Automatische Kristallglas-Fassade
In Karlsruhe wurden die Fassaden der Ingenieurfirma FC mit „dynamischen Flüssigkristallfenstern“ ausgestattet. Die Technologie dafür wurde von den Apple Smartphones übernommen und ins Großformat übertragen.
Die beiden Gebäude des neuen Campus der Ingenieurfirma FC in Karlsruhe wurden mit Glasfassaden ausgestattet, die nach Angaben der planenden planQuadrat Architektur&Consulting „den Komfort des Menschen bei gleichzeitiger Optimierung der Energie-Effizienz erhöht“. Das interessante architektonische Element der Campusgebäude sei eine im Glasaufbau integrierte Technologie, die normalerweise in Smartphones von Apple verbaut werde. In der Dimension einer Gebäude-Fassade sei das aber eine Weltneuheit, so die Planer. „Integrierte, interaktive Flüssigkristalle ermöglichen eine Sensor-gesteuerte Reduktion des Licht- und Wärmeeintrags in das Gebäude, ohne dabei die freie Durchsicht zu beeinträchtigen. Trotz großflächiger Verglasung ohne bauliche Verschattungselemente muss das Gebäude auch im Hochsommer kaum gekühlt werden“, berichten die Gebäudeplaner von 3deluxe / design systems d.s. gmbh.
Kristalle verfärben sich
Die Technologie stammt vom Wissenschafts- und Technologie-Unternehmen Merck und läuft unter dem Markennamen eyrise. Dieses Glas nutzt die bei Merck schon seit Jahren vorhandene „Licrivision“ Flüssigkristalltechnologie, um ein dynamisches, transparentes Fenster zu erzeugen, das getönt werden kann, um sofortigen Sonnenschutz zu bieten ohne das natürliche Tageslicht zu beeinträchtigen. Auf dem FC-Campus verfärben sich die Kristalle von voll transparent bis zu bläulich. Das funktioniert so, dass die Flüssigkristall-Mischung zwischen zwei Platten platziert wird, die mit einer transparenten, leitfähigen Folie beschichtet sind. Angeregt durch eine niedrige Spannung ändern die Moleküle in der Mischung ihre Ausrichtung und regulieren dadurch die Mengen an durchgelassenem Licht und an Wärme.
Zur Vermeidung von Vogelschlag haben die Architekten mit der Schweizer Vogelwarte Sempach ein feines, semitransparentes, auf die Verglasung aufgedrucktes Pattern entwickelt, das von den Vögeln wahrgenommen wird, gleichzeitig aber den ungestörten Ausblick gewährleisten soll. Die Außenwandscheiben der Pfosten-Riegel-Fassade mit dreifacher Isolier-Verglasung und den automatischen Fenstern wurde zur Aussteifung aktiviert. Der FC-Campus liegt in Karlsruhe an einer der meistbefahrenen Autobahnen Deutschlands und ist die neue Zentrale der Ingenieure der FCGruppe mit mehr als 300 Mitarbeitern. Haupt-Geschäftsfelder von FC sind technische Planungen von Infrastruktur und Gebäuden, sowie Projektsteuerung und Beratung. Dass die Haustechnik-Planung von der FC-Planung GmbH stammt, versteht sich da von selbst. Um die vielfältigen Aktivitäten des Ingenieurbüros auch nach außen zu vermitteln, „soll der Gebäudeentwurf von 3deluxe Innovation, Nachhaltigkeit, Effizienz und nachhaltiges Design in einem klaren Entwurf vereinen“. Das hat zu folgender Entwurfsplanung der Architekten geführt: „Ein Würfel bietet das baulich ökonomischste Verhältnis von Außenfläche zu Volumen und stellt somit das unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten optimal effiziente Gebäudevolumen dar. Die zwei identischen Würfel der FC-Cubes sind gegeneinander verdreht und stehen auf einer großen, schwebenden Grundplatte, unter der eine offene Tiefgarage untergebracht ist“. Durch die signifikanten, organisch geformten, geschoß-übergreifenden Fensterflächen würden die zwei Einzelwürfel – je nach Perspektive – zu einem skulpturalen Gesamtbild verschmelzen, meinen die Planer.
Gebäudetechnik vom Feinsten
Neben der kristallinen Automatik-Fassade spielen die zwei Karlsruher Kuben mit insgesamt 7.781 m² Bruttogeschoßfläche gebäudetechnisch alle Stücke: Die MitarbeiterInnen können so gut wie alles über eine App steuern, die von Kollegen eigens entwickelt wurde. Die Palette reicht vom Lunch aus der hauseigenen Foodbar bis zur Navigation durch die umgebenden Grünanlagen. Temperiert wird über Heiz- und Kühldecken, Kälte und Wärme werden von 24 Geothermie – Sonden aus 130 Metern Tiefe generiert und der Strom wird von einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach produziert, „womit das Gebäude zu einem 0-Energie-Haus wird“, sagen die Planer von 3deluxe. In den Büroetagen der Stahlbeton-Skelettbauten wurde auf Innenwände weitgehend verzichtet, „kommunikative Gemeinschaftsbereiche und konzentrierte Arbeitsbereiche durchmischen sich unaufdringlich mit urbanem Mobiliar“, heißt es in der Baubeschreibung. Zur Plastikvermeidung wird Wasser aus einem eigenen Trinkbrunnen geboten und der Teppich besteht aus recyclierten Fischernetzen und Plastikflaschen.