Der Neumayer

Markus Neumayer hat es mit Projektmanagement & Co. innerhalb von 9 Jahren geschafft, eine stattliche Bürogröße zu erlangen. Was ihn antreibt und warum er die baubegleitende Planung verachtet. Building Times hat ihn zum Gespräch getroffen.

Der diesjährige Wiener Stadterneuerungspreis in der Kategorie „Bravour-Leistung“ ging an die Neumayer Projektmanagement GmbH. Das Unternehmen erledigte die Generalplanung, das Projektmanagement, die Ausschreibung und örtliche Bauaufsicht der thermischen Sanierung und des Dachgeschoßausbaus des Georg-Emmerling-Hofes in der Oberen Donaustraße 97-99. Damit darf sich Firmenchef Markus Neumayer über einen „Güteziegel in Gold“ freuen. Zudem holte sein Team Silber in der Kategorie „Wiener Meisterleistung“ und für ein weiteres Projekt eine Nominierung. Keine üble Ausbeute für eine Firma, die noch nicht einmal ein Jahrzehnt am Markt ist.

Vor knapp neun Jahren, konkret am 29. September 2014, gründete Neumayer sein eigenes Unternehmen. „Wir wollten uns nicht mehr so viel ärgern, mit Freund:innen bauen und partnerschaftlich agieren“, so der Baumeister. Davor war Neumayer, nachdem er die HTL Mödling absolviert hatte, 13 Jahre in einem Büro für Projektmanagement und ÖBA beschäftigt. Den Weg in die Selbstständigkeit hat er bislang nie bereut und der nunmehr erlangte Stadterneuerungspreis sei eine „große Anerkennung für die Arbeit der vergangenen Jahre“, wie er erklärt. Der Preis sei motivierend für das gesamte Team, das inzwischen 30 Köpfe zählt und einen Umsatz von rund 4,5 Millionen Euro erzielt. Ein Drittel der Mitarbeiter:innen sind weiblich, was in der Baubranche eher unüblich ist. Das habe sich nicht nur in Zeiten des größten Wachstums des Büros bewährt, denn man habe schnell realisiert, dass Frauen ihren Job mindestens so gut machen, wie ihre männlichen Kollegen, so Neumayer.

Der Job ist inzwischen ziemlich umfassend. Das Büro wickelt in den Kategorien Projektmanagement, Ausschreibung und Bauaufsicht für Bauherren ein Projektvolumen von 130 bis 140 Millionen Euro pro Jahr ab. Aktuell sind es 60 Projekte, die Neumayer und sein Team in den Büchern haben. Darunter sind Auftraggeber wie Wiener Wohnen, 3SI, WK-Development und der ORF. Für letzteren wird in einer Arge gerade ein Bestandsgebäude umfassend saniert.

Ein richtig großes Projekt ist zuletzt mit einem Luxushotel der international renommierten Six Senses-Marke am Pass Thurn hinzugekommen. Auftraggeber ist die Kitzbüheler Alps Development GmbH. Bei diesem 150 Millionen-Euro-Projekt macht Neumayer das Projektmanagement, die Ausschreibung und Vergabe. Genau in diese Liga strebt Neumayer auch, wenngleich er betont, dass kontinuierliches Wachstum entscheidend sei. Die Untergrenze bei Projekten setzt er im Segment Wohnen bei 15 bis 20 Wohneinheiten an. „Wir arbeiten nur mit professionellen Partner:innen, verstehen uns als Problemlöser und Teambuilder und nehmen Aufträge nur dann an, wenn das Mindset zum Auftraggeber passt. Wir versetzen uns in die Lage des Bauherrn und setzen Lösungen vor Standpunkte. Wir stimmen uns mit allen Beteiligten regelmäßig ab, denken immer in gemeinsamen Ergebnissen“, so seine Philosophie.

Streitvermeidung als Rezept

Das Streiten um Kosten und Bauverzögerungen gehört nicht zu den Kategorien, die Neumayer schätzt. Selbst in der wilden Corona-Phase habe man es bei den eigenen laufenden Projekten geschafft, die Bauverzögerungen und Mehrkostenforderungen so zu kanalisieren, dass man auf juristischen Beistand verzichten konnte, betont er. Ihm gehe es beim Bauen darum, „stille Reserven“ zu aktivieren. Dazu zählt, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und das jeweilige Projektziel im Auge behalten. Großes Potenzial sieht Neumayer in der Vermeidung von baubegleitender Planung und im Einsatz von modularen Raumzellen. „Es ist die Aufgabe des Projektmanagements zu evaluieren, wo und womit Effizienzsteigerungen im Bauablauf möglich sind“, betont er. „Wir werden künftig anders bauen“, glaubt er. Dafür gäbe es zwei Gründe: Die Kosten und die verfügbaren Arbeitskräfte. Ansätze dazu finden sich in der Referenzliste. Mit dem MAQ Seefels und dem Landzinshaus Wilhelmsburg wurden bislang zwei Projekte mit modularen Raumzellen realisiert, ein drittes ist gerade in Bau. Diese Art des Bauens ermögliche bis zu 90 Prozent Zeitersparnis auf der Baustelle. Durch die Vorfertigung werden zudem potenzielle Fehlerquellen minimiert. Diese können bei Bauprojekten zu gravierenden Zusatzkosten führen, so Neumayer.

Zuversicht, trotz Rückgängen

Was die gegenwärtige Situation in der Projektentwicklung betrifft, ist der Baumeister realistisch. Die nächsten Jahre könnten mitunter schwierig werden, wenngleich er es nicht bedauert, wenn Glücksritter aus dem Markt ausscheiden. Für sein Unternehmen sieht er wenig Auswirkungen. Da rund die Hälfte der Projekte in vielen Fällen auf großvolumige Sanierungen und Revitalisierungen entfällt, sei man gut aufgestellt. Zudem würde im freifinanzierten Wohnbau weiter gebaut, so seine Einschätzung. Bedenklich findet er, dass einige Baufirmen nun Personal abbauen, das später wieder gebraucht werden würde. „Der Bau wird wieder anziehen“, ist er überzeugt. Die Einschätzung seines Branchenkollegen, des niederösterreichischen Bau-Innungsmeisters Robert Jägersberger, dass der Fachkräftemangel vom Tisch sei, teilt Neumayer nicht zur Gänze und sieht ein langfristiges Risiko: „Es könnte sein, dass die nun abgebauten Arbeitskräfte nicht mehr auf die heimischen Baustellen zurückkommen.“

Veränderungen ortet Neumayer auch in Sachen Nachhaltigkeit: Die letzten 18 Monate hätten bei Bauherr:innen einen Wandel gebracht. „Die Kalkulationen sind flexibler geworden. Die Sicht, dass Nachhaltigkeit als Kostentreiber wahrgenommen wird, hat sich geändert. Bei Neubauten gehören Wärmepumpen und PV inzwischen zum Standard, berichtet Neumayer. Was die Haustechnik konkret betrifft, setzt sein Büro auf langjährige Partnerschaften. Mit an Bord sind häufig die Planer:innen von BPS und Allplan.

Wenig euphorisch ist der Projektmanager übrigens, wenn es um die digitale Koordination und Vernetzung der Projekt- und Baupartner, also um BIM, geht. BIM sei in der Theorie wunderbar, in der Praxis lasse das Wunder aber noch auf sich warten, so seine Einschätzung. Er stehe BIM nicht ablehnend gegenüber, sieht jedoch die Realität der unterschiedlichen Zugänge der Beteiligten. „Wenn auch nur ein Partner nicht mitzieht, gibt es ein Problem“, so seine Sicht. Deshalb sei es wichtig und richtig, dass Bauherr:innen bei großen Projekten BIM einfordern und auch ein Budget dafür eingeplant wird. Denn am Ende entscheidet immer die Frage, wie der Mehraufwand bei Planern abgegolten wird, so Neumayer, der Vater von drei Kindern ist und in der Freizeit mit großer Leidenschaft Radsport betreibt.