Bauherrenpreis vergeben

Fünf ausgezeichnete Projekte: Der diesjährige Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekt:innen Österreichs wurde überreicht.

Aus den insgesamt 86 Einreichungen wurden 18 Projekte durch die Nominierungsjurien in den Bundesländern ausgewählt. Daraus ermittelte die Hauptjury, bestehend aus Wojciech Czaja (Architekturjournalist und Autor, Wien), Armando Ruinelli (Architekt, Soglio, Schweiz) und Michaela Wolf (Architektin, Brixen, Südtirol), die fünf Gewinnerprojekte.

Wohnanlage Friedrich-Inhauser-Straße, Salzburg

Anstatt die 1985 errichtete Anlage abzureißen oder lediglich thermisch zu sanieren, entschied sich der gemeinnützige Bauträger Heimat Österreich, das Vorhaben mit einem Forschungsprojekt zu starten: Das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR) erstellte zwei Studien unter dem Titel „ZeCaRe“ (Zero Carbon Refurbishment) und „ZeCaMo“ (Zero Carbon Mobility) und ging darin der Frage nach, wie man in der Wohnungswirtschaft den Bestandsbau ertüchtigen kann, ohne dabei einen großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Die Grundrisse wurden auf den heutigen Stand der Wohnkultur gebracht und neu gezeichnet und im Sinne der innerstädtischen Verdichtung bekam jede Wohnung einen privaten Freiraum, jede Stiege eine barrierefreie Erschließung, jeder Giebel eine eigene zweigeschoßige Aufstockung. In diesen ressourcenschonenden Überbau fügen sich auch Bauweise und Haustechnik: cs-architektur haben mit stijn nagels | architecture atelier an dem Projekt gearbeitet, dem Bestandsbau wurde eine Holzhybrid-Konstruktion mit tragenden KLH-Wänden, vertikaler Holzlattenfassade und eingeblasener Holzwolle-Zellulose-Dämmung aufgesetzt. Beheizt wird die Anlage mittels Pellets, Wärmepumpe und Wärmerückgewinnung aus den Abwässern der hier wohnenden Menschen.

Pädagogische Hochschule Salzburg

Die Pädagogische Hochschule Salzburg, Teil eines größeren Schulkomplexes im Salzburger Nonntal, wurde in den späten 1960er-Jahren errichtet und war bereits am Ende ihrer Kapazitäten. Die BIG untersuchte zwei Szenarien – einerseits Abbruch und Neubau, andererseits Sanierung und Erweiterung – und überließ die Entscheidung letztendlich den 64 Teilnehmer·innen des EU-weiten Wettbewerbs. Die siegreichen riccione architekten entschieden sich für einen ganzheitlichen, nachhaltigen Ansatz: Die beiden Gebäudetrakte mit ihren charakteristischen Betonplatten an der Fassade wurden erhalten und im Zwischenraum mit einer Aula mit Lernzonen und abgesenktem Audimax für 400 Personen miteinander verbunden. Der Altbestand wurde entkernt, die Zwischendecken entfernt, übrig blieb eine rohe, archaische Struktur, die mit neuen Elementen befüllt wurde. Der Wettbewerb hat bereits 2013 stattgefunden, 2021 war die Fertigstellung.

Weinhof Locknbauer, Steiermark

Bauherr Lukas Jahn (29) und Architektin Mascha Ritter (28) entschieden sich, einen kleinen, intakten Teil des bestehenden Kuhstalls zu erhalten und sich bei den neuen Zu- und Anbauten an der Silhouette des bisherigen Wirtschaftsgebäudes zu orientieren. Nachhaltigkeit zeigt sich unter anderem im Einsatz von Holz, in der intensiven Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkern, im generellen Verzicht auf Kunststoffe im ganzen Haus, in der Errichtung einer unterirdischen Regenwasserzisterne für die Bewässerung der Weinreben sowie im wunderschönen zimmermannsmäßigen Dachstuhl mit seinen Hunderten Stabdübeln. „Wir haben sogar ein aufgeklapptes Vordach errichtet, wie man das früher gemacht hat, und einen Grean gebaut“, sagt Lukas Jahn. Als Grean traditionell den betonierten Vorplatz auf der Südseite des Wirtschaftshofs bezeichnet. Übrigens: Sowohl für Bauherr als auch Architektin war dies das Erstlingswerk.

Bildungscampus Nüziders, Vorarlberg

Die Erweiterung des Bildungscampus der Gemeinde Nüziders haben Fink Thurnher Architekten für sich entschieden, die auf raffinierte Weise das Raumprogramm völlig auf den Kopf stellten, ohne dabei den Charakter des Ensembles zu beeinträchtigen. Kindergarten und Turnhallentrakt wurden abgerissen und durch zwei neue Implantate ersetzt. Im Süden entstanden neue, abgesenkte Turn- und Bewegungshallen sowie ein Probenraum für den örtlichen Musikverein. Im nördlichen Teil wurde ein zweigeschossiger Neubau errichtet, der fast nahtlos an den Bestand anschließt. Während hier nun die 12-klassige Volksschule samt Bücherei untergebracht ist, übersiedelte der Kindergarten in die ehemaligen Schultrakte.

Ikea Wien Westbahnhof

Der City-Ikea am Wiener Westbahnhof ist unter allen 450 Filialen weltweit die erste ohne Parkplatz und ohne Garage auskommt – und auch in anderen Belangen einzigartig. Im Gegensatz zur klassischen blau-gelben Möbelkiste am Stadtrand nämlich gleicht das Haus einem weißen Billy-Regal, in dessen Fächer – statt Bücher und Vasen – nun Erker, Lifte, Stiegenhäuser, Lüftungsrohre und eingetopfte Bäume hineingestellt wurden. Alle 160 Stahlkübel sind mit Feuchtigkeitssensoren und automatischer Be- und Entwässerung ausgestattet. Die untersten fünf Etagen werden als Einrichtungshaus genutzt, in den obersten zwei Stockwerken ist das Hostel Jo & Joe untergebracht. Ergänzt wird das alles noch mit einer öffentlich zugänglichen Dachterrasse. Gestaltet wurde der City-Ikea vom Wiener Büro querkraft, diese hatten sich beim 2017 stattgefunden EU-weiten Wettbewerb durchgesetzt. 2021 wurde dann eröffnet.