Pilot der Gebäudetechnik
Christoph Passecker ist Chef des Planungsbüros HTPG. Mit einem gemischtem Team aus jungen und langgedienten Mitarbeiter:innen zählt das Büro zu den heimischen Top 10 der Gebäudetechnikplanung.
Anlässlich der NÖ Geotage mit dem Fokus „Erdwärme und Geothermie“ am 13. September präsentierte das Haustechnik-Planungsbüro HTPG dem Fachpublikum ein aktuelles Leuchtturmprojekt – das Landesklinikum Neunkirchen. Bei diesem Projekt sei es gelungen, ein Energiekonzept zu entwickeln, das die Energiekosten im Vergleich zu anderen vergleichbaren Projekten in Niederösterreich nahezu halbiert. Konkret werden 80 Geothermie-Tiefensonden zu je 150m gebohrt, die, ergänzt mit Photovoltaik und einer luftgekühlten Heiz-, Kühlmaschine und einem Biomasse- Fernwärmeanschluss, für den sparsamen Umgang mit Energie sorgen. Eine weitere Verbrauchsreduktion konnte mittels Hochleistungskreislaufverbundsystem, Naturkühlung, Free Cooling-Auskopplung, einer dezentralen Warmwasserbereitung mit Frischwasserstationen und elektrischen Durchlauferhitzern erreicht werden.
Solche Projekte sind es, die Christoph Passecker und seinem Team Freude bereiten. Er ist seit rund 15 Jahren im Unternehmen und inzwischen einer der beiden Geschäftsführer der HTPG Planungsgesellschaft Ingenieurbüro für Gebäudetechnik, Energie und Umwelt Freude. Passecker ist auch 49 Prozent-Eigentümer des 20-Mitarbeiter-Büros, das seine formelle Zentrale in Gmünd hat, der Großteil der Arbeit aber in Wien erledigt wird. Gemeinsam bringt es das Team auf einen jährlichen Honorarumsatz von rund 2,5 Millionen Euro.
Die zarte Mehrheit von 51 Prozent liegt beim Gründer der Firma Günther Ferenczy, der sich abseits des Tagesgeschäfts auf Wettbewerbe und Projektentwicklungen fokussiert. Er geht es inzwischen etwas ruhiger an. Nicht so Passecker, denn der läuft in seiner Freizeit, fährt mit dem Rennrad oder hebt gerne mal mit einem Kleinflieger ab. Interessant am Fliegen findet er auch das Abarbeiten von Checklisten, um der Sicherheit gerecht zu werden. Das färbe auch ein wenig auf das Tun im Büro ab, wo man ebenfalls auf Checklisten arbeitet, um sicher zu gehen, wie Passecker erklärt. Sicherheit für seinen Job gibt ihm seine Ausbildung. Er hat die HTL für Gebäudetechnik in Mödling absolviert und danach ein MBA-Studium für Management an der JKU in Linz hinzugefügt.
Im Building Times-Exklusivinterview gibt Passecker einen Einblick in seine Arbeit, über die Veränderungen, die in der Gebäudetechnik und in den Köpfen der Bauherr:innen und Betreiber:innen vor sich gehen und über Projekte, die mit hoher Effizienz punkten.
Interview: Christoph Passecker
Building Times: Die Bauwirtschaft schwächelt im Moment. Wie stark sind Sie als Planungsbüro für Gebäudetechnik davon betroffen?
Passecker: Unser Ingenieurbüro beschäftigt sich nahezu ausschließlich mit der Haustechnikplanung von Kliniken, Laborgebäuden und Industriebauten. Aktuell konnten wir bisher noch keine schwächelnde Auftragslage feststellen. Und unsere Abteilung für erneuerbare Energie, die sich schwerpunktmäßig mit Energiekonzept-Erstellungen und der Planung von Geothermieanlagen, PV-Anlagen, Wärmepumpen, Pelletsanlagen und ähnlichen Technologien beschäftigt, verzeichnet eine sehr stabile bis wachsende Nachfrage. Das Thema Versorgungssicherheit und Energieeffizienz bleibt für viele Bauherr:innen auch in Zeiten einer schwachen Baukonjunktur von hoher Bedeutung.
Building Times: An oberster Stelle Ihrer Arbeit stehen Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit, so das eigene Leitbild. In welchen Segmenten haben sich diese Parameter in den letzten fünf Jahren am stärksten verändert?
Passecker: Besonders im Bereich der Energieversorgung und der Heiztechnik haben sich massive Fortschritte gezeigt. Der Trend geht stark in Richtung erneuerbare Energien wie PV-Anlagen, Wärmepumpen und Geothermie. Die Amortisationszeiten für diese Technologien haben sich verkürzt, während der Wunsch nach Autarkie und Nachhaltigkeit deutlich gestiegen ist.
Building Times: Betrachten Bauherr:innen die Amortisationszeiten von effizienten Technologien heute anders als vor 5 Jahren? Gewinnt das Streben nach Autarkie oder Teilautarkie an Bedeutung?
Passecker: Ja, das Bewusstsein für längere Amortisationszeiten hat sich definitiv verändert. Vor allem nach den stark gestiegenen Energiepreisen legen Bauherr:innen mehr Wert auf langfristige Investitionen in energieeffiziente Lösungen, auch wenn diese initial teurer sind. Autarkie spielt ebenfalls eine größere Rolle, da viele Kund:innen Unabhängigkeit von den volatilen Energiemärkten suchen.
Building Times: Es besteht also eine höhere Bereitschaft, mehr Finanzmittel aufzubringen, um im Betrieb kosteneffizienter zu sein?
Passecker: Absolut, und dies nahezu bei all unseren Kundensegmenten. Durch die Kombination von staatlichen Förderprogrammen und Einsparpotenzialen in den Betriebskosten sind viele Bauherr:innen bereit, mehr in energieeffiziente Systeme zu investieren.
Building Times: Welches Projekt ist Ihr derzeit umfangreichstes?
Passecker: Wir arbeiten derzeit an vielen Projekten, eines der größten ist das „Sonnenkraftwerk Niederösterreich“, ein umfassendes Vorhaben im Bereich Photovoltaik, das vom Land Niederösterreich initiiert wurde. Dieses Projekt zielt darauf ab, geeignete Landesgebäude wie Schulen, Krankenhäuser und Amtsgebäude mit PV-Anlagen auszustatten. Wir sind maßgeblich an der Planung und Ausführung beteiligt. Eines der aktuell größten Vorhaben ist das Landesklinikum Mauer, wo eine 800 kWp-Anlage installiert wurde.
Im Bereich der Haustechnik konnten wir in diesem Jahr das Projekt „Boehringer Laborgebäude“ erfolgreich abschließen, bei dem wir die Gebäudetechnik eines Forschungsgebäudes von der Planung bis zur Schlüsselübergabe durchgeführt haben.
Building Times: Welches Projekt ist technologisch am reizvollsten?
Passecker: Generell liegen uns all unsere Projekte am Herzen, unabhängig von Größe und Technologie und wir erstellen für jedes Projekt einen eigenen energetischen Maßanzug. Beim Projekt Boehringer konnten wir insbesondere unsere verbrauchsreduzierenden Maßnahmen wie: Hochleistungskreislaufverbundsystem in der gesamten Lüftung, Naturkühlung, Trinkwasserkühlung und dezentrale Warmwasserbereitung umsetzen. Beim Projekt Neubau des Traumazentrums der Auva in Wien Meidling konnten wir gemeinsam mit unserem Kunden eine Energiebereitstellung mit über 300 Tiefensonden in Kombination mit einer Wärmepumpenanlage und Photovoltaik projektieren. Die Errichtung der Tiefensonden befindet sich gerade in Umsetzung.
Building Times: Es war lange Zeit üblich, dass Ausführende die Planungen der Planer:innen umgedreht haben. Hat sich das geändert?
Passecker: Das wird weniger, nicht zuletzt weil die Ausführenden heute weniger Techniker:innen in ihren Reihen haben. Oft werden unsere Planungen zu hundert Prozent übernommen.
Building Times: Normen spiegeln den Stand der Technik und die Kraft etablierter Lobbys wider. Sind Normen auch innovationsfeindlich, wie manche Kritiker:innen meinen?
Passecker: Normen haben zweifellos ihre Berechtigung, da sie Sicherheit und Qualität gewährleisten. Allerdings können sie Innovationen verlangsamen, wenn sie zu starr sind oder veraltete Technologien bevorzugen. Wichtig ist daher, dass Normen regelmäßig überprüft und angepasst werden. Bei unseren Projekten verfolgen wir auch oft den Weg, detaillierte Messergebnisse von unseren Vergleichsprojekten zugrunde zu legen und gemeinsam mit dem Kunden zur Steigerung der Energieeffizienz von Normen geringfügig abzuweichen.
Building Times: Ihr Büro erstellt auch Studien für die Etablierung von Erneuerbaren und Betriebsoptimierung. Ist die Nachfrage danach seit der Gaskrise gestiegen?
Passecker: Ja, definitiv. Die Gaskrise hat viele Unternehmen und Privatpersonen wachgerüttelt, und die Nachfrage nach unabhängigen, erneuerbaren Energielösungen ist stark gestiegen. Besonders PV-Anlagen und Wärmepumpen stehen hier im Vordergrund.
Building Times: Auf der Website habe ich die Rubrik Raus aus Öl und Gas gefunden. Dort sind Machbarkeitsstudien für mehrere Wohnbauten aufgelistet. Wurde eines dieser Projekte tatsächlich realisiert?
Passecker: Ja, wir konnten bereits einige der geplanten Projekte erfolgreich umsetzen, wie zum Beispiel eine Wohnhausanlage in der Schrickgasse, die kurz vor dem Abschluss steht. Dieses Projekt zeigt deutlich, dass es sowohl technisch als auch wirtschaftlich machbar ist, herkömmliche Heizsysteme durch nachhaltige Technologien zu ersetzen.
Building Times: Der Wohnbau spielt bei Ihnen eine kleine Rolle. Dennoch erlaube ich mir die Frage: Welche Technologie sehen Sie für die Umrüstung von klassischen Zinshäusern in Wien am ehesten geeignet?
Passecker: Wärmepumpe in Kombination mit Booster Wärmepumpe inkl. einer PV-Anlage ist derzeit eine vielversprechende Lösung, da sie effizient und vergleichsweise einfach zu installieren ist, auch in älteren Gebäuden. Zu beachten sind die erforderlichen Temperaturniveaus in der Peripherie sowie schalltechnische Vorgaben des jeweiligen Projektes.
Building Times: Wie angesprochen, Sie planen auch PV-Nachrüst-Anlagen. Ist der große Boom vorbei oder läuft das Geschäft noch gut?
Passecker: Der Boom ist keineswegs vorbei. Die Nachfrage nach PV-Nachrüstungen bleibt hoch, besonders in Kombination mit Speichersystemen, da viele Bauherr:innen unabhängig von den Energiepreisen werden möchten. Auch der Einsatz von „gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen“ – das ist der kleine Vorläufer der Energiegemeinschaften. Bereits über tausend solcher Kleingemeinschaften existieren in Österreich. Bei diesem Modell wird selbst erzeugter Strom von mehreren Teilnehmer:innen genutzt. Das öffentliche Netz wird dabei nicht verwendet. So können sich etwa Mieter:innen oder Eigentümer:innen in Mehrparteienhäusern, aber auch in Bürogebäuden oder Einkaufszentren zusammenschließen, um gemeinsam eine Erzeugungsanlage zu nutzen – ohne Netzentgelte und Steuern, die bei der Netznutzung anfallen würden.
Building Times: BIM und Gebäudetechnik waren lange Zeit auf Kriegsfuß. Hat sich das inzwischen geändert? Können die bei Ihnen aus der BIM-Planung generierten Daten für das FM genutzt werden?
Passecker: Ja, die Integration von BIM und Gebäudetechnik hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. BIM-Daten sind heute ein wertvolles Werkzeug im Facility Management, da sie die Planung, Überwachung und Wartung von Gebäuden deutlich effizienter gestalten. Wir selbst arbeiten seit 2016 mit BIM und sehen uns hier am Markt als eines der führenden Ingenieurbüros, die den Umstieg auf BIM vollzogen haben. Unser Slogan ist seit 2016 „Ready for BIM“. Unser erstes BIM-Leuchtturmprojekt war die Ausschreibungsplanung zur Sanierung des Parlamentes.
Building Times: Und wie sieht es mit dem FM aus?
Passecker: Bei der Überführung der BIM Gebäudedaten ins Facility Management ist aus unserer Sicht noch Entwicklungsarbeit erforderlich.
Building Times: Mit der KI steht nach BIM eine weitere digitale Technologie an. Die Hersteller von Komponenten der Gebäudetechnik setzen inzwischen schon auf vorausschauende Wartung. Ändert das etwas für die Planung?
Passecker: Ja, vorausschauende Wartung ist ein wachsender Trend. Für die Planung bedeutet das, dass wir Systeme frühzeitig auf deren Kompatibilität mit solchen Technologien ausrichten müssen, um in Zukunft effizientere Wartungsprozesse zu ermöglichen. Aktuell ist hier auch noch Entwicklungsarbeit erforderlich. Bei uns läuft dazu gerade die Vorbereitung für ein Forschungsprojekt mit namhaften universitären Einrichtungen zur Implementierung von KI am Beispiel eines mit Geothermie und PV ausgestatteten Bildungscampus in Wien zur Betriebsoptimierung.
Building Times: Die Kühlung von Gebäuden gewinnt immer mehr an Bedeutung. Sollten Architekt:innen Gebäude anders konzipieren, um die Kühllasten von Haus aus zu reduzieren?
Passecker: Jede verbrauchsreduzierende Maßnahme ist eine wertvolle Maßnahme. Passive Kühlstrategien wie natürliche Belüftung, Fassadenbegrünung und die Ausrichtung des Gebäudes spielen eine immer größere Rolle und sollten in der frühen Planungsphase bedacht werden.
Building Times: HTPG beschäftigt insgesamt 20 Mitarbeiter:innen, darunter sind auch zwei Technikerinnen und eine BIM-Fachfrau. Ist es schwierig, Frauen für die Gebäudetechnikplanung zu finden?
Passecker: Es ist nach wie vor eine Herausforderung, Frauen für technische Berufe zu begeistern. Wir setzen auf gezielte Nachwuchsförderung und flexible Arbeitszeitmodelle, um diesen Bereich attraktiver zu gestalten.
Building Times: Home-Office und Teilzeit sind viel gewünscht und viel im Gespräch. Wie gehen Sie damit um?
Passecker: Wir haben uns intensiv bemüht, Home-Office und flexible Arbeitszeiten so weit wie möglich anzubieten. Besonders in der Planungsphase von Projekten sind flexible Arbeitszeitmodelle gut umsetzbar und wir sehen darin eine wertvolle Möglichkeit, die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter:innen zu steigern. So sind etwa freitags die meisten unserer Kolleg:innen im Home-Office.
Building Times: Sie selbst auch?
Passecker: Ich selbst arbeite auch gerne freitags im Büro, da ich mich dort besser auf meine Aufgaben konzentrieren kann. Wir haben unser Modell zuletzt optimiert, sodass unsere Mitarbeiter:innen auch in außergewöhnlichen Situationen, wie es zuletzt durch das Hochwasser der Fall war, von zu Hause aus weitgehend problemlos arbeiten können. Wir suchen übrigens laufend qualifizierte Kolleg:innen, die gemeinsam mit uns die Energiewende vorantreiben.