Holz fordert

Dass der Holzbau an Raum gewinnt, lässt sich nicht übersehen. Für alle Beteiligten ist die Bauweise aber wesentlich anspruchsvoller als der mineralische Bau. Fehlerhafte Installationen killen Werte.

„Wir lassen eigentlich immer die erste Installation herausreißen, dann merken die Professionisten erst, dass es einen Plan gibt“, erklärte der Grazer Architekt Werner Nussmüller, der seit Jahrzehnten Holzbauten plant und mit dem sozialen Wohnbau in der Grazer Max-Mell-Allee jüngst erst wieder ein Meisterstück abgeliefert hat, kürzlich bei einer Fachveranstaltung über „Konstruktiven Holzschutz“ an der TU Graz. Der Experte spricht damit gleich mehrere Herausforderungen des Holzbaus an: Einerseits, dass der Holzbau eine wesentlich genauere Planung erfordert als der mineralische Bau, andererseits „ein ganz anderes Planen mit Haustechnikern, Brandschützern und Statikern.“ Auch der Architekt Karlheinz Boiger, Partner bei Hohensinn Architektur, findet, dass „Elektriker und Haustechniker noch nicht auf den Holzbau eingestellt sind.“

Auch Birgit Schauer von der Genossenschaft Ennstal/Wohnbaugruppe, einer der größten gemeinnützigen Bauträger in Österreich, sieht ein Problem: „Wir lassen Zeit liegen, weil die beauftragten Firmen noch einmal alles umzeichnen“, sagt sie. Womit die Anfertigung der Werkzeichnungen gemeint ist, welche der Holzbauer für seine Vorfertigung erstellt. Was nichts anderes bedeute, als dass ein Techniker der Holzbaufirma parallel zur Architektenplanung nochmals die gleiche Zeit aufwenden müsse, weil die Fachplaner diese Detailliertheit nicht kennen.

„Die größte Herausforderung momentan ist das Zusammenfinden von Installateuren, Elektrikern, Wasserleitungen und Lüftungsanlagen“, präzisiert auch Hans Harrer von Strobl Holzbau. Denn die Leitungen „irgendwie verlegen, wo halt Platz ist, oder Mauern aufschremmen“ geht beim Holzbau nicht. Da werden Leitungen entweder in einem eigenen Schacht geführt oder an der Nicht-Sicht-Seite der Brettsperrholz-Wand eingefräst und die Aus- und Durchlässe vorgebohrt, oder schließlich von der Decke abgehängt. Nussmüller dazu: „Wenn es von oben tropft, merkt man den Schaden sofort.“ Die gleichen Themen habe übrigens der mineralische Bau auch, ergänzt der gelernte Zimmermeister, allerdings falle bei einem Wasserschaden in einem Massivbau „der Putz erst nach einem Jahr ab“.

Wasser sei nach wie vor ein Problem beim Holzbau, hält denn auch Schauer fest, die einschlägige nasse Erfahrungen hat, wie Ennstal-Vorstandsvorsitzender Wolfram Sacherer bestätigt: Bei einem Holz-Wohnbau mit neun Wohnungen in Kindberg, der im Oktober des Vorjahres übergeben werden sollte, sind vor der Übergabe über ein Wochenende rund 30 Kubikmeter Wasser ausgetreten. Und das im obersten Geschoß, was laut Sacherer einen „Totalschaden“ verursacht hat. Schuld daran war ein „Anschlussproblem“ eines Installateurs. Die Sanierung des Baus dauerte ganze acht Monate. Ein ähnliches Problem mit weniger gravierenden Folgen, aber dem gleichen Urheber, einem Installateur, hat es auch in der schon zitierten Max-Mell-Allee gegeben. „Wenn Holz einmal nass wird, trocknet es rasch wieder aus“, beruhigt Holzbauer Harrer, der auch die weiter steigenden Anforderungen benennt: „Lüftungsanlagen transportieren auch Wärme, Feuchtigkeit und Kondensat, Klimaanlagen fahren mit Über- und Unterdruck. Das spüren Mineral-Bauer auch, aber der Baustoff Holz ist hier sensibler.“ Die Anforderungen steigen permanent, und die Haustechnik werde durch das Energiesparen noch aufwendiger. „Steckdosen, Funkdosen, Antennendosen, Computerdosen und WLAN – in den letzten zehn Jahren haben sich die Kabellängen verfünffacht“, so Harrer. Lösungen wären, wieder mehr auf Putz zu verlegen, Schächte von der Decke nach unten zu ziehen sowie „Leitungen, die Herausforderungen der Zukunft“ zu bündeln und zu reduzieren.

„Wir sollten Systeme entwickeln, welche die vorhandenen Probleme im Holzbau lösen“, fordert Genossenschafts-Vertreterin Schauer, doch die gibt es zum Großteil bereits: „Wir arbeiten bei Installationen mit Fertigelementen“, sagt beispielsweise Architekt Nussmüller, der auch „Opferbretter“ im Sockelbereich nennt, oder Rinnen zwischen Wand und Vorsatzschale. Für Genossenschaften sind das aber alles Kosten-Themen, weshalb sie unter anderem auch darauf verweisen, dass ein Schacht, der alle Leitungen aufnehme, in großen Wohnungen zwei Quadratmeter brauche, die nicht förderfähig seien. Deshalb würden wasserführende Leitungen in Zwischenwände verlegt, so Schauer. Schließlich wird Holzbau-Vordenker Werner Nussmüller zum gelegentlich angesprochenen Thema der Vergrauung von Holzfassaden mit dem Hinweis auf 300 Jahre alpine Stadeln geradezu philosophisch: „Muss ich Holz überhaupt schützen? Wie altern wir, wie altert das Holz? Antwort: Wir haben Angst vor dem alten Gesicht.“