Grünes Gas als Sparbüchse?

Grünes Gas als Erdgas-Alternative könnte Österreichs Haushalten 80 Milliarden Euro sparen, so die Allianz Grünes Gas. Sie fordert daher den raschen Ausbau. Umweltschützer zweifeln.

„Die Absichten der Politik für die Energiewende sind nachvollziehbar, aber nicht zu Ende gedacht“, sagt die Ökonomin Anna Kleissner, Geschäftsführerin der Econmove GmbH. Gemeint ist damit der Ausstieg aus Erdgas als Energieträger – ein Riesending. Mehr als eine Million Gasheizungen halten derzeit Häuser, Wohnungen und Gewerbebetriebe in Österreich warm. Wenn es nach dem Bestreben von Teilen der Politik geht, sollen intakte Gasheizungen demontiert werden. Das sei die Vernichtung von Privat-, Betriebs- und damit Volksvermögen und komme einer Enteignung mit unvermeidlichen Folgekosten gleich, so die Allianz Grünes Gas.
„Der Tausch der Heizungen und vor allem der damit verbundene notwendige Umbau der Häuser und Wohnungen kostet mindestens 80 Milliarden Euro“, wie Kleissner in einer Studie errechnet hat. Wird die Teuerung der kommenden Jahre eingepreist, spricht sie sogar von bis zu 100 Milliarden Euro. Das sind ab sofort bis 2040 jedes Jahr Belastungen von jedenfalls fünf Milliarden Euro.

Installateuer mit an Bord

Um das zu vermeiden, rät Kleissner zur Beibehaltung von gasbetriebenen Heizsystemen in Kombination mit dem flächendeckenden Umstieg auf Grünes Gas. Dafür macht sich die Allianz für Grünes Gas, ein Zusammenschluss von Energieversorgern, Hausverwaltungen, Installationsbetrieben und Unternehmen der Branche, stark. Sie pocht auf den raschen Ausbau von Grünem Gas in Österreich, damit bestehende Heizsysteme erhalten werden können und die nächsten finanziellen Belastungen für Österreichs Haushalte ausbleiben. „Wir brauchen keine neuen Heizungen, sondern den erneuerbaren Brennstoff aus Österreich“, argumentiert auch Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker.

Grün-Gas-Potenzial vorhanden

Das Potenzial für Biomethan in Österreich beträgt bis zu vier Milliarden Kubikmeter und für österreichischen Grünen Wasserstoff mehr als 1,5 Milliarden Kubikmeter im Jahr. Mit diesen Mengen könne der Bedarf der Gasheizungen in Österreich von rund 1,6 Milliarden Kubikmetern problemlos gedeckt werden.
Deshalb fordert die Allianz für Grünes Gas die Politik auf, den Ausbau von Grünem Gas im Sinne aller österreichischen Gaskonsumentinnen und Gaskonsumenten im privaten, gewerblichen und industriellen Bereich zu beginnen und rasch voranzutreiben.

Hohe laufende Kosten

Die Umweltorganisation Global 2000 weist die heute im Umlauf gebrachten Berechnungen als unseriös zurück. „Bei einer gesamthaften Betrachtung erweist es sich als günstiger auf andere klimafreundliche Alternativen zu setzen, als auf erneuerbares Gas“, erklärt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000 und fügt hinzu: „Die laufenden Kosten bei erneuerbarem Gas sind um ein vielfaches höher als bei Fernwärme, Wärmepumpen oder Biomasse, weshalb sich die höheren Anfangsinvestitionen in klimafreundliche Alternativen mit der Zeit rentieren“, so Wahlmüller.

Weiters würde die Allianz für grünes Gas die Tatsache ignorieren, dass die Potenziale gar nicht vorhanden sind, um mit erneuerbarem Gas zu heizen und gleichzeitig die Nachfrage der Industrie und der Energiewirtschaft zu decken. Derzeit beträgt die Einspeisung von Biogas ins Gasnetz 0,14 TWh, selbst bei einer Verhundertfachung, wie sie die Energieagentur bis 2030 für möglich hält, wäre das eine Einspeisung von 14 TWh, bei einem aktuellen Verbrauch von 89 TWh. Damit wären nur rund 16 % des Gasbedarfs abgedeckt. „Wir fordern die Gasindustrie dazu auf, die Märchenstunde zu beenden und klimafreundliche Lösungen für eine saubere und sichere Wärmeversorgung nicht länger zu blockieren“, appelliert Wahlmüller.