Eine Architektur-AG

Baumschlager Eberle, also: be AG, ist als Aktiengesellschaft organisiert. Die beiden Namensgeber Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle haben damit aber kaum noch etwas zu tun – außer dass Letzterer gelegentlich den Aktienkurs pflegt.

Baumschlager Eberle wurde 1985 in Lustenau von Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle gegründet und hat seither diverse Metamorphosen erlebt. Das betrifft sowohl den Firmennamen als auch die Eigentümerschaft. Lediglich der Betriebsgegenstand, nämlich die Erbringung von Architekturleistungen, ist gleichgeblieben, doch auch hier haben sich die Schwerpunkte verschoben.
Heute führen das Unternehmen zwei Geschäftsführer. Als CEO fungiert Elmar Hasler, der sein Architektur-Diplom und einen MBA an der FH in Liechtenstein erworben hat. Stefan Ruedl bringt sich als CFO ein. „Ich bin seit 32 Jahren bei Baumschlager Eberle, damals waren wir sechs Mitarbeiter“, berichtet Hasler im Gespräch mit Building Times und erläutert die diversen Namensänderungen und die AG-Gründung. Eigentlich firmiert das Büro unter „:be AG“, was dem Börsengang im August 2021 geschuldet ist.

Bei der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft sei es Dietmar Eberle, der schon über 70 gewesen sei, darum gegangen, die Nachfolge breiter zu fächern. „Und es wurden auch Aktien an Mitarbeiter:innen verteilt“. Weil aber auf die Dauer viele mit :be nicht viel anfangen konnten, wurde auch die Marke Baumschlager Eberle Architekten wieder eingeführt. Mit den beiden Namensgebern Carlo Baumschlager (70) und Dietmar Eberle (74) hat die heutige Firma kaum mehr etwas zu tun. Baumschlager schied 2010 aus dem Büro aus und gründete das Architekturbüro Baumschlager Hutter Partners mit Standorten in Dornbirn, München und Wien, sowie Heerbrugg, St. Gallen und Zürich, alle in der Schweiz. Eberle, der stets auch eine umfangreiche Lehrtätigkeit betrieben hat, z. B. in Hannover, Wien, Linz, Zürich, New York, Darmstadt und Hongkong, hat sich in den Aufsichtsrat der AG zurückgezogen. Seine Privatstiftung hält aber 47,68 Prozent der Aktien und betreibt gelegentlich so etwas wie Kurspflege.

16 Standorte, 300 Mitarbeiter:innen

„Derzeit betreiben wir 16 Standorte, die mit einer Ausnahme alle von Architekt:innen geführt werden“, berichtet Hasler, „mit rund 300 Mitarbeiter:innen aus 20 Nationen weltweit. Davon waren zu Jahresende 148 Frauen und 171 Männer, allerdings ist der Anteil der Frauen in den Führungsspitzen größer. Das ist eine bunte Truppe“. In den letzten drei Jahren sei die Zahl der Beschäftigten von rund 250 auf ca. 300 gewachsen. In der Regel sei jedes Büro kleiner als 25 Mitarbeiter:innen, lediglich Paris stelle eine Ausnahme dar. Wichtigste Märkte seien neben Frankreich die DACH-Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz. „In Asien herrscht politische Unsicherheit, das ist aber für uns nur ein Neben-Schauplatz“, schränkt der Geschäftsführer den Eindruck ein, den man beim Studium der Homepage bekommen könnte. Anfang März wurde das Hamburger Büro mit dem Architekten Justus Asselmeyer neu besetzt. Er hat sein Büro ruhend gelegt und nicht eingebracht, erläutert Hasler.
Das bei weitem bekannteste Werk von Baumschlager Eberle ist das Energie-autarke Gebäude 22•26 (siehe Seite 21), das seit seiner Entstehung auch Sitz der Gruppe ist. „Das ist ressourcen- und kostenschonend, da werden in Zukunft auch andere dem Thema folgen müssen. Derzeit sind wir noch in der Führungsposition“.

Baukrise bedingt Gewinnwarnung

Im Dezember des Vorjahres wurde die Jahresprognose 2023 angepasst, das heißt, zurückgenommen, denn schwierige Zeiten am Bau gehen auch an Baumschlager Eberle nicht spurlos vorüber: „Wie erwartet, wird die Betriebsleistung mit voraussichtlich 43,6 Mio. Euro (2022: 42,6 Mio. Euro) das Vorjahresniveau übertreffen. Allerdings wird das Konzernjahresergebnis (2022: 3,71 Mio. Euro) unter dem Vorjahreswert gesehen. Derzeit rechnet der Vorstand für 2023 nur noch mit einem operativen Ergebnis vor Steuern (EBT) von ca. 3,6 Mio. Euro; hierin war ein Sondereffekt von ca. 0,9 Mio. Euro aus (…) der Bewertung von Immobilien enthalten“, heißt es in der Mitteilung wörtlich. „2023 war wegen der bekannten Umstände relativ schwierig, weil sehr viele Projekte verschoben wurden. Heuer sieht es deutlich besser aus als im Vorjahr, wir sind aber nicht auf dem vor-23-Niveau“, stellt Hasler im Building Times-Gespräch fest. Auf eine Prognose bezüglich des operativen Ergebnisses lässt er sich verständlicherweise aber nicht ein.
Besser sieht es vor allem deshalb aus, „weil wir 2023 einen großen Wettbewerb in Deutschland gewonnen haben, ein Riesenprojekt, einen Industriebau mit Verwaltung, Mensa, Schulungszentrum, usw. Auch das neue Headquarter der Tschechischen Sparkasse in Prag läuft weiter und hebt die Stimmung. Beide haben ein Bauvolumen von jeweils 300 Millionen Euro bis 350 Millionen Euro“, ist der Geschäftsführer optimistisch.
Architekten-Wettbewerbe haben eine große Bedeutung für das Büro, mehr als 15 gewonnene pro Jahr reklamiert die Firma für sich, was Hasler bestätigt: „Architekten-Wettbewerbe sind eine unserer wichtigsten Akquisitions-Pipelines, die auch Aufträge einbringen“.
Als jüngste große Realisierungen nennt er demnach die Bank BNP Paribas Fortis in Brüssel mit rund 114.000 m² Bruttogeschoßfläche sowie vor zwei Jahren die Umnutzung des ehemaligen Hauptsitzes von Peugeot-Citroën in Paris, eines ikonischen Baus der 70er-Jahre im „international Style“ nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft.

Vom Wohnbau zum Bürobau

„Wir haben ursprünglich sehr viel Wohnbau gemacht, vor allem auch im Selbstbau, haben Großwohnbau gemacht, dann auf Bürobau erweitert und uns immer mit den Kosten und der Flexibilität beschäftigt“, beschreibt der Baumschlager Eberle-Geschäftsführer den Wandel der Arbeits-Inhalte. „Wir haben uns auch früh um Fassaden gekümmert und uns gefragt, wie Fassaden beschaffen sein müssen, um energieeffizient zu sein. Dabei geht es auch um den Lichteintrag, etc. Mitte, Ende der 90er-Jahre haben wir mechanische Gebäude-Lüftungen eingebaut, wollten aber nicht zu viel Technik ins Gebäude bringen. Wir haben eingesehen, zu viel Technik bringt nichts. 2014 haben wir ein Luxemburg ein Hochhaus für die Uni ohne mechanische Gebäude-Lüftung geplant – daraus wurde eigentlich 22•26“. Im Moment gäbe es viele „wichtige und liebste Projekte“ für ihn, von der Ideologie her sei es aber ganz klar 22•26, das sei ein Meilenstein. 500 bis 600 Projekte habe das Büro im Laufe seiner 39-jährigen Geschichte realisiert, aber ein Mehrfaches geplant, weil es sehr viele Studien gebe, die nicht gebaut werden. No-Gos gebe es nicht, weil das Büro auch schon Wettbewerbe für Gefängnisse gemacht habe, politische Bedenken aber sehr wohl: „Wir haben nicht vor, in Russland zu arbeiten. Und für ein Repräsentations-Gebäude für eine rechte Partei würde man uns gar nicht anfragen, denn wir sind Alltags-Architekten“, erklärt Elmar Hasler.
Architektur bedeute für ihn „das Schaffen von Lebensraum, der auch erschwinglich ist. Ansprechende Räume zu schaffen, Mehrwert zu schaffen: umweltgerecht, ressourcenschonend im Bau und im Unterhalt, mit lokal verhafteten Materialien und CO2-reduziert“. Wenn der Architekt Elmar Hasler nicht in Architektur denkt, dann geht er auf den Berg und Segeln, um „die magischen Kräfte der Natur zu fühlen“.