Wien: Geothermie als Schatz
In 3.000 Metern Tiefe liegt ein Teil der klimaneutralen Zukunft der Bundeshauptstadt: Wien Energie will bis 2026 in Aspern die erste Geothermie-Anlage Wiens errichten.
Für die Energiewende in Wien soll die Tiefengeothermie eine wichtige Rolle spielen. Wien Energie rechnet für das jetzt präsentierte Projekt mit einem Investitionsvolumen in der Höhe von rund 80 Millionen Euro. Das Klimaschutzministerium fördert das Projekt mit rund 8 Millionen Euro. Der Start der Vorarbeiten für die Errichtung der Anlage ist für 2023 geplant. Die Tiefengeothermie-Anlage soll künftig klimaneutrale Fernwärme mit bis zu 20 Megawatt erzeugen, die exakte thermische Leistung kann aber erst nach einer erfolgreichen Erkundungsbohrung final bestimmt werden. Um die Anlage noch effizienter zu machen, plant Wien Energie zudem den kombinierten Betrieb mit Wärmepumpen.
Nach eingehender Vorbereitung und Prüfung aller Faktoren wurde nun beschlossen, mit der Umsetzung dieses Vorhabens zu beginnen. Als optimaler Standort der neuen Anlage wurde ein Areal am Rande der Seestadt Aspern identifiziert, das Wien Energie derzeit von der Wien 3420 aspern Development AG erwirbt, um in weiterer Folge die erforderlichen Genehmigungen für die Bohr- und Bauarbeiten einholen zu können – die Kosten dafür sind in den veranschlagten 80 Millionen Euro beinhaltet. Sofern alle damit verbundenen Verfahren plangemäß verlaufen, kann mit den Vorarbeiten für die Bohrungen 2023 begonnen werden. Die Bohrarbeiten sollen dann 2024 stattfinden, die Inbetriebnahme der Tiefengeothermie-Anlage ist für 2026 vorgesehen. Bis 2030 will Wien Energie insgesamt bis zu vier Tiefengeothermie-Anlagen in der Donaustadt und Simmering mit einer Gesamtleistung von bis zu 120 Megawatt entwickeln. Der Ausbau der Tiefengeothermie soll auch nach 2030 fortgesetzt werden, damit die Fernwärme bis 2040 gänzlich aus klimaneutralen Quellen erzeugt wird.
„Mit unserer ersten Tiefengeothermie-Anlage für Wien wollen wir bereits ab 2026 bis zu 20.000 Haushalte mit grüner Wärme aus der Tiefe versorgen können“, so Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung von Wien Energie. “ Umgesetzt wird das Projekt von Wien Energie gemeinsam mit der OMV.
Technisch anspruchsvoll
Zur Erschließung des Thermalwassers sind mehrere Bohrungen in über 3.000 m Tiefe erforderlich – etwa hundertmal tiefer als die tiefste U-Bahn-Station Wiens. Mit einer Erkundungsbohrung wird die Beschaffenheit und Verfügbarkeit des Thermalwassers am gewählten Standort untersucht. Nach der erfolgreichen Erkundungsbohrung werden zwei weitere Bohrungen durchgeführt. Für die geplante Nutzung kommt ein System namens „Hydrothermale Dublette“ zum Einsatz. Dafür wird zunächst rund ein Kilometer senkrecht in die Tiefe gebohrt, danach verlaufen die Bohrungen schräg in entgegengesetzte Richtungen bis auf eine Tiefe von rund 3.000 bis 3.500 Meter. Über eine der Bohrungen wird das Thermalwasser mittels einer Förderpumpe an die Oberfläche befördert. Nach der Wärmeentnahme an der Oberfläche über Wärmetauscher wird das Thermalwasser über die zweite Bohrung wieder in das gleiche Thermalwasservorkommen zurückgeführt, es entsteht damit ein geschlossener erneuerbarer Kreislauf. Der Entnahme- und der Rückgabepunkt des Thermalwassers liegen dabei rund 4 Kilometer voneinander entfernt. Die in der Tiefengeothermie-Anlage gewonnene Wärme wird anschließend in das Fernwärmenetz eingespeist.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse beruhen auf einer umfangreichen seismischen 3D-Erkundung des „Aderklaaer Konglomerats“. Das Forschungsteam konnte aber auch die seit 2012 bestehende Tiefenbohrung von Wien Energie in Essling für einen erfolgreichen Fördertest im Aderklaaer Konglomerat nutzen.
Frühere Bohrung kostete 12 Millionen
Die Wien Energie hat schon einmal tief gebort. 2012 wurde eine Erkundungsbohrung bei mehr als 4000 Meter Tiefe abgebrochen. Die verlorenen Kosten wurden seinerzeit mit 12 Millionen Euro beziffert.