Teure CO²- Reduktion

Die Wege zu Energiesystemen, die drastisch weniger Treibhausgase produzieren, sind kompliziert und auch sehr, sehr teuer. Speichersysteme gewinnen auf diesem Weg große Bedeutung.

Wenn man über die Erreichung der Klimaziele nachdenkt, ist es hilfreich, die derzeitige Situation zu kennen. Für etwas Klarheit hat Hans-Martin Henning, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), kürzlich in seinem Vortrag auf der ISEC in Graz gesorgt. Er stellte fest, dass der Gebäudesektor 2016 mit knapp 600 Millionen Tonnen CO²-Äquivalent in Europa (EU-28 plus Norwegen, Island und Liechtenstein) die Nummer 4 der CO²-Emittenten ist – hinter Stromerzeugung und Fernwärme, Verkehr und Industrie.

Was also tun für den Klimaschutz? In einer breit angelegten Studie hat Fraunhofer nachgewiesen, dass künftig nicht nur hocheffiziente Stromerzeugungsanlagen, sondern auch Power-to-Gas, Power-to-Liquid, Power-to-Heat und Wasserstoff bedeutende Rollen spielen müssen. Dazu gehört auch, dass die Kapazität der Solarthermie bis 2050 um das Sieben- bis Zwölffache erhöht werden muss, um die Klimaziele zu erreichen. 85 Prozent erneuerbare Energien bis 2050 seien machbar, allerdings solle man, warnt Henning, den Gebäudebereich nicht isoliert betrachten. Auch sollte das Motto lauten „zentral und dezentral, also beides zusammen und nicht entweder/oder.“ „Business as usual“ würde eine drastische Verfehlung der CO²-Ziele bis 2050 bedeuten, so Henning. Und immerhin mehr als 4.000 Billionen Euro kosten. Noch deutlich höher sind die kumulierten Kosten zur Erreichung der Klimaziele bis 2050: Etwas mehr als 4.000 Billionen Euro müssten in „hocheffiziente Anlagen“ fließen, rund 7.000 Billionen Euro in „Power-to-Gas und Power-to-Liquid“ und etwas mehr als 6.000 Billionen Euro für „Wasserstoff“. Anders ausgedrückt: Zwischen 0,5 Prozent und 2,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Dass dieser Wert für Österreich wesentlich anders sein sollte, ist nicht anzunehmen. Und das alles funktioniert auch nur dann, wenn die Speicherung großflächig ausgebaut wird – dezentral und zentral. Weshalb innerhalb weniger Tage nicht nur die Speichertagung des PVA stattfand, sondern auf Einladung des Energienetzwerkes Steiermark auch die Veranstaltung „Energiespeicher – Technologien für die Energiewende“. Auch die Grazer ISECTagung war zu einem erheblichen Teil der Speicherung gewidmet.

Markt im Stop-and-go-Rhythmus

Der österreichische Stromspeicher-Markt bewege sich „ein bisschen im Stop-and-go-Rhythmus wegen der Fördertermine“, charakterisiert Robert Fischer, Energie- und Serviceberater bei der Varta Storage GmbH Österreich, die aktuelle Situation. Es gebe ein ziemliches Auf und Ab im Heimspeicher-Markt, so Fischer. Was der Entwicklung nicht entgegenkomme, seien der im Vergleich zu Deutschland in Österreich relativ niedrige Strompreis und die teils unklaren Installationsbedingungen. „Das werden die neuen OIB-Richtlinien aber regeln“, so Fischer. Für den österreichischen Markt gebe es keine belastbaren Gesamtzahlen, „wenn man aber die Angaben der diversen Hersteller über ihre Stückzahlen hernimmt, dann müssten es Tausende Heimspeicher sein“, gibt sich Fischer skeptisch. „Ich schätze rund 1.000 Stück, vielleicht auch 1.300 – aber nochmals, das ist eine Schätzung von mir und auch nicht belastbar“, betont Fischer. Bis August habe Varta heuer gut 250 Stromspeicher, ausschließlich Lithium-basiert, in Österreich verkauft, ob es eine Jahresende-Rallye geben werde, sei noch offen. „Wenn wir 300 Stück erreichen, sind wir recht glücklich.“ Am stärksten gefragt seien für Einfamilienhäuser 6-kWh-Speicher, die als Standard-Installation (plug and play) vom Elektriker zwischen 8.000 Euro und 8.300 Euro (inkl. Mwst.) kosten. „In letzter Zeit zeigt sich ein bisschen die Tendenz zu größeren Speichern, vor allem dann, wenn E-Mobilität im Spiel ist. Insgesamt zeigt sich ein deutlicher Aufwärtstrend: Im Vorjahr haben wir um rund 50 Prozent zugelegt, heuer sollten es mehr als 30 Prozent sein“, fasst Fischer seine Sicht des Marktes zusammen.

Salzwasser-Stromspeicher im Kommen

Während in E-Mobilen ausschließlich Lithium-Ionen Batterien verwendet werden, ist das bei Heim- und Gewerbespeichern nicht ganz so. Jedenfalls sprechen die Verkaufszahlen der Greenrock Salzwasser-Stromspeicher von BlueSky Energy in Vöcklamarkt (OÖ) und Hopfgarten (T) dafür: „Wir haben bisher 300 Greenrock-Anlagen installiert, davon gut die Hälfte heuer. Jetzt zieht das Geschäft definitiv an“, berichtet Geschäftsführer Helmut Mayer. „Wir sind auf einem guten Kurs, die Verkaufszahlen gehen stabil nach oben“, sagt er und verweist auf „ca. 100 Partner in der D-A-CH-Region. Wir fokussieren uns auf die Salzwasser-Technologie, waren mit Heimspeichern Ende 2016 als Erste auf dem Markt und sind jetzt die Ersten mit Gewerbespeichern. Seit eineinhalb Jahren haben wir schon große Speicher im Einsatz, in Landwirtschafts- und Gewerbebetrieben beispielsweise, aber auch in einer Schule in der Schweiz. Dort steht die Sicherheit an erster Stelle, weil Salzwasser-Speicher nicht brennen können, im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Speichern.“

Überall dort, wo die Sicherheit an erster Stelle stehe, gebe es Greenrock-Installationen: „In ganz Europa, in Afrika und sogar in China“, sagt der Geschäftsführer von BlueSky Energy und räumt auch unverblümt die Schwächen der Salzwasser-Technologie ein: „Die Speicher sind größer und schwerer und haben nicht die hohe Energiedichte wie Lithium-Ionen-Batterien. Allerdings“, wendet Mayer ein, „liegen 83 Prozent der Lastströme unter einem Kilowatt.“ Inklusive eines Energiemanagements liefere BluSky Energy „anschlussfertige Lösungen“. Zu interessanten Preisen: So lägen die Kosten bei rund 900 Euro pro kWh für Anlagen mit 15 kWh bis 20 kWh und bei ca. 650 Euro bis 700 Euro pro kWh für gewerbliche Anlagen
zwischen 30 kWh und 270 kWh.

Hybride Speicherung

Im EU-Forschungsprojekt Scores soll unter anderem die „Steigerung des Eigenverbrauchs erneuerbarer Energien mit Hilfe eines flexiblen, hybriden Energiespeichersystems“ erreicht werden. Rebekka Köll, die bei der AEE Intec das Projekt betreut und jüngst erst mit dem ACR Woman Award ausgezeichnet wurde, beschreibt für Building Times den Stand der Forschungsarbeiten: „Ziel des Projektes ist es, das gesamte Energiesystem eines Gebäudes, also Strom und Wärme, zu testen und mithilfe eines hybriden Speichersystems den Eigenverbrauch deutlich zu steigern, um eine Energie- und somit auch Kosteneinsparung aus dem Netz zu erzielen.“ Kernstück des hybriden Speichers sei der CLC-Speicher, von dem gerade verschiedene Prototypen im kleinen Maßstab in den Niederlanden getestet und analysiert würden, um das beste Design zu bestimmen. Parallel dazu laufe das Design des gesamten Gebäude-Energiesystems, also die Auslegung der Systemkomponenten wie PV-Anlage, Batterien, Pufferspeicher, Wärmepumpen und CLC, die hydraulische und elektrische
Verschaltung der Komponenten und die messtechnische Planung. „Das System wird in zwei verschiedenen Demonstrationen getestet: Einerseits in einem Mehrfamilienhaus in Agen in Frankreich für südeuropäisches Klima und andererseits bei einem Büro-/Reihenhaus in Gleisdorf für mitteleuropäisches Klima. Die Demonstrationsphase ist für 2020 geplant. Eine optimale Regelung des Energiesystems des Gebäudes übernimmt das ‚Building Energy Management System‘ von Siemens. Ziel ist neben der Erhöhung des Eigenverbrauchs auch, die Flexibilität für das Netz durch ‚Peak Shaving‘ zu verbessern. Dafür wird eine prädikative Regelung entwickelt, die flexible Preisstrukturen berücksichtigt und damit Kosteneinsparungen für den Endkunden erzielt und dem Netzbetreiber einen kostenintensiven Netzausbau erspart“, beschreibt Köll das Projekt Scores.

Heißwasser-Pumpspeicherkraftwerk

Die Idee ist so einfach wie bestechend: An der TU Graz hat ein Team um den Doktoranden Franz Georg Pikl am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft ein System entwickelt, in welchem die bewährte Pumpspeichertechnologie mit der thermischen Energiespeicherung gekoppelt wird. Konkret sollen unterirdische Pumpspeicher mit erneuerbaren Energien von Wärmetauschern auf bis zu 90 Grad erwärmt werden. Sie speichern damit nicht nur das Wasser, das hochgepumpt wird, sondern auch die Wärme, die bei Bedarf über Fernwärmeleitungen geliefert wird. Ergänzt wird das Konzept um Fernkälte. „Technische und energiewirtschaftliche Machbarkeitsstudien attestieren diesem hybriden Speicherkonzept eine hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit“, sagt die TU Graz und spricht von Wirkungsgraden von jeweils rund 80 Prozent sowohl für die elektrische als auch die thermische Energiespeicherung.