Schutz mit Denkmalschutz

Sanierungsprojekte gleichen oft einem Hindernislauf. Investor, Architektur, Technik, Sicherheit und Nutzeransprüche müssen auf einen Nenner gebracht werden. Das Nachrüsten von Sicherheit steigert den Mehrwert der Immobilie – ausgeklügelte Lösungen müssen im Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz und Bauherrenwünschen gefunden werden.

In Dubai sind schon heute rund 60.000 Gebäude miteinander vernetzt, stimmen ihre Haustechnik von Aufzügen bis hin zu Klima- und Schließanlagen miteinander ab. Eine spezielle Software steuert dabei die Kommunikation zwischen Wolkenkratzern, Verkehrsmitteln, technischen Anlagen und Alltagsprodukten. Durch die Smart-City-Konzepte wird der Bedarf an technischer Kontrolle und Überwachung von Anwendungen steigen, die z. B. der Fernüberwachung, -kontrolle und -wartung von Maschinen, Anlagen und Systemen dient. Parallel zu allen technischen Errungenschaften steigt das Bedürfnis nach Sicherheit – gerade bei zu sanierenden Immobilien gibt es in Österreich ein großes Potenzial an Nachrüstungsbedarf.

Architekt Manfred Wehdorn wird gern zu Rate gezogen, wenn es um knifflige Sanierungsbauvorhaben und Fragen im Rahmen des Denkmalschutzes geht. An die 37.000 Objekte stehen in Österreich laut Wehdorn unter Denkmalschutz, davon sind rund 22.000 Profanbauten, ein Drittel Kirchen etc. Gerechnet auf die rund 2,2 Millionen Hochbauten, die es in Österreich gibt, stehen nur 1,7 Prozent der Bauten unter Denkmalschutz – in Wien natürlich mehr, rund 2,2 Prozent. „Heute wird ein Gebäude per Bescheid unter Denkmalschutz gestellt – oder eben nicht –, unabhängig, ob es ein privates oder öffentliches Gebäude ist. Zurzeit werden z.B. viele Nachkriegsbauten unter Denkmalschutz gestellt“, erklärt Wehdorn. Für ihn ist das Agieren zwischen Investor, Nutzer und der ausführenden Bauwirtschaft ein alltägliches Geschäft – wie auch die Konfrontation mit Sicherheitsfragen.

Barrierefrei und sicher

Architekt Wehdorn hat eine klare Prioritätenliste bei der Planung von Revitalisierungen. An erster Stelle steht die Funktion, ein Teil davon ist das Thema Sicherheit – für Menschen wie auch für die Werte des Gebäudes –, gefolgt von Barrierefreiheit. Erst dann kommt für ihn der Denkmalschutz. Bei der Sanierung des Stadtpalais Liechtenstein wurden vier Hochsicherheitstrakte mit besonderen Sicherheits- und Zutrittslösungen errichtet. Das Büro von Wehdorn war mit der gesamten Architektenleistung, inklusive der örtlichen Bauaufsicht, beauftragt – Vasko+Partner als Vertreter des Bauherrn und mit dem Monitoring. Das elektronische Sicherheitssystem ist technisch am neuesten Stand, einbruchssicher, mit schusssicheren Türen, Melder für jede Fensterscheibe, über Fassade und Dach gibt es einen Infrarotschutzvorhang. Zudem mussten Lösungen für die Sicherung der zahlreichen Bilder und Objekte gefunden werden, die Personen, die sich im Gebäude bewegen, wie auch für das dreigeschossige unterirdische Kunstdepot, die Beletage wie auch die Büros der LGT Bank und die Privaträume der Familie Liechtenstein. Für das umfassende Sicherheitskonzept wurde ein eigener Sicherheitsplaner beauftragt. Die Herausforderung lag vor allem darin, dass z. B. die Bank vertikal untergebracht wurde oder auch die Beletage vertikal verläuft. Um die Barrierefreiheit zu ermöglichen und die notwendige Sicherheit zu gewährleisten, wurden insgesamt sechs Liftanlagen eingebaut bzw. in die historische Bausubstanz integriert.

Wehdorn erlebt den Denkmalschutz als sehr kooperativ, wenn auch einige starre Regeln zu unschönen Lösungen, wie z.B. ein Handlauf an einer Prunkstiege, führen.

Aber auch beim Denkmalschutz steht das Thema Sicherheit an oberster Stelle. Da es keine Bauordnung für denkmalgeschützte Objekte gibt, gilt es hier jeweils zu diskutieren, Lösungsvorschläge zu besprechen und Mittelwege zu finden. In der Schweiz gibt es Ausnahmeregelungen für denkmalgeschützte Bauten – die so manche Revitalisierung einfacher machen.

Enges Korsett

Das Korsett ist durch den Denkmalschutz sehr eng, häufig dürfen keine sichtbaren Veränderungen und Eingriffe an Fassade oder in Innenräumen vorgenommen werden. In vielen Fällen müssen Lösungen ohne Kabel gefunden werden. Bei der Vorbesichtigung bzw. spätestens bei der Projektierung muss jede Türsituation (POA – point of access) genauestens untersucht und geprüft werden. In den meisten denkmalgeschützten Objekten befinden sich in den Türen sehr alte Einsteckschlösser – die Türe darf aber optisch nicht verändert werden. Aktuell führten genau diese Themen auch bei der Sanierung und dem Umbau des Weltmuseums Wien zu Kopfzerbrechen. Da geht es dann um Türbeschläge, die originalgetreu sein sollen, um Lüftungsklappen, die den Gesamteindruck nicht stören dürfen, oder auch um Brandschutzlösungen, die sanft in das ehrwürdige Gebäude implementiert werden mussten.

Sicherheit durch Mehrwert

Immobilieninvestoren wollen immer mehr „Sicherheit“ für ihre Investition, dies zeigt sich bei Due-Diligence-Prüfungen. Dazu zählt eine lückenlose FM-Dokumentation des Gebäudes wie auch die Möglichkeit, das Gebäude so sicher wie möglich zu machen und eine zeitgemäße Überwachung und Erfassung aller Besucher/Mitarbeiter nachträglich installieren zu können. In Gebäuden wie Bürogebäuden, Industriegebäuden, Gebäuden mit einem hohen Anteil an öffentlicher Nutzung (Magistrat, Bundesgebäude) haben sich in den vergangenen Jahren elektronische Schließsysteme und Zutrittskontrollen durchgesetzt. Gleichzeitig mit dem Zutritt erfolgt auch eine Aufzeichnung des Zutritts. Dies ermöglicht dem Betreiber die Rückverfolgung bei Diebstahl oder sonstigen Vorfällen.

Elektronische Schließsysteme sind heute in der Anschaffung und in der Instandhaltung (durch Nutzung von Batterien im Zylinder oder Schlüssel) über einen angenommenen Lebenszyklus von 15 Jahren im Vergleich zu mechanischen Schließsystemen relativ kostenintensiv. Gerade aber bei der Sanierung ist das Verhalten der Investoren anders zu bewerten als beim Neubau. Bei einem Neubau ist der Kostendruck deutlicher zu spüren als in der Sanierung. Bei der Sanierung werden meist höherwertige und mehr kundenspezifische Lösungen verbaut als im Neubau.

Von der Bank zum Luxushotel

Eines der prominentesten Sanierungsprojekte ist das Park Hyatt am Hof in Wien, das ehemalige Länderbank-Gebäude aus dem Jahr 1915. Architekt Heinz Neumann plante die Umnutzung in ein Hotel der Luxusklasse – ein Betreiber war nach einigen Entwürfen gefunden. Doch vorab galt es, in Abstimmung mit dem Investor, der Am Hof 2 Beteiligungs GmbH – dahinter steht René Benko, Chef der Signa Holding –, den richtigen Weg vom verschlafenen Juwel zum Luxushaus zu finden. Im ständigen Austausch mit dem Denkmalschutz wurde festgehalten, was zu erhalten ist, was nicht – und was der Investor erhalten will, obwohl nicht vorgeschrieben. Die Fassade zu erhalten und zu sanieren, dies stand jedoch von Anbeginn fest.

Die architektonische Bearbeitung eines denkmalgeschützten Bauwerkes ist aufwendig, denn der behutsame Umgang mit schützenswerter Substanz ergibt sehr oft einen hohen Planungsaufwand. „Die Revitalisierung eines denkmalgeschützten Gebäudes kann selbstverständlich einen Mehrwert an Prestige, insbesondere für Gebäude mit öffentlichem Zugang, darstellen. Dieser Mehrwert kann sich z.B. im Falle eines Hotels sogar in klingende Münze verwandeln“, ist Heinz Neumann überzeugt.

Auch Wehdorn ist vom Sinn des Mehraufwand und der Mehrkosten überzeugt: „Das hängt natürlich auch von der Ausstattung ab – aber dafür bekommt man ja auch etwas, repräsentative Gebäude haben und finden ihre Käufer.“ Dies bestätigt auch Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr: „Denkmalschutz ist in der Regel immer ein finanzieller und organisatorischer Mehraufwand. Aber sowohl in ideeller als auch wirtschaftlicher Hinsicht dürfen sein Nutzen und seine Umwegrentabilität nicht außer Acht gelassen werden. Denn was wäre eine Welt ohne unser kulturelles und bauliches Erbe? Und was alles würde dem Tourismus fehlen – und damit auch unserer Volkswirtschaft –, wenn es die gut und originalgetreu erhaltenen Bauten oder Ensembles nicht gäbe?“