Lehmbau hofft auf Aufschwung

Am 24. März findet im Architekturzentrum Wien die Österreichische Lehmbautagung statt. Dort diskutieren die universitären Forschung und industriellen Praxis gemeinsam darüber wie man den Baustoff Lehm aus seinem Nischendasein befreit.

Das Aushubmaterial einer Baugrube besteht oft zu einem großen Teil aus Lehm, der ohne Probleme zu diversen Lehmbauprodukten verarbeitet werden könnte, so Mitorganisator TU Wien. Dass das bisher kaum passiert, liegt unter anderem an den rechtlichen Rahmenbedingungen: Lange Zeit galt der Aushub der Baugrube automatisch als Abfall und musste entsorgt werden. Nach einem EuGH-Urteil von Ende 2022 ist das nun nicht mehr so – das könnte den Aufschwung des Lehmbaus nun deutlich beschleunigen. An der TU Wien wird derzeit daran geforscht, wie man Lehm für moderne Bauprojekte am besten einsetzen könnte.

Bewährte Methode

„Lehm wird überall auf der Welt für Gebäude verwendet – und das seit Jahrtausenden“, sagt Andrea Rieger-Jandl vom Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege. Erst mit dem verstärkten Einsatz von Kohle sanken die Kosten für gebrannte Ziegel – und so setzte sich in unseren Breiten die Ziegelbauweise durch. „Zement ist in der Herstellung so CO2-intensiv, dass die Produktion für ungefähr 8% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist“, sagt Rieger-Jandl. „Bei der Erzeugung von Ziegeln versucht man heute, die CO2-Emissionen zu reduzieren – bei Beton ist klar, dass prinzipiell keine CO2-Neutralität erreicht werden kann.“

„Mittlerweile gibt es mobile Lehmverarbeitungsgeräte, mit denen man direkt vor Ort aus dem Aushub der Baugrube die nötigen Baumaterialien herstellen kann“, sagt Andrea Rieger-Jandl. Das sei ein potenzieller Game-Changer für die Bauindustrie: Beim Ausheben der Baugrube entfernt man zunächst einige Handbreit an fruchtbarem Humus – der lässt sich weiternutzen. Darunter befindet sich meist hauptsächlich Schotter und Lehm. Diesen Lehm könnte man dann mit passenden Geräten entweder zu Lehmziegeln pressen und dann ganz ähnlich verwenden wie gebrannte Ziegel. Derzeit sei diese Baumethode noch ungewöhnlich – aber wenn sie erstmals etabliert ist, könnte sie das Bauen deutlich billiger machen.

Änderung der Bauvorschriften nötig

Eine große Hürde für den Lehmbau ist heute allerdings noch die baubehördliche Bewilligung: „In Deutschland gibt es bereits gesetzliche Normen für Lehmbau, in Österreich derzeit noch nicht“, sagt Andrea Rieger-Jandl. Das neue EuGH-Urteil könnte Reformen in dieser Richtung nun deutlich beschleunigen. Wenn das geschieht, könnte Lehmbau allerdings zur großen Erfolgsgeschichte werden, ist Rieger-Jandl überzeugt. Was in früheren Jahrhunderten die Billig-Alternative für Menschen war, die sich keine gebrannten Ziegel leisten konnten, wird so möglicherweise zur Baumethode der Zukunft, die höchsten Wohnkomfort ermöglicht und dabei auch noch die Umwelt schont.