Wohnungen, die teilweise bereits fertig sind und wo der Endbezug Ende des Jahres erfolgen wird, das ist ein reines Eigenprojekt. Für den Herbst planen wir im Grazer Stiftingtal neun geförderte Wohnungen, und weil es sich dabei um eine umfassende Sanierung handelt, habe ich Investoren in einer Eigentümergemeinschaft verbunden“, berichtet der Multi-Bauaktivist.

Zur Arbeitsmarkt-Situation zeigt er sich nicht allzu unglücklich, „denn wir können einen Großteil der Fachkräfte über unsere eigene Lehrlings-Akademie besetzen. Aber nicht mehr so wie vor fünf oder zehn Jahren.“ Auf die Alphabetisierung schaut er schon gar nicht mehr, meint hingegen, dass sich Unternehmer auf die „Z-Generation“ ein- und umstellen müssten und ergänzt nach einem Blick ins Internet: „Das sind die Jahrgänge zwischen 1996 und 2015, die für sich sagen, Arbeit sei nur ein Teil des Lebens, während die Generation Y (1981-1995) meint, erst komme das Leben, dann die Arbeit.“