Das GROSSE im Visier
Daikin möchte in der sechzehn Länder umfassenden Region Central Europe weiter kräftig zulegen. Im Fokus stehen, neben Klimaanlagen und Wärmepumpen, Lüftungen und Kältetechnik.
Sechzehn Länder, zwei Flagship-Stores, zwei Lager, mehr als 1.600 Partner und 289 Millionen Euro Umsatz mit Geräten für Heizung, Klima und Lüftung – das ist die 1999 als Tochter von Daikin Europe N.V. gegründete Daikin Airconditioning Central Europe HandelsgmbH. Sie ist Teil der globalen Daikin-Gruppe, die ausgehend vom japanischen Osaka mit rund 80.000 Mitarbeitern in 145 Ländern präsent ist und zuletzt einen Jahresumsatz von 18,5 Milliarden Euro erwirtschaftete. Die Daikin-Palette reicht von der Single-Split-Klimaanalage über Lösungen für Hotels, Büros und Retail-Immobilien bis hin zu Kühllösungen für Supermärkte sowie technische Prozesskühlung. Rund 85 Prozent der in Europa auf den Markt gebrachten Geräte stammen aus europäischer Fertigung. Derzeit ist Daikin europaweit mit 14 Produktionsstätten und mehreren Entwicklungszentren präsent.
Gemanagt wird die Region Central Europe vom Wiener Headquarter. Das Team rund um Carl Lievens als Managing Director und Markus Haas als Prokuristen bearbeitet mit 450 Mitarbeitern die Märkte in neun EU-Ländern und sieben Nicht-Mitgliedsstaaten. Konkret sind das Österreich, Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Moldawien, Slowenien, Tschechien, Slowakei, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Albanien, Nordmazedonien, Kosovo und Montenegro. In den meisten der genannten Länder ist Dakin mit eigenen Vertriebsniederlassungen und lokalem Management präsent. Das sei Teil des Erfolgs, wie Lievens, der seit 2013 als Geschäftsführer fungiert, betont. Und der Erfolg lässt sich sehen, zwischen 2015 und 2020 ist es gelungen, den Umsatz in der Region zu verdoppeln. Österreich liefert mit 52 Millionen Euro den größten Beitrag zum Gesamtumsatz der Region vor Polen, dem zweitstärksten Markt. Wie 2020 verlaufen ist und welche Pläne Daikin in der Region hat, erklärt der gebürtige Belgier Lievens im Building Times-Interview.
INTERVIEW: Carl Lievens
Building Times: Daikin Central Europe erzielte 2020 in 16 Ländern einen Umsatz von 289 Millionen Euro. Ist das eine Steigerung zum Vorjahr?
Carl Lievens: Ja, das waren rund zwei Prozent mehr als im Jahr davor. Mit Blick auf die letzten fünf Jahre haben wir damit das von uns 2015 für die Region gesetzte Ziel einer Verdoppelung des Umsatzes bis 2020 erreicht.
Building Times: Welchen Beitrag leistet Österreich dazu?
Lievens: Hierzulande haben wir einen Rekordumsatz von 52 Millionen Euro und ein Plus von 3 Prozent erzielt. Der Beitrag ist also erheblich.
Building Times: Und wie erging es Ihnen in den anderen Ländern?
Lievens: Unterschiedlich. Polen zum Beispiel steigerte seinen Umsatz um 7 Prozent, auch Ungarn hat stark performt. Weniger stark waren Tschechien und die Slowakei.
Building Times: Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen bei Materialien trüben ein wenig die Stimmung im Handwerk, wie eine aktuelle Erhebung des VIZ zeigt. Gibt es bei Daikin Lieferprobleme?
Lievens: Im Moment geht es uns ganz gut mit den Lieferketten. Wir haben vorausschauende Safety-Stocks angelegt. Rund 85 Prozent der Geräte, die wir in unserer Region verkaufen, sind in Europa gefertigt. Das ist erstens ein Alleinstellungsmerkmal und bedeutet, dass viele Komponentenhersteller und Lieferanten auch in Europa angesiedelt sind. Trotzdem waren wir 2020 von der Pandemie betroffen. Allerdings nur kurz: In der Lombardei wurde ein Werk für Lüftungsgeräte für 10 Tage stillgelegt und in Belgien wurde ein Werk zwei Tage lang gesperrt. Bei Elektronikteilen, die aus Asien kommen, sind wir natürlich so betroffen, wie alle anderen Erzeuger auch.
Building Times: Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der der Markt boomt, das trifft doch zu, oder?
Lievens: Der Klimaanlagen-Markt boomt, ganz besonders im Wohnungsbereich. Viele Büroangestellte waren im Homeoffice und haben nachgerüstet. Wir haben in Österreich 2020 im Segment Residential mehr Geräte verkauft als im Jahr davor. Und wir planen in der gesamten Region ein Wachstum von 60 Prozent in den kommenden fünf Jahren.
Building Times: Wie hoch ist hier der Marktanteil bei Split-Klimageräten von Dakin?
Lievens: In Österreich liegen wir bei rund 42 Prozent.
Building Times: Und wie sieht es bei den Wärmepumpen aus?
Lievens: Gesamt betrachtet ist die Dynamik hier noch einmal eine ganz andere, weil auch Länder wie Polen und Tschechien massiv in diese Technologie investieren. Hier sprechen wir von einer Verdoppelung des Marktes innerhalb von fünf Jahren.
Building Times: Daikin Europe verkaufte laut eigenen Angaben 2020 rund 106.000 Wärmepumpen. Welche Stellung im Heimmarkt würden Sie Daikin im Segment Wärmepumpen zuordnen?
Lievens: Wir liegen derzeit bei einem Marktanteil von rund 6 Prozent, eine Verdoppelung ist geplant. In Stückzahlen sind wir mit rund 1.600 verkauften Luft-Wasser- Wärmepumpen an achter Stelle. Im Konzern wird derzeit kräftig investiert, um das weitere Wachstum in der Region zu ermöglichen.
Building Times: Das heißt, es kommt eine Fertigungslinie dazu?
Lievens: Ja, die Produktion wächst stetig. Mit einem Investment von 140 Millionen Euro wird weiters gerade das European Development Centre von Daikin Europe N. V. zum globalen Kompetenzzentrum für CO2-arme Heizlösungen mit einem Fokus auf Wärmepumpentechnologie und IoT-Lösungen für Europa und Nordamerika ausgebaut. Wir stocken dort von 220 auf 380 Ingenieure auf.
Building Times: Wann ist Inbetriebnahme?
Lievens: Geplant ist 2023.
Building Times: Am Wiener Standort in der Lemböckgasse ist auch das sogenannte Experience-Center „Your Daikin World“ untergebracht, was ist das?
Lievens: In erster Linie ein Co-Creation Raum. Wir können dort mittels Augmented Reality Lösungen für verschieden Gebäudetypen und -größen simulieren und gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern anschauen, wie verschiedene Technologien miteinander wirken, um Gesamtperformance und Effizienz zu optimieren.
Building Times: Sind dort auch Architekten und Planer willkommen?
Lievens: Ja, natürlich. Die Planer beschäftigen sich sehr oft mit Nachhaltigkeit. Und sie wollen wissen, wie man ein bestimmtes Gebäude optimal beheizt und kühlt. Das können wir dort demonstrieren. Für unsere Fachpartner, also die Installateure, gibt es am Standort auch ein modernes Trainingscenter mit regelmäßigen Schulungen. Und das von der Klimaanlage über die Wärmepumpe bis hin zu großen Lösungen und der Kältetechnik.
Building Times: Der Vertrieb erfolgt hierzulande über Fachpartner. Haben Sie österreichweit genug davon oder gibt es noch weiße Flecken?
Lievens: Wir sind mit der Abdeckung in Österreich zufrieden, brauchen für unser Wachstum aber künftig neue Installateure dazu. Fachpartner bleiben für uns zentral, der Vertrieb läuft aber vielschichtig. Wir arbeiten etwa mit ausgewählten Fachgroßhändlern zusammen und Endkunden können direkt im Flagship-Store in der Wiener Shopping City Süd (SCS) von Daikin kaufen.
Building Times: Was kann der Kunde dort kaufen?
Lievens: Eine Split-Klimaanlage, eine Luft-Wasser-Wärmepumpe oder einen Luftreiniger.
Building Times: Und wer installiert?
Lievens: Unsere Fachpartner, der Kunde kauft das Produkt samt Installation. Dazu haben wir rund um den Shop ein enges Netz an Installateuren.
Building Times: Das betrifft den Großraum Wien?
Lievens: Ja, aber das strahlt bis weit nach Niederösterreich und ins Burgenland hinein. Seit der Eröffnung haben unsere Fachpartner ein deutlich höheres Wachstum erzielt, als der Markt im Allgemeinen hergab. Nicht nur von den Stückzahlen her, sondern auch was die Wertigkeit der Geräte betrifft. Wenn Kunden im Shop sehen, was es alles gibt, wählen sie mitunter eine höherwertige Anlage oder wechseln von Single-Split zu Multi-Split.
Building Times: Daikin hat weltweit als Vorreiter Geräte mit dem Kältemittel R32 forciert. Gibt es heute noch Daikin-Anlagen mit anderen Kältemitteln?
Lievens: In unserer Region arbeiten wir bei Split- und Multisplit-Anlagen bereits zu 100 % mit R-32. Auch für andere Produktgruppen haben wir bereits begonnen, R-32 einzuführen. Wir werden als Branchenführer weiter an diesem Thema arbeiten und stetig entsprechende Neuerungen auf den Markt bringen.
Building Times: Das heißt, die schrittweise Reduktion der klimaschädlichen Kältemittel betrifft sie nicht so sehr wie andere Hersteller?
Lievens: Die Kältemittel sind ein großes Thema bei Daikin. Wir haben bereits 1933 das erste Kältemittel entwickelt, noch bevor die erste Klimaanalage auf dem Markt war. Heute gibt es andere Herausforderungen. Dazu zählt der Umgang mit den am Markt befindlichen Kältemitteln. Wir haben hier ein paar richtungsweisende Lösungen entwickelt: Eine davon nennt sich Loop by Daikin. Das sind VRV-Anlagen, die mit wiederaufbereitetem Kältemittel zum Einsatz kommen. Wir starten eben ein Kreislaufwirtschaftsprogramm für Key-Accounts und unterstützen mit Retradeables Europas ersten Online-Marktplatz für Kältemittel in den Pilotländern Tschechien, Ungarn und der Slowakei gemeinsam mit dem EU-Life- Programm und einer Athener Universität. Dabei geht es um eine Art Ebay für Kältemittel.
Building Times: Das heißt, gebrauchte Kältemittel werden online gehandelt?
Lievens: Ja, Installateure können R410AGas am Ende des Lebenszyklus über eine Online-Plattform verkaufen. Zuvor wird die Qualität geprüft. Wenn sie passt, können Firmen wie Linde das Gas kaufen und der Aufwertung zuführen.
Building Times: Geht es da um Geld oder Umweltschutz?
Lievens: Beides, die Entsorgung kostet Geld und es ist nachhaltiger, eine noch nutzbare Ressource im Zeitalter stetiger Verknappung im Kreislauf zu behalten.
Building Times: Um welche Mengen geht es da?
Lievens: Wir sparen derzeit mit allen genannten Kreislaufwirtschafts-Initiativen die Neuproduktion von rund 250.000 Kilogramm Kältemittel pro Jahr ein. Das wird aber noch deutlich mehr werden.
Building Times: Werden in allen Märkten Ihrer Region dieselben Modelle angeboten und verkauft?
Lievens: Ja. Die asiatischen Geräte unterscheiden sich aber, weil dort die Luftqualität deutlich mehr Gewicht hat. Und die Raumgrößen sind in Asien erheblich kleiner als etwa in Europa.
Building Times: Das heißt, die Entwicklungen aus Asien kommen nicht 1:1 nach Europa?
Lievens: Richtig, es gibt immer Adaptierungen, etwa in der Steuerung.
Building Times: Sie betreuen 16 Länder. Wie viele Tage verbringen Sie im Flugzeug?
Lievens: Seit 15 Monaten gar keinen. Wir haben so gut wie alles über Online-Meetings gemanagt, das wird auch künftig Teil der Zusammenarbeit bleiben.
Building Times: Hatten Sie Kurzarbeit und Homeoffice?
Lievens: Kurzarbeit hatten wir bei Daikin Österreich nicht, weil unsere Branche sehr rasch als systemrelevant erkannt wurde. In der Region waren wir anfangs mit einer sehr unsicheren Marktsituation konfrontiert. Darum waren 50 % der Belegschaft im Headquarter kurzfristig in Kurzarbeit. Ins Homeoffice habe ich alle Mitarbeiter schon drei Tage vor dem ersten Lockdown geschickt. Das hat sehr gut funktioniert.
Building Times: Wird davon etwas bleiben?
Lievens: Ja, ganz sicher. Wir werden in einer Hybrid-Form weiterarbeiten – auch in Zukunft.
Building Times: Gibt es schon neue Homeoffice-Regeln für die Mitarbeiter?
Lievens: Ja, Homeoffice bleibt weiter möglich. Wir haben aber ein sehr tolles Büro, das von Mitarbeitern mit Architekten und anderen Experten konzipiert wurde – mit offenen Räumen ohne fixe Arbeitsplätze – und viele freuen sich, jetzt endlich wieder Kollegen zu treffen.
Building Times: Derzeit wird viel über den Facharbeitermangel lamentiert. Könnten Sie mehr verkaufen, wenn es mehr Installateure gäbe? Ist die Situation auch in Polen, Ungarn oder Tschechien ähnlich wie hier?
Lievens: Vermutlich ja.
Building Times: Mit Corona ist die Luftqualität in den Mittelpunkt gerückt. Hat das die Nachfrage nach Luftreinigern erhöht?
Lievens: Der Absatz von Geräten zur Luftreinigung hat sich in Österreich im Vorjahr verdoppelt, in der Region haben wir ein Plus von 46 % verzeichnet. Wir haben 45 Jahre Erfahrung damit. Was Corona betrifft, können wir sagen, dass unsere Flash Streamer-Technologie unter Laborbedingungen 99,9% des Coronavirus inaktiviert. Validierungen im verbauten Produkt laufen
Building Times: Welchen Anteil nimmt die Lüftung bei Daikin ein?
Lievens: Die Lüftung ist ein absoluter Ausbaubereich bei uns. Wir haben eine Fertigung in der Lombardei, aber aufgrund der Lieferdistanz zu einigen Absatzmärkten können wir derzeit nur ausgewählte Märkte abdecken.
Building Times: Das heißt, Sie werden zukaufen oder bauen?
Lievens: Ja, oder mit nicht komplett gefertigten Geräten in die Regionen gehen und dort endfertigen.
Building Times: Das steht unmittelbar an?
Lievens: Ja, wobei die erste Priorität darin besteht, im Kältebereich schlüsselfertige Anlagen für Food-Retail anzubieten.
Building Times: In welchem Zeitraum ist das geplant?
Lievens: In den nächsten zwölf Monaten, aber derzeit nicht in Österreich. Konkret ist mit der Marke AHT ein Ausbau geplant. In der Slowakei haben wir dazu mit einer Supermarktkette einige Pilotprojekte abgewickelt.
Building Times: Ist das Anbieten von schlüsselfertigen Anlagen künftig auch für Gebäude, etwa Büros und Hotels denkbar?
Lievens: Ja, das machen wir auch schon. In der Slowakei haben wir eben mit einem langjährigen Endkunden und gemeinsam mit unseren Partnern das Projekt Galvaniho gemacht. Das sind fünf Gebäude und wir konnten durch Messungen des Bestands im Neubau eine Lösung aufzeigen. Auch in Kroatien hatten wir ähnliche Projekte.
Building Times: Gibt es in Österreich Bemühungen, verstärkt mit den Planern in Kontakt zu kommen?
Lievens: Ja, wir haben dazu eigene Mitarbeiter. Im Tagesgeschäft arbeiten wir doppelgleisig, wir haben Spezialisten für die Installateure und andere für Planungsbüros.