Unterirdisch

Im und unter dem Innenministerium soll ab Ende 2022 ein gesamtstaatliches Krisenzentrum eingerichtet werden. Für den Innenminister ist es ein „Meilenstein“, für Kritiker unnötig und die falsche Priorität.

Das neue Krisen- und Lagezentrum soll insgesamt 3.500 m² groß werden, davon 1.000 m² im Erdgeschoß und der Großteil von 2.500 m² im Untergeschoß, zwölf Meter unter Straßenniveau. Hier sollen im Krisenfall, den der Innenminister nicht näher definierte, „alle Fäden zusammenlaufen, um den zuständigen Ministerien eine effiziente Krisenbewältigung zu ermöglichen und die Bevölkerung schnell zu informieren“, sagte Karl Nehammer anlässlich der Präsentation der ersten Entwürfe. Ein krisenfestes Medienzentrum sei Teil des Komplexes.

Dass die Vorstellung der Planung mit dem Intensiv-Beginn der vierten Coronawelle zusammenfiel, ist sicher nur Zufall – auch wenn es sich dabei um eine gewaltige Gesundheits- und Politik-Krise handelt. Das Innenministerium sei der perfekte Standort, glaubt der Innenminister, für „sein“ Haus, weil das in den 80er-Jahren entstandene Gebäude das einzige nicht-historische Objekt sei, das zur Verfügung stehe, was bauliche Eingriffe leichter mache. Was für die Standortwahl doch eine eher dürftige Begründung ist.

Bunker statt Koordination

Abgesehen davon, dass viele Fachleute keinerlei Notwendigkeit für eine 30 Millionen teure bauliche Investition sehen, sondern vielmehr die Koordinierung der Beteiligten als Hauptproblem definieren. „Wir brauchen keinen neuen Bunker in Wien, da gibt es ja den Stiftsbunker in der Stiftskaserne, sondern Koordinierung. Das ist die falsche Priorität. Und warum im vierten Untergeschoß?“, fragt etwa Blackout- und Sicherheitsexperte Herbert Saurugg im Gespräch mit Building Times. Wie das mit der Koordinierung nicht läuft, müssen die ÖsterreicherInnen derzeit gerade schmerzlich in der Pandemie-Nichtbekämpfung erleben.

Vergabe im Verhandlungsverfahren

Mit der Generalplanung wurde „nach einem Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich“ das Wiener Büro Wehofer Architekten ZT GmbH beauftragt. Wobei, laut Innenministerium, auch „Referenzprojekte verlangt wurden, welche Gebäude bzw. Planungen von Projekten mit erhöhten Sicherheitsanforderungen, besonderen Anforderungen an Arbeitsplätzen, ein Konferenz- und ein Pressezentrum, eine Steuerungszentrale oder eine vergleichbare Nutzung aufweisen, um Erfahrungen in diesen Bereichen belegen zu können“. Nun, die Wehofer-Homepage – „Webseite in Arbeit – wird erweitert!“ – weist neben dem Justizzentrum Eisenstadt (2016), das der Bauherr BIG erstaunlicherweise den Wiener YF Architekten zuschreibt, das „Bundesbad Alte Donau“, den „Kaiserpavillon im Tiergarten Schönbrunn“, „Hofburg – Neue Hofburg“, das „Hotel Richard Löwenherz“ und das „Schloss Rothmühle“ aus.

Vielleicht aber hat sich Wehofer ja durch sein Kommunikationstalent besonders qualifiziert? Auf zwei schriftliche Building Times-Anfragen reagierte er gar nicht und den darauffolgenden Anruf quittierte er kurz und bündig: „E-mails lese ich prinzipiell nicht und jetzt, wo Sie anrufen, habe ich keine Zeit, weil wir so viel Arbeit haben“.