Der Nachhaltigkeits-Solist
Es gibt nicht viele Architekten in Österreich, die ihr Büro im Alleingang betreiben. Peter Horner tut es, und widmet sich total dem nachhaltigen Bauen. Das eindrucksvolle Projekt Auenwerkstatt wird demnächst eröffnet.
Sie sind eine Rarität in Österreich, jene Architekturbüros, die nur von einer einzelnen Architektin oder einem Architekten betrieben werden. Meist ist das nicht ganz freiwillig, sondern der Auftragslage geschuldet, die oft zum Sub-Unternehmertun für stark beschäftigte KollegInnen führt. Nach dem häufigen Muster des Abgangs aus einem Architekturbüro, sobald man einen Wettbewerb gewonnen hat, folgt dann der Aufbau des eigenen Büros und das Bemühen um die Karriere-Entwicklung. Nicht so jedoch beim Salzburger Architekten Peter Horner. „Ich habe mein Architektur-Studium in Wien und Madrid im Jahr 2000 abgeschlossen und bin nach den üblichen Arbeiten in anderen Architekturbüros seit der Befugnis als Ziviltechniker im Juli 2014 selbstständig“, so Horner im Gespräch mit Building Times.
Wichtig waren ihm von je her die Nachhaltigkeit und der respektvolle Umgang mit anderen Menschen: „Ich habe mich auf pragmatisch nachhaltiges und ökologisches Bauen spezialisiert. Damit kommt man zu den gleichen Errichtungskosten und wesentlich besseren Gebäuden. Das macht jetzt richtig Meter“, so der Planer und ergänzt: „Ich hatte nie Angestellte, wollte immer alles selber machen – und auf Augenhöhe mit Partnern arbeiten“. Wie das im Alleingang funktioniert? „Das ging lange gut – aber mittlerweile habe ich fünf Architekten, die mich teilweise unterstützen, das entspricht etwa eineinhalb Vollzeit-Arbeitsplätzen“.
Paradebeispiel Auenwerkstatt
Das nachhaltigste Beispiel für Horners Auffassung, die Auenwerkstatt in der Weithwörter Au südlich von Oberndorf wird am 15. Oktober eröffnet. Schon Ende August besuchten Wiener Spitzen-Baubeamte das Projekt. Sie wollen sich für das „1. Wiener Wohnbaumprogramm“ – 1.000 leistbare Wohnungen in Holz- und Hybrid-Bauweise – informieren. Die Auenwerkstatt ist ein überregionales Naturschutz- Bildungszentrum, das zur zentralen Anlaufstelle für Salzburger Schulen zur Vermittlung von Natur werden soll. Dafür wird es eine Auswahl aus unterschiedlichen Natur-Themen geben sowie modern gestaltete Workshops, in deren Zentrum „die Begeisterung für Salzburgs Natur und deren Schutz stehen“, so die Idee. Aber nicht nur Schulen sollen angesprochen werden, sondern auch für Gruppen von Interessierten werden Workshops und Seminare rund um die Themen Auwald und Schutz der Natur angeboten.
Bau ohne Netzanschluss
Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass die Errichtung der Auenwerkstatt ein Teil der Ersatzleistung für den Bau der 380-kV-Salzburgleitung ist und von der APG (Austrian Power Grid) finanziert wird. Das Gebäude allein werde ca. 1,5 Millionen Euro kosten, so Horner, der nach einer Ausschreibung für ein Konzept durch die Naturschutz-Abteilung des Landes Salzburg den Zuschlag erhalten hat. Für die Planung der Energieautarkie war Harald Kuster mit seiner FIN – Future is Now, Kuster Energielösungen GmbH. von Anfang an verantwortlich. Das Gebäude wurde mit dem System Holz100 von Thoma errichtet, „mondgeschlägert, ohne Leim und ohne Metall nur mit Holzdübeln“, wie Kuster betont. „Außerdem haben wir hier die erste Bauteilaktivierung in Holz gemacht“ und auch in Beton.
Rund um diesen Kern des nachhaltigen Bauens gruppieren sich alle Ingredienzien, die man sich für die Autarkie nur wünschen kann. Kuster zählt auf: „Eine ca. 400 m² große PV-Anlage mit 22,4 kWp, eine Solarthermie-Anlage mit rund 64 m², eine Pflanzenkläranlage, ein eigener Brunnen – und keine Anbindung an kommunale Netze. Beheizt und gekühlt wird über die Massivholz-Decke, dazu haben wir ein Sole-Erdregister, das regeneriert wird und im Sommer neben der sanften Deckenkühlung auch zur Vorkühlung der Wohnraum-Lüftungsanlage dient“.
„Völlig autonomes und autarkes Gebäude“
Zur Stromspeicherung wird eine „neue Blei-Carbon-Gel-Batterie verwendet, die keine seltenen Erden enthält und komplett recycelbar ist“, ergänzt Nachhaltigkeits-Solist Horner. „Die kostet um drei Prozent weniger als ein Lithium-Ionen-Akku, ist aber etwas größer“.
Das Blockheizkraftwerk, die PV- und die Batterieanlage wurden von der RES Renewable Energy Systems geliefert, die Baumeisterarbeiten erbrachten Taurus Bau GmbH aus Saalfelden, die Zimmerer-Arbeiten Eder Holzbau aus Eugendorf und Prommegger Baumanagement sorgte für den reibungslosen Ablauf. „Wir haben hier ein völlig autonomes und autarkes Gebäude, wie es das in der Form nicht oft in Österreich gibt“, freut sich Harald Kuster, der in Deutschland gerade zwei große Gebäude mit Bauteilaktivierung in Holz realisiert.
Generalsanierung von Haus Marienstein
Während es für Horner bei der Auenwerkstatt wohl nur noch zu feiern gilt, und möglicherweise abzurechnen, ist die Generalsanierung eines historischen, 120 Jahre alten Gebäudes gerade im Gang: „Im denkmalgeschützten Haus Marienstein tauschen wir die Decken aus, verlegen intern das Stiegenhaus, wobei eine alte Kapelle erhalten bleibt, behalten und sanieren die alten, schmalen Eichenholz-Kastenfenster und ökologisieren die Heizung“, berichtet Horner. In die Fensterlaibungen würden Heizschlangen zur Raum-Temperierung eingebaut und im obersten Geschoß, dem Dachgeschoß, werde eine Fußbodenheizung installiert. Die historischen Holzböden blieben ebenso erhalten und würden ebenfalls saniert.
Die Fenster-Innenflügel bekämen eine Doppel- statt einer Einscheiben-Verglasung mit neuen Dichtungen, die alten Balkendecken würden durch Betondecken ersetzt, die in die Außenwände eingefräst, eingeschlitzt und bauteilaktiviert würden. Das Konzept dafür stammt ebenfalls von Kuster. Die Außenfassade werde saniert und bleibe erhalten, was auch völlig ohne Dämmung funktioniere.
Die Wärmepumpe werde, so weit wie möglich, mit Solarstrom gefüttert, eine PV-Anlage mit 3 bis 4 kWp komme auf die nicht denkmalgeschützte Garage und „schlimmstenfalls“ werde man einen Vertrag mit der Ökostrom AG abschließen. Ein Speicher sei einstweilen noch nicht vorgesehen. „Ich komme im Wohnbau mit Bauteilaktivierung, Photovoltaik und Wärmepumpe auf einen Eigennutzungsgrad von 50 bis 60 Prozent – noch ohne Batterien“, erläutert Horner. Das Haus Marienstein zeige, dass man historische Gebäude nachhaltig und ökologisch generalsanieren kann. „Beim CO2-Ausstoß kommen wir hier auf das Niveau eines Neubaus vor zehn Jahren“, sagt der Architekt, der übrigens bezweifelt, „dass E-Autos die Speicher liefern werden, die wir brauchen“.
„Nachhaltige Gebäude zu Kostengleichheit“
Nur wundern kann sich Horner darüber, dass nach wie vor das Gespenst von ausufernden Baukosten für effiziente Gebäude umgeht: „Wir können jetzt schon nachhaltige Gebäude sinnvoll und pragmatisch errichten, im Industrie- und Bürobau bei Kostengleichheit mit fossilen Standard- Gebäuden und im Wohnbau sind wir ab zehn Wohneinheiten auch schon bei Kostengleichheit. Bei kleineren Wohnbauten gibt es einen minimalen Aufpreis, ein bis zwei Prozent der gesamten Bausumme oder drei bis vier Prozent bei den Installationen“, führt Architekt Peter Horner aus. Allerdings gebe es beim Betrieb und beim CO2-Ausstoß einen gewaltigen Unterschied. „Die sind massiv günstiger: Man kann die Emissionen um 40 Prozent, teilweise bis zu 80 Prozent reduzieren“. Zur Schonung der Ressourcen beim Bauen könne man den Verbrauch nachhaltig zu Holz und Derivaten verschieben, sagt Horner, Richtung Kreislaufwirtschaft – „und da müssen wir im Endeffekt hin. Wir können mit minimalen Unterschieden gewaltige Wirkungen erzielen“, ist der Architekt überzeugt.
Ein geradezu klassisches Beispiel für Peter Horners Arbeitsweise ist das „Haus Pirker, auf einem winzigen Grundstück in Hanglage in einer Kleingartensiedlung. Der Bauherr ist mit einem Entwurf zu mir gekommen, mit dem er sehr unglücklich war. Den Entwurf habe ich zerlegt und neu organisiert“.
Jetzt gibt es ein Kellergeschoß in Betonbauweise mit 60 m² sowie 75 m² im EG und OG in Holzbauweise“. Und nun, so Horner, sei der Bauherr glücklich und dieses Haus zeige, dass man auch mit einem sehr kleinen Raum umgehen könne. Die Kundengewinnung läuft bei ihm übrigens fast ausschließlich über Mundpropaganda von zufriedenen Bauherren, sagt der Vater von zwei Söhnen.