Strom zum Strom

Die Digitalisierung und steigender Komfort machen die Elektrik zum Fixstarter in Bad, Klo und Heizraum. Die Zuwächse bei der Wärmepumpe verstärken den Trend zur Elektrifizierung, aber auch die Biomasse ist durch das Tal und wieder am Wachsen.

Digitalisierung, Fachkräftemangel, die Reduktion von Schnittstellen und da und dort auch die von der neuen Regierung in Aussicht gestellte Klima- und Energiestrategie. Das waren die großen Themen, die nahezu alle der mehr als 800 auf der Energiesparmesse vertretenen Aussteller beschäftigen. Während bei den politischen Vorhaben wenig Konkretes am Tisch liegt, sind die Digitalität, das gewerkeübergreifende Denken und fehlende Arbeitskräfte in zahlreichen Produkten und Lösungen angekommen. Was zählt, ist neben hohem Komfort die einfache, rasche und friktionsfreie Verarbeitung. Uponor etwa präsentierte die Heiz- und Kühldecke Varicool Eco S, die per Klickmontage in eine herkömmliche Deckunterkonstruktion eingehängt wird. Erst wenn die Rohre fixiert sind, schreitet der Trockenbauer mit der Beplankung. „Damit erzielen wir eine komplette Gewerketrennung, jeder der Handwerker hat klare Aufgaben“, erklärt der Geschäftsführer von Uponor Österreich, Rudolf Donner. Umgekehrt hat sein Unternehmen seit Kurzem auch eine Lösung im Portfolio, die Gewerke zusammenführt. Gemeinsam mit dem Lüftungsunternehmen Pluggit wurde eine Komforttemperierung für den gehobenen Wohnbau entwickelt. Dabei dienen in die Fußbodenheizung integrierte Paneele als Nachheizregister für die Wohnraumlüftung.

Für ein Urinal, das eine einfache Reinigung sowie die Wartung ohne Demontage ermöglicht, hat wiederum Geberit einen von den erstmals in Wels vergebenen Blue Awards erhalten. Muss das Urinal gewartet werden, kann die Silkonfuge im Normalfall unberührt bleiben, da sowohl die Steuerung als auch die Entwässerung einfach zugänglich sind. Geberit ist übrigens auch der erste europäische Hersteller, der das Dusch-WC via App zum smarten Klo macht: Für die Modelle Mara und Tuma steht eine App bereit, mit der man die persönlichen Einstellungen, wie Duschstrahlstärke, WC-Sitzheizung, Geruchsabsaugung und Föhn einstellen und abrufen kann. Apropos Sitzheizung: In der Comfortvariante des Modells Mera aktiviert sich die Sitzheizung, sobald der Nutzer sich nähert. Weiters im Portfolio sind automatisch öffnende WC-Deckel und Licht in sieben Farbtönen, was zeigt, das inzwischen auch beim stillen Ort ohne Strom nichts mehr geht. 

Wobei die elektrische Energie in Wels ganz generell sichtbar an Stellenwert gewonnen hat. Das offenbarte sich schon auf dem Parkplatz vor der Halle 21, wo Ladesäulen für 30 Strom-
boliden installiert waren. Auch beim Presseevent zur Eröffnung war der Strom präsent – dort aber eher als ungeliebter Gast. „Europa möchte Kohle und Atomenergie eliminieren und forciert Fernwärme und Strom, das ist für uns nicht lustig“, gibt Christian Rubin, Vorsitzender der Vereinigung Österr. Kessellieferanten (VÖK), offen zu.  Nachdem Österreich sehr zersiedelt ist, würde das bedeuten, dass rund zwei Millionen Einfamilienhäuser im ländlichen Raum künftig mit strombasierten Wärmesystemen beheizt werden müssten, da Fernwärme dort oft nicht rentabel eingesetzt werden kann. Das sei aus der Sicht von Rubin nicht sinnvoll, da in den Wintermonaten jetzt schon nur 20-40% des heimischen Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Das Credo der Kesselhersteller lautet deshalb: Die Vielfalt der Gebäude erfordert eine Vielfalt der Haustechnik, um Energie optimal zu nutzen. Jeder Bürger sollte für sein Haus die optimale Lösung wählen dürfen, weshalb man einen technologieoffenen Ansatz bevorzugt. Ob der künftig kommt, ist nicht absehbar. „Bislang liegen keine konkreten Vorschläge für die neue Energie- und Klimastrategie auf dem Tisch“, sagt dazu Reinhard Scheuchl, Obmann des Verbands der Installations-Zulieferindustrie (VIZ). Wenig zuversichtlich ist auch der Innungsmeister der Installateure, Mathias Mattes. „Über die letzten zwei Klimastrategien habe ich mich geärgert, es gab nie ein Konzept für ganz Österreich“, sagt er.  Kurz & Co haben also die Möglichkeit, es künftig besser zu machen.

Land am Strome

Dass der Strom künftig eine stärkere Rolle spielen wird, zeigen auch die Marktzahlen 2017. Die positive Wirtschaftsentwicklung hat der Branche ein Plus von 4% für den Gesamtmarkt der Heizsysteme (ohne Fernwärmeanschlüsse) gebracht. Erneut legte die Heizungswärmepumpe mit einem Plus von 14 Prozent auf 18.400 Stück am meisten zu. Noch mehr, nämlich 18.994 Stück, zählte der Verband Wärmepumpe Austria – was nebenbei zeigt, dass das Zählen mitunter kompliziert ist. Ein Minus von einem Prozent mussten die Hersteller von Gasgeräten hinnehmen, sie verkauften aber immerhin 48.500 Geräte. Anhaltend konstant mit einem Plus von 2% liegen die von der Öllobby massiv geförderten Ölkessel, von denen 5.050 Einheiten abgesetzt wurden. 

Der doch wieder deutlich gestiegene Ölpreis hat auch den vorwiegend heimischen Herstellern von Holzkesseln wieder Aufwind beschert. 5.600 Pelletkessel bedeuten ein Plus von 18%, von den 2.400 Hackgutkesseln konnten die kleineren Leistungen ein Plus von 9%, die über 100 kW ein Plus von 27% erzielen. Stückholz ist mit minus 3% leicht rückläufig, aber mit 3.600 Kesseln ein gut etabliertes Segment.

Fast schon traditionell ein Minus setzte es für thermische Solaranlagen für die Warmwassererzeugung – sie verloren 6%, die Brauchwasserwärmepumpen legten dagegen um 4% auf fast 6000 Stück zu. Bislang gar nicht gezählt werden übrigens Infrarotheizungen, obwohl diese Systeme neben Einfamilienhäusern zunehmend auch im Objektbereich zum Einsatz kommen.

Betrachtet man das Segment Wärmepumpe mit der Europabrille, wird deutlich, dass noch enormes Wachstums- und Verdrängungspotenzial vorhanden ist. In Norwegen heizen 33 von 1000 Haushalten mit einer Wärmepumpe, in Finnland 23, in Dänemark fast 12. In Österreich sind es gerade 6 und in Deutschland 2. Allein 2016 wurden europaweit übrigens über eine Million Wärmepumpen installiert. Österreich trägt dazu auch seinen Teil bei: Von den 2017 insgesamt hierzulande abgesetzten 36.446 Stück wurden gut 31 Prozent exportiert.

Trotz dieser sehr guten Bilanz hat aber natürlich auch der Verbandsobmann von Wärmepumpe Austria, Richard Freimüller, seine Sorgen. Wenn sich die EU nicht durchringt, die Kältemittel-Gesetzgebung mit ihren strengen Richtwerten um vier Jahre zu verschieben, würden mehr als 70% der heute zum Einbau verfügbaren Wärmepumpen wegfallen, warnt der Lobbyist. Knackpunkt ist hier das Global Warming Potenial (GWP) der Kältemittel, das gesenkt werden soll.

Jammern und begehren

Ein häufig artikuliertes Faktum ist der Fachkräftemangel. Wie eine Erhebung der WKÖ zeigt, bezeichnen über 70% der Unternehmen diesen als gravierendes Problem – auch bei Installateuren. Um dem zu begegnen, wurde im Zuge der Einführung der Dachmarke „Österreichische Installateure“ das Portal www.meinelehre.at geschaffen. Dort werden das Berufsbild und dessen Entwicklungsmöglichkeiten dargestellt, künftig sollen noch Maßnahmen zur Imageverbesserung folgen, um den Nachwuchs zu sichern. Die Personallücke ändert freilich nichts daran, dass die Interessensvertretung gemeinsam mit dem Großhandel und führenden Unternehmen nach mehr Arbeit strebt. Nichts anderes ist der Wunsch zur Anhebung der Sanierungsrate, die derzeit unter 1% liegt. Um die rund 600.000 alten Heizkessel in Österreich zu tauschen, wurde das „Zukunftsforum SHL“ ins Leben gerufen, das helfen soll, die Heizungssanierungsrate zu pushen. Über 500 Installateure haben sich bislang als Sanierungsberater registriert – weitere sollen in Road-Shows angeworben werden.

Ob all das das wirkt, wird sich zeigen, haben die Kesselfirmen doch in der Vergangenheit recht robuste Heizmaschinen gebaut, womit sich eine Erneuerung nicht zwingend aufdrängt. Das zeigt sich auch in den Zahlen. „Der Aufschwung der Wärmeerzeuger hat mit Ausnahme der Wärmepumpe nicht stattgefunden“, konstatiert dazu passend Peter Huber, Geschäftsführer von Viessmann Österreich. Sein Unternehmen hat, wie auch in den Vorjahren, ein zweistelliges Umsatzwachstum erzielt und bei Gasbrennern und Wärmepumpen Marktanteile hinzugewonnen, wie Huber ausführt. Selbst in der Solarthermie, wo das Geschäft erneut heftig geschrumpft ist, hat Viessmann zugelegt. Ausschlaggebend dafür waren Projekte im mehrgeschossigen Wohnbau mit Kollektorflächen zwischen 70 und 120 m². Als „Faktum“ sieht Huber die Verschmelzung zwischen Heizung und Elektrizität mit Photovoltaik, Speichern und der Brennstoffzelle, die hierzulande viel Beratung und wenig Geschäft mit sich bringt. In Deutschland ist Strom deutlich teurer und Erdgas billiger, womit die Rahmenbedingungen für die Brennstoffzelle besser sind.

Zum 100-Jahr-Jubiläum hat sich Viessmann einen Modernisierungsschub verpasst und den digitalen Anschluss forciert. Inzwischen sind auch hierzulande rund 4.500 Heizkessel online steuerbar.  Viele der neuen Wärmepumpen seien auch Smart-Grid-ready, das heißt, sie können Strom dann von Netz nehmen, wenn der Versorger Überschüsse hat und zur Entlastung des Netzes Abnehmer sucht. Der Wermutstropfen dabei: Die meisten Energieversorger verzögern die Installation der Smart Meter, die es aber braucht, um diese Preisvorteile überhaupt zu generieren. Insgesamt ist Hubers Ausblick für 2018 klar positiv, weil der Auftragsbestand sehr gut sei.

Ganz ähnlich sieht das der Eigentümer der Herz-Gruppe, Gerhard Glinzerer. Bei mittleren und großen Biomasse-Anlagen laufe das Geschäft recht gut. Zuletzt sei es gelungen, sich mit Armaturen und Strangregulierventilen im Mittleren Osten im Bereich der Kühlung gut zu positionieren, sagt der Herz-Chef und zeigt damit auch, dass seine Gruppe global denkt. Ganz nebenbei gibt er zu Protokoll, dass früher oder später mit einer CO2-Steuer zu rechnen sei.