Baukartell: Strabag erneut im Visier

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellt die gemilderte Strafe von 45,37 Millionen Euro für die Strabag in Frage. Die Strabag betrachtet den Kronzeugen-Status voll erfüllt.

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2021 hat das Kartellgericht gegen zwei Gesellschaften des Strabag-Konzerns eine geminderte Geldbuße von 45,37 Millionen Euro verhängt. Dies wegen „einheitlicher und fortgesetzter kartellrechtswidriger Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausches mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau in Österreich im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017“, wie die Bundeswettbewerbsbehörde mitteilt.
Der Grund für die gemilderte Strafe war, dass die Strabag im kartellrechtlichen Ermittlungsverfahren eine umfangreiche Kronzeugenerklärung gemäß § 11b WettbG übermittelt hat, Compliance Maßnahmen implementiert und auch ein Anerkenntnis für das kartellgerichtliche Verfahren abgegeben hat.

Neuaufrollung des Verfahrens

Im Zuge weiterer strafrechtlicher Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die BWB nunmehr im Wege der Amtshilfe Kenntnis über neue Tatsachen erlangt, die eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses vom 21.10.2021 erforderlich machen, insbesondere hinsichtlich der vollständigen Einhaltung der die Strabag als Kronzeuge treffenden Kooperationsverpflichtung, nach § 11b Abs 1 Z 2 WettbG wahrheitsgemäß, uneingeschränkt und zügig zusammenzuarbeiten. „Unter anderem ist zu prüfen, ob mangelnde Offenlegung von Beweismitteln und Tatsachen durch Strabag trotz Kenntnis vorliegt“, so die BWB.
Dementsprechend hat die BWB nunmehr das Kartellgericht mittels Abänderungsantrag gemäß §§ 72 ff AußStrG ersucht, den rechtskräftigen Beschluss vom 21.10.2021 zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern. Kurzum, die BWB stellt die gemilderte Strafe in Zweifel. „Das Kronzeugenprogramm ist das wichtigste Instrument zur Aufdeckung geheimer kartellrechtswidriger Absprachen. Aus diesem Grund wird kooperierenden Unternehmen eine bis zum vollständigen Entfall reichende Geldbußenermäßigung eingeräumt. Allerdings ist diese weitreichende Privilegierung nur bei Erfüllung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen gerechtfertigt“, so die interimistische Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.

Baukonzern kontert

Die Strabag hält die neuerliche Überprüfung für nicht gerechtfertigt. „Der Vorstand hält den Antrag für unbegründet, denn Strabag kooperierte umfänglich und intensiv mit der BWB im Rahmen des Kronzeugenprogramms. Sie hat durch ihre Kooperation maßgeblich zur Aufklärung beigetragen und daher auch als erstes Unternehmen das Kartellverfahren rechtskräftig beendet“, so eine Mitteilung des Konzerns. Darüber hinaus habe die Strabag ihr Compliance-System nachgeschärft und ein neuartiges Monitoring System implementiert.