Automatisch erfolgreich

Georg Kubasa und Jürgen Chochola sind seit 12 Jahren mit der Firma GTS Automation selbstständig in der Gebäudeautomation tätig. Mit den Signa-Bauten Austria Campus und Icon sind sie endgültig in der ersten Liga angelangt.

Vor der Tür stehen sportliche Boliden, das Büro ist eher schlicht auffrisiert. Die Bad Vöslauer Industriestraße 8 strahlt nicht wirklich durch Eleganz. Aber – und das ist wohl wichtiger – es zeigt, dass hier viel und intensiv gearbeitet wird. Und die eingerahmten Referenzen belegen, dass die beiden Herren mit ihrer Firma GTS Automation GmbH in der Automation von Gebäuden inzwischen in der ersten Liga spielen. „Vor drei, vier Jahren haben manche gemeint, dass wir spätestens über Großprojekte stolpern werden“, erzählt Jürgen Chochola, der die Firma mit seinem Partner Georg Kubasa
2006 gegründet hat. Dabei war man damals gerade richtig am Sprung. Derzeit sind die Signa-Projekte Icon am Wiener Hauptbahnhof und Austria Campus beim Praterstern die bislang größten Bauten, bei denen die Firma GTS sich um die Mess-, Steuer- und Regelungstechnik kümmert.

Begonnen hat die Story vor zwölf Jahren, als die beiden Herren bei Honeywell ihre Schreibtische räumten und sich in die Selbstständigkeit begaben. Ihr Weg führte sie nach Osteuropa und auf den Balkan – überall dorthin, wohin es auch ihre Bauherren zog. So wie damals ist das Unternehmen auch heute darauf fokussiert, Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen zu automatisieren und spezifische Einzelraumregelungs-Lösungen in einem integrierten Konzept anzubieten. Auch ist die Integration von Video-, Zutritt- und Alarmanlagen in einer umfassenden Betrachtung Bestandteil des Portfolios. „Wir haben unseren Bauherrn beratend einen Mehrwert aufgezeigt“, erklärt Kubasa den Erfolg, der sich inzwischen eingestellt hat. Neben der Entwicklung von Automationsprojekten widmen sich die beiden 1978 geborenen Unternehmer ihrem eigenen Projekt – einem dreistöckigen Bürohaus samt 56-Betten-Motel in Bad Vöslau, für das im Herbst der Baubeginn geplant ist. Building Times traf die Automatisierungs-Unternehmer zum Interview.


Building Times: Die GTS Automation ist, verglichen mit anderen Größen der Gebäudeautomation, jung. Trotzdem ist es gelungen, an Großprojekte zu gelangen? Wie geht das?
Chochola: Wir sind vergleichsweise jung, machen das aber nun doch schon zwölf Jahre und haben uns zuvor Erfahrung bei Großkonzernen geholt. Wir waren beide bei Honeywell Austria und haben dort die MSR-Technik kennengelernt.

Kubasa: Der Grund, warum wir uns inzwischen auch bei Großkunden etabliert haben, liegt auch darin, dass wir flexibel sind, was die Systemkomponenten und Gesamtlösungen betrifft. Wir haben uns immer wieder neue Dinge angesehen und stets geschaut, was die Bedürfnisse und Problemstellungen des Kunden sind, um dann gemeinsam Lösungen zu finden.

Building Times: Trotzdem, Sie matchen sich am Markt mit Industriegrößen. Sind Sie billiger? Chochola: Da haben wir nicht den großen Preisvergleich. Wir kennen die Marktpreise, aber auf Projekte bezogen wissen wir die jeweiligen Preise nicht. Natürlich spielt der Preis immer eine Rolle. Im Endeffekt hat sich bei uns aber herauskristallisiert, dass das Stammkundengeschäft entscheidend ist. Wenn ein Kunde die Performance unseres Teams schätzt, ergibt sich der Erfolg von selbst.

Kubasa: In Wirklichkeit geht es nicht nur über den Preis. Man muss sich mitunter auch innovative Budgetverschiebungen überlegen. Wenn man festgefahrene Strukturen aus dem HKLS-Paket in das MSR-Paket verschiebt, kann man bessere und nachhaltigere Lösungen um das gleiche Geld bauen.

Building Times: Das müssen der Bauherr und die anderen Beteiligten aber auch mitmachen. Chochola: Ja, aber das ist wieder ein Punkt, wo wir ein Alleinstellungsmerkmal als MSR-Unternehmen haben. Wir haben gezielt Architekten und Bauherren angesprochen, um denen die Technik zu erklären und zu zeigen, dass die MSR ein zentrales Herzstück eines Gebäudes ist und nicht ein Budgetposten, den man halt braucht. Wir haben die Mehrwerte aufgezeigt, die eine Immobilie besser betreibbar und vermarktbar machen.

Building Times: Sie bauen auch für Bauherren, die Häuser hochziehen und dann verkaufen. Ist es denen nicht egal, wie die Technik im Detail aussieht? Kubasa: Das war am Anfang häufig so. Wenn wir dann aber beratend die Möglichkeiten aufgezeigt haben, dann wurde der Mehrwert erkannt, der auch im Verkauf ein enormes Potenzial bietet. Wenn ein Bauherr mit der gleichen Investitionssumme mehr Komfort und Effizienz erhält, ist es ihm nicht egal.


Building Times: Seit 2017 ist GTS auch in der Schweiz tätig. Hat man dort auf Sie gewartet?
Chochola: Wir haben unser erstes Projekt in der Schweiz 2010 gemacht, danach folgten weitere. 2017 ergab sich dann die Möglichkeit, einen erfahrenen MSR-Mann für uns zu gewinnen, der lange auf dem Schweizer Markt tätig ist.


Building Times: Aber ist die Schweiz nicht ein gesättigter Markt?
Kubasa: Ja, das schon. Es ist aber auch so, dass man mit Beratung gut punkten kann, weil dieser Zugang noch weniger etabliert ist als in Österreich. Dort hat der Planer die absolute Hoheit: Das, was geplant ist, wird gebaut. Wenn man dann mit Beratung innovative Ideen einbringt, findet man offene Türen. Das gibt es in der Schweiz bislang kaum oder gar nicht.

Building Times: Das heißt, die Planer haben keine Freude mit Ihnen? Chochola: Nein, wir sind nicht die Feinde der Planer, wir beraten auch Planer. Wir sagen ihnen auch, dass sie unseren Ansatz auch wählen können. Meist planen die HKLS-Planer die Elektrotechnik mit – das aber oft in zwei Abteilungen. Wir führen das zusammen, wir sehen uns in der Ausführung immer als der, der die Gewerke Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär, Elektrotechnik und Sicherheit in einer Leittechnik zusammenführt. Das könnten die Planer auch.


Building Times: Wie viele Mitarbeiter hat GTS im Moment?
Kubasa: Wir sind 32 Mitarbeiter, einige davon in Linz, andere in Velden, und wir haben auch operative Einheiten in Rumänien und Bulgarien. Dazu kommen noch Partnerunternehmen, die uns projektbezogen begleiten.

Building Times: Sie montieren also nicht selbst? Kubasa: Als GTS schon, aber mit Partnern, die in unserem Auftrag und von uns koordiniert arbeiten. Diese Mitarbeiter sind aber nicht auf unserer Payroll.


Building Times: Sie nennen sich unabhängig, dennoch kommen oft dieselben Komponenten vor: Die Hardware von Beckhoff, bei der Gebäudeleittechnik fällt häufig der Name evon XAM-Control. Bei Austria Campus wurden für die Raumautomation Loytec eingesetzt.
Chochola: Ich habe schon betont, dass wir das Beste für den Kunden suchen. Wir haben Stammpartner, wenn der Kunde aber etwas Spezielles wünscht, schauen wir, welche Lösung gut ist. Wir hatten in Rumänien ein Projekt mit unserer Software und Honeywell-Hardware. Das Herzstück unseres Unternehmens ist die Software von Evon, die wir auf GTS-Anforderungen umgemünzt haben. Darauf aufbauend können wir Hardware-unabhängig alles darüberstülpen. Wir bauen gerade für BMW in Deutschland eine B&R-Anlage. Es gibt Standards, die wir im Vertrieb vorschlagen, aber wenn der Kunde etwas anderes will, kann er es haben.

Building Times: Von wem kam bei Austria Campus die Idee zu Loytec? Kubasa: Ausschlaggebend war die technische Anforderung. Wir haben evaluiert, wie wir diese bestmöglich erfüllen können. Dann haben wir verschiedene Systeme evaluiert und abgewogen, wer für die Zukunft gewappnet ist, und dabei hat sich Loytec als bester Lieferant erwiesen.


Building Times: Was kann Loytec so besonders?
Kubasa: Die Hardware bietet sehr viele Schnittstellen und Möglichkeiten. Konkret galt es, die Beleuchtung und die Jalousiensteuerung in die MSR zu vereinen. Loytec hat diese Schnittstellen und macht zugleich auch noch die Temperaturregelung mit. Das war damals entscheidend.

Building Times: Das heißt, Sie werden von der Industrie permanent umworben? Chochola: Ja, jetzt mit den Großprojekten schon, weil dort halt auch große Stückzahlen verbaut werden.

Building Times: Was wäre, wenn die GTS sich auflösen würde? Stehen die Kunden im Regen oder kann da jemand qualifiziert nacharbeiten? Chochola: Ja, durch unser Partnernetzwerk. Evon zum Beispiel ist nicht nur ein Softwarehaus, sondern hat auch eine eigene Planungs- abteilung. Es gibt auch noch viele andere Systempartner von Evon, die einspringen könnten. Insgesamt sind wir relativ rasch ersetzbar, denn auch Beckhoff-Partner gibt es genug.


Building Times: IOT, Cloud und Digitalisierung sind auch in der Gebäudeautomation angekommen. Bleibt da künftig jemand übrig?
Kubasa: Spannend wird, welche Business-Cases sich entwickeln, die nicht von der Hardware abhängig sind. Die Hardware wird weniger werden, weil die Geräte intelligenter werden. Es geht künftig mehr darum, die intelligenten Komponenten zu vernetzen.

Building Times: Für den klassischen Elektrotechniker wird es da schwierig, oder? Chochola: Definitiv, aber was bleibt ist, dass Gebäude immer irgendwie individuell sind. Standardisierte Module für die Gebäudeautomatisation sind daher nicht unproblematisch.

Building Times: Die Funktechnologie breitet sich rasant aus. Werden wir in zehn Jahren viel weniger Kabel und damit auch Brandlast in unseren Bauten haben? Kubasa: Das kommt darauf an. Wir bauen auch große Gebäude in Funktechnologie, weil die Mieterflexibilität damit erhöht wird. Beim Projekt Icon am Hauptbahnhof wurde alles von Kabel auf Funk umgedreht. Der Innenausbau ist damit völlig frei, egal ob die Abtrennung von Räumen mit Glas, Gipskarton oder nur durch Möbel erfolgt. Der Trend zu neuen Arbeitswelten spricht für Funk. In Krankenhäusern, wo die Nutzung klar definiert ist, wird die Verkabelung bleiben.


Building Times: Ist Funk unsicher oder riskant? 
Chochola: Nein, aus meiner Sicht überhaupt nicht. Die Produkte kommen aus der Industrie und sind getestet. Ein Kabel allein schützt nicht vor Hackern. Man kann in jedes Gebäude einsteigen, sobald es im Internet ist, egal ob über Kabel oder Funk. Und noch zur Sicherheit: Wir bauen entkoppelte MSR-Netzwerke, über die keine anderen Daten laufen. Hacker haben es auf Daten abgesehen, mit denen Geld gemacht werden kann. Wenn ein Hacker in einem Hotel Lichtspiele macht, bringt ihm das nichts.

Building Times: Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind moderne Schlagwörter. Zugleich steigen die Ansprüche der Nutzer. Ist es nicht illusorisch zu glauben, dass Büros und Hotels künftig mit Ressourcen auskommen? Kubasa: Im Hotel ist der Gast König, das spielt die Energiefrage eine untergeordnete Rolle. Im Büro wird schon vermehrt auf die Betriebskosten geachtet. Dazu gehört es auch, die Regelbarkeit für die Nutzer einzugrenzen. Unsere Aufgabe ist es, den Kunden schon im Vorfeld zu beraten, damit Wunsch und Wirklichkeit am Ende passen. Das muss nicht unbedingt mit Mehrkosten verbunden sein. Allein mit der Vernetzung von Systemen lässt sich viel Effizienz erzielen.

Building Times: Binden Sie schon Wetterdaten in die Steuerung ein? Chochola: Ja, wir haben einige solcher Projekte, und auch beim Projekt Icon ist das an Bord. Das gibt uns auch die Möglichkeit, den Brauchwasserhaushalt zu optimieren. Wenn Regen angesagt ist, werden die Becken geleert.

Building Times: Lange Zeit wurde KNX als der Standard für die intelligente Vernetzung in Gebäuden gepredigt. Bei Ihnen haben ich KNX nirgendwo gelesen. Ist KNX überholt? Chochola: Wir verwenden KNX immer wieder, es ist aber aufgrund der Steuerungskomponenten, die wir verwenden, nicht unbedingt unser Favorit. Für kleinere Projekte, etwa Einfamilienhäuser, ist KNX eine gute Wahl, da die Komponentenvielfalt immens ist.
Kubasa: Richtig schwierig wird es, wenn KNX-Endgeräte im Bereich der Raumsteuerung zum Einsatz kommen, die dann mit einer klassischen MSR vereint werden sollen. Da bricht man sich die Finger, trotzdem wird das aber immer wieder geplant. Im Luxussegment ist man mit Kunden konfrontiert, die sich in der Raumbedienung eben bestimmte Ding aussuchen.

Building Times: Wird es bei Ihrem Office-Park Bad Vöslau eine spezielle Automatisierung geben? Kubasa: Wir haben dort zwei Themen, mit denen wir uns verstärkt beschäftigen. Das eine ist das biologische Licht, das zweite ist die Personalerkennung im Gebäude über Mobilfunkdaten. Davon kann man anonymisiert ableiten, wie Räume belegt und genutzt werden. Mit solchen Themen werden sich auch größere Investoren künftig beschäftigen.


Building Times: Dabei geht es darum, Räume gezielt zu belüften, oder?
Kubasa: Nicht nur, es geht auch darum, ursprüngliche Belegungspläne von großen Bürohäusern zu überprüfen.