Allianz: Bauboom erhöht Risiken

Neue Technologien und Materialien schaffen neue Risikoszenarien. Dazu kommen Cybergefahren und Naturkatastrophen als Bedrohung für die Baubranche, so der Allianz-Report.

Der Bauindustrie steht weltweit eine starke Wachstumsphase bevor, die durch staatliche Infrastrukturausgaben, die Umstellung auf nachhaltigere Gebäude und den Ausbau von Anlagen zur Erzeugung sauberer Energie getrieben wird. Modernere Baumethoden und radikale Veränderungen bei Design, Materialien und Prozessen sorgen zugleich aber für neue Risiken. Hinzu kommen angespannte Versorgungsketten, Material- und Arbeitskräftemangel und laufend steigende Kosten. Dies geht aus einem aktuellen Bericht hervor, den Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) veröffentlichte.

„Covid-19 hat ein neues Zeitalter für die Bauindustrie eingeläutet. Während die Bauprojekte in der Pandemie überwiegend weiterliefen und auch künftig Wachstum zu erwarten ist, hat sich das allgemeine Umfeld grundlegend verändert“, betont Stefanie Thiem, Hauptbevollmächtigte der AGCS Niederlassung in Österreich. Neben Lieferengpässen und der beschleunigten Umsetzung von Sparmaßnahmen führt auch die Einführung neuer Technologien und Konstruktionsmethoden zu einer Zunahme der Risiken für Bauunternehmen und damit auch für die Versicherungsbranche. „Kontinuierliche Risikoüberwachung und Kontrollen durch das Risikomanagement werden daher in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein“, so Thiem.

Grün verändert Risikolandschaft

Sehr stark werde der Nachhaltigkeitstrend die Risikolandschaft im Bausektor verändern, heißt es im AGCS-Report. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind die Bauindustrie und der laufende Betrieb von Gebäuden weltweit für 38 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Offshore-Windparks wandern immer weiter aufs Meer hinaus, was die Kosten im Schadenfall erhöht. Für die Reparatur von Unterseekabeln, die tausende Tonnen wiegen, sind Spezialschiffe erforderlich. Solarprojekte und Windparks können häufiger von Serienschäden betroffen sein, beispielsweise wenn sich der Konstruktionsfehler einer Turbine auf viele Projekte auswirke. „Enorme Investitionen in grüne Energie bedeuten auch eine höhere Wertekonzentration. Die rasche Einführung neuer Technologien, Bauverfahren und Materialien erfordert daher eine enge Zusammenarbeit zwischen der Versicherung und ihren Kund:innen“, ist AGCS-Expertin Thiem überzeugt.

Gefahren durch Modulbauweise und Digitalisierung

Generell haben moderne Bau- und Produktionsmethoden das Potenzial, das Bauwesen radikal zu verändern, indem sie Risiken von der Baustelle wegverlagern. Die modulare Bauweise (Fertigbauweise) ermöglicht ein kontrolliertes, fabrikbasiertes Qualitätsmanagement und sorgt für weniger Baumüll sowie eine erheblich verkürzte Bauzeit. Allerdings steigt das Risiko von Serienschäden, da ein schadhaftes Teil in mehreren Projekten verwendet werden könnte, bevor ein Fehler entdeckt wird. Sorgen machen den Versicherern auch die Cybergefahren im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung im Bauwesen. Cyberrisiken am Bau können von böswilligen Versuchen, sich Zugang zu sensiblen Daten zu verschaffen, über die Unterbrechung der Baustellenkontrolle und den damit verbundenen Diebstahl bis hin zur Unterbrechung der Lieferkette und der potenziellen Verfälschung von Projektentwurfsdaten reichen.

Naturkatastrophen kommen hinzu

Auf den Baustellen müssen auch die Auswirkungen klimabedingter Ereignisse wie Waldbrände, Sturzfluten und Erdrutsche stärker berücksichtigt werden. Die AGCS-Schadenanalyse zeigt, dass Naturgefahren bereits die zweitteuerste Ursache für Schäden im Baugewerbe sind und in den letzten fünf Jahren 20 Prozent des Schadenwerts ausmachten. Nach wie vor eines der Hauptprobleme während der Bauphase sind Wasserschäden. Unentdeckte Leckagen in Druckwasser- oder Feuerlöschsystemen können erstaunlich hohe Schäden verursachen und sollten durch effiziente Überwachungssysteme verhindert werden.