Elektrisierende Dachintegration

Der Ziegel- und Rohrhersteller Wienerberger bietet künftig Photovoltaik-Lösungen als Dachziegelersatz. Ein Feld, auf dem sich einige andere Anbieter auch fit fühlen.

Wienerberger wird ab 2022 den exklusiven Vertrieb der Building Integrated Photovoltaic (BIPV) Systeme von Exasun (the X-Tile and the X-Roof) für Europa übernehmen. „Mit dieser Partnerschaft bietet sich für Wienerberger die Gelegenheit, durch die Erweiterung des Produktportfolios im Dachsegment den Lösungsanteil an der Gebäudehülle auszubauen“, so Wienerberger-Chef Heimo Scheuch.

Exasun ist ein niederländischer Hersteller von gebäudeintegrierten Glas-Glas Photovoltaiksystemen. In den letzten Jahren hat Exasun seine Produktionslinie in Den Haag in enger Zusammenarbeit mit Lieferanten, Forschungseinrichtungen und Maschinenbauern entwickelt. Das Unternehmen bietet mit X-roof eine Lösung für alle Arten von Dacheindeckungen und mit X-Tile ein System, das in Größe und Design verschiedenen Dachziegelmodellen entspricht. Zuletzt hatte Wienerberger France bereits gemeinsam mit Exasun eine Photovoltaik-Lösung entwickelt, die sich mit den bestehenden Wienerberger Actua Dachziegeln kombinieren lässt. Die Markteinführung in Frankreich ist für Q1 2022 geplant. In Holland ist man schon weiter: Dort ist seit Mitte des Jahres mit dem Alegra 10 Wevolt Solardachziegel die erste eigene Photovoltaik-Lösung verfügbar. Die Partnerschaft mit Exasun soll künftig dazu beitragen, dass das Lösungsportfolio und Dachgeschäft von Wienerberger in den Niederlanden und in einem zweiten Schritt auch in anderen europäischen Ländern konsequent weiter ausgebaut wird.

Schweizer Anpassungsfähigkeit

Schon länger als Exosun im Geschäft ist der Schweizer Solarhersteller Megasol. Bereits 2009 wurde der erste von Megasol entwickelte Solarziegel in Zusammenarbeit mit einer Ziegelei lanciert. Dieser bestand aus einem Tonziegel, in welchem ein Solarpanel eingelegt war. Auf der Swissbau im Jahr 2020 präsentierte der Hersteller seine jüngste Entwicklung, die sich „Match“ nennt. Das ist ein Solarziegel aus einem Glas-Glas Solarmodul, ohne Aluminium und Kunststoff, der sich nahtlos in bestehende Dachlandschaften einfügen soll und dafür mit einem Red Dot Design Award belohnt wurde.

Einer der großen Vorteile des Photovoltaik Indachsystems aus der Schweiz bestehe darin, dass „Match“ immer passt, so der Hersteller. Um dem Thema mit den vielen unterschiedlichen Formaten bei Dachziegeln Herr zu werden, teilt Megasol die gängigsten Ziegel in Ziegeltypen ein. Pro Ziegeltyp bietet Megasol ein bis drei Standardformate an, die sich beliebig kombinieren lassen. Damit erreicht der Hersteller eigenen Angaben zufolge, dass „Match“ mit einer sehr breiten Palette an Dachziegeln kompatibel ist. Das heißt, dass ein Solarpanel ohne weitere Anpassungen Ziegel in einem bestehenden Ziegeldach ersetzen kann.

Aus den Weiten Kanadas

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der kanadische Hersteller Solarmass Energy Group Ltd. mit dem Produkt Ergosun. Als Basis für seine Photovoltaik-Ziegel verwendet Solarmass flache, schnell zu montierende Betondachsteine. Darin integriert sind ein Solar-PV-Modul, eine Anschlussdose sowie Steckverbinder für den einfachen Systemanschluss.

Bauherren benötigen somit weder zusätzliche Stützsysteme oder Rahmen, noch muss im Dachstuhl gebohrt werden. Stattdessen werden die Solarziegel per Schrauben oder Nägel mit dem Dachgerüst verbunden. Im Anschluss erfolgt die Anbindung in Serienschaltung über MC4-Steckverbinder.

Kioto und Eternit haben es auch

Ganz neu ist die Idee der dachintegrierten Stromgewinnung freilich nicht. Bereits 2017 lieferte die österreichische Kioto-Gruppe für ein Hotel in Dänemark 5.000 Photovoltaik-Dachziegel zur Stromversorgung des Tagungszentrums. Die Anlage hat 180 kWp Leistung und versorgt das Hotel seit dem Sommer des Vorjahres mit Strom. Natürlich hat Kioto den Anspruch, möglichst viel Dachfläche mit PV zu bestücken, weshalb es für Randbereiche bzw. neben Schornsteinen und Dachflächenfenstern ein kleineres Format bzw. Randbleche gibt.

Ebenfalls schon seit geraumer Zeit bietet Eternit mit dem System sunskin Glas-Glas-Module, die sich nahtlos in ein Eternitdach einfügen lassen. Die Module stammen aus heimsicher Fertigung und sind sturm- und hagelsicher, wie betont wird. Die PV-Module halten einer Schneelast von 13 kN/m² stand, sind frostfest und in Dächer mit einer Neigung zwischen 15° bis zu 60° integrierbar. Und, was vermutlich die Handwerker freut, die Platten sollen ohne Werkzeug verlegbar sein.