Blitzschutz, Faktor der Architektur
Der Blitzschutz wird nicht selten überdimensioniert. Je eher er in die Planung einfließt, desto weniger beeinträchtigt er die Architektur.
Der Blitzschutz hat eine immense Bedeutung für Gebäude und Industrieanlagen. Ein direkter Blitzeinschlag in ein Gebäude verursacht eine Potenzialanhebung von mehreren 100.000 Volt an allen geerdeten Geräten. In Büro- und Verwaltungsgebäuden gehören PCs, Server, Netzwerke und TK-Anlagen heute zur Mindestausstattung. Ein Ausfall würde den Betrieb stilllegen, da alle Arbeitsabläufe nur mit diesen Systemen funktionieren. Dazu kommen Gebäudeautomatisierungssysteme, deren Ausfall verheerende Folgen haben kann. Fällt die Klimaanlage durch Überspannungen aus, kann dies bewirken, dass das Rechenzentrum abgeschaltet oder die Server heruntergefahren werden müssen.
Um all das zu verhindern, vertrauen die Bauherren und Entwickler von Gebäuden auf die Schutzkonzepte von Experten. Die sind aber in den seltensten Fällen unabhängig und vertreten damit auch die Interessen der einschlägig tätigen Unternehmen. Und die sind daran interessiert, möglichst viele Blitzschutzsysteme zu verkaufen und zu installieren. Ein Blick über die heimischen Dachlandschaften zeigt ganz klar, dass in manchen Fällen zu viel des Guten vorhanden ist. Das kommt nicht von ungefähr, sondern ist auch ein Ergebnis der Lobbyingarbeit, wie Andreas Kaltenbrunner, Geschäftsführer von Dehn Österreich, zugibt. Das früher im Blitzschutz übliche Schutzraummodell wurde schlicht durch die Normung verdrängt, bestätigt er. Das Ergebnis auf den Dächern sind ganz viele Fangstangen, auch an Stellen, wo sie nicht notwendig sind.
Doch inzwischen gibt es eine Gegenbewegung: In der neuesten Blitzschutznormung wird das sogenannte Blitzkugelverfahren forciert. Damit können die erforderlichen Schutzmaßnahmen in Abhängigkeit von der gewünschten Blitzschutzklasse ermittelt werden. Im besten Fall werden 98 Prozent der Blitze eingefangen, im schlechtesten 80 Prozent.
Was bei Architekten neben dem Schutz schwer wiegt, ist die Optik. Und die kommt häufig zu kurz, denn die Gebäudehülle und das Dach sind meist schon fertig, wenn der Blitzschutz geplant und montiert wird. Das müsste nicht sein, denn bei rechtzeitiger Integration dieses Mini-Gewerkes ließen sich zum Beispiel Fassadenteile für den Blitzschutz nutzen. Dazu bräuchte es jedoch den integralen Planungsansatz – und der ist schwierig zu integrieren, wie man weiß.