Das Dorf-Experiment

Im Südburgenland wollen neun Gemeinden und die Stadt Oberwart die Vernetzung der Erneuerbaren voranbringen. Die Promi-Akteure sind gefunden, konkrete Umsetzungen fehlen noch.

Bocksdorf, Kukmirn, Ollersdorf und Litzelsdorf sind kleine Gemeinden im Südburgenland, die von Innovationen maximal gelegentlich gestreift werden. Das soll sich ändern, denn die vier Orte sind mit Stegersbach und der Stadt Oberwart und vier weiteren Kommunen Teil des Innovationslabors act4.energy. Dabei handelt es sich um eine vom BM für Verkehr, Innovation und Technologie gestartete Forschungs- und Entwicklungsinitiative. Die gäbe es nicht, wenn es nicht Andreas Schneemann gäbe, der mit seiner Vision der Energie-Zukunft als treibende Kraft andere Akteure vernetzt und motiviert. Viele davon trafen sich kürzlich im Kulturzentrum Eisenstadt um das gemeinsame Projekt zu promoten. „Wir wollen ein regionales Energiesystem mit Vorbildwirkung errichten“, erklärt Schneemann, der mit seiner Firma Energie Kompass GmbH in Stegersbach den Bau eines Kompetenzzentrums für regional erneuerbare Energiesysteme plant.

Als Architekten hat er sich den ebenfalls aus dem Burgenland stammenden Peter Traupmann ausgewählt. Er hat den Plan so gefasst, dass der Bau clusterfähig ist und im Bedarfgsfall auch mit Wohnbauten kombiniert werden kann. Die Einreichplanung des in BIM-geplanten Komplexes steht. „Leitgedanke war ein Stück Wiese aufzuklappen und darunter Raum zu schaffen, beschreibt Traupmann das Projekt. Begrünte Dächer und Photovoltaik-Dachflächen sollen harmonisch kombiniert werden, so der Architekt. Er sieht in dem Bau ein Demo-Projekt, bei dem PV, Speicher und E-Mobilitäts-Ladeinfrastruktur und Vieles mehr kombiniert werden sollen.

Große Vernetzungspläne

Deutlich mehr als einen Demo-Bau planen die beteiligten Firmen, wie Siemens, Fronius, Kapsch, Siblik, Kioto und Bluesky Energy um nur die größeren zu nennen. Sie hoffen, dass die knapp 1,4 Millionen Euro des Projektes eine deutliche Belebung des Geschäfts mit Photovoltaik, Speichern und Ladestationen bringt. Knapp 700.000 Euro beträgt übrigens die Förderung, der Rest kommt von den Gemeinden und dem Initiator Schneemann.
Sie alle folgen dem Gedanken, den Michael Hübner aus dem BMVIT sehr prägnant formulierte: „Die künftigen Energiesysteme werden hochvernetzt und digital sein“, meint er und fügt hinzu, dass schon derzeit jede zweite in Österreich verkaufte PV-Anlage im Privatbereich mit einem Speicher ergänzt wird. Die Nutzung dieser Systeme bringt eine Entlastung der Netze und eine höhere Eigenverbrauchsquote.
Um den im Burgenland anfallenden Strom aus Wind und Sonne optimiert nutzen zu können bedarf es jedoch mehr. „Wir brauchen Flexibilitäten, das bedeutet elektrische und thermische Speicher, mobile Speicher, wie die Akkus von E-Autos und wir brauchen intelligente Lastverschiebungen“, so Schneemann. All das ist aber nur dann richtig wirkungsvoll, wenn die Überschüsse und der Bedarf miteinander kommunizieren und interagieren können. Und genau daran wird im Südburgenland gearbeitet. An prominenten und kompetenten Mitstreitern fehlt es der Initiative nicht. Am Ende müsse jedoch die Bewohner der Regionen mittun. Sie entscheiden letztlich, ob sie ihr Erspartes in Alufelgen und Swimming-Pools investieren oder ob sie daran glauben mit Photovoltaik, Stromspeicher, Niederigtemperaturheizung oder Dämmung auch einen gesellschaftlichen Status zu erhalten, der nebenbei den Nachfolgegenerationen dienlich ist.
Natürlich bedarf es für die vernetzten Lösungen auch rechtliche Anpassungen. Man kann schließlich nicht einfach Wärme oder Strom an seine Nachbarn abliefern – zumindest nicht in Österreich. Dazu hat man Energieversorger, die sind bei act4.energy übrigens nur Zuschauer, was auch interessant ist.