Zero Carbon & Mehr
In der Stadt Salzburg laufen derzeit drei große Wohnbau-Sanierungsprojekte mit teilweisem Neubau. Gebäudetechnisch am spektakulärsten ist das Projekt in der Friedrich-Inhauser-Straße, wo eine CO²-neutrale Sanierung geplant ist, in der auch erstmals im Wohnbau eine Abwasserwärme-Rückgewinnung verwendet wird.
In einem Forschungsprojekt mit der FH Salzburg („Zero Carbon Refurbishment II/Ze-CaRe II) soll durch die Nutzung der Abwasserwärme im Wohnbau die letzte Energielücke geschlossen werden, berichtet der Haustechnikplaner Dietmar Stampfer.
Im kommunalen Wohnbau sei das absolut unüblich, „aber sehr effizient, weil das ganze Jahr über ein gleichmäßiger Warmwasser-Verbrauch gegeben ist, wir somit einen gleichmäßigen Jahresverlauf haben – anders als beispielsweise in der Hotellerie“, so Stampfer. An der FH werde derzeit gerade in einem dynamischen Prozess der Verlauf eines ganzen Jahres simuliert. Insgesamt geht es darum, dass die aus dem Jahr 1988 stammenden acht Häuser nach einer Planung von cs-architekten (Christoph Scheithauer) von der Genossenschaft Heimat Österreich saniert werden, lediglich die Außenmauern bleiben auf Wunsch des Gestaltungsbeirats bestehen, ebenso die Tiefgarage. Gleichzeitig sollen aber aus 75 Wohnungen durch Aufstockungen in Beton-Holz-Hybridbauweise 99 Wohneinheiten werden – mit modernen Grundrissen, Liften und einem höchst innovativen Energiekonzept, das von klimaaktiv gefördert wird. Dafür mussten die Häuser abgesiedelt und Übergangsquartiere für die Mieter gefunden werden. Das ist bereits geschehen und die ersten Abrisse haben bereits begonnen.
Das Konzept sieht vor, dass rund 40 Prozent des Heizungs-, Kühlungs- und Warmwasserbedarfs durch die Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser (Dusche, Geschirrspüler, Waschmaschine, Toilette) gewonnen werden, wofür eine Wärmepumpe sorgt, dazu kommt eine „relativ einfache“ Abluftanlage, „mit der wir die Energie aus der Abluft holen, also eine Abluftwärme-Rückgewinnung, wofür wir zentrale Dachventilatoren und Kühlregister verwenden. Damit holen wir aus der warmen Abluft ganzjährig zwischen 22 Grad und 26 Grad Wärme heraus“, erläutert der Planer.
Volles Programm
„Wir nehmen alles, was an Energie ‚rausgeschmissen‘ wird“, sagt Stampfer, „und können solcherart mit Abluft und Abwasser zwei Drittel des gesamten Heizwärmebedarfs zurückgewinnen“. Dazu kommt noch eine Photovoltaik-Anlage mit 85 kWp, deren Energie in den Allgemein-Strom eingespeist wird und die Wärmepumpe antreibt, und ein großer, 20.000 Liter fassender Heißwasser-Pufferspeicher. „Statt dass wir ins Stromnetz einspeichern, verwenden wir lieber einen thermischen Speicher“.
Damit werde ein ökologischer Kreislauf geschaffen, „der wirklich ganz gewaltig ist“, freut sich der Planer, der noch einen kleinen Pelletskessel von ETA vorgesehen hat – für den Restenergie-Bedarf und als Ausfallsreserve. Für das Projekt sind 18,5 Millionen Euro an Kosten veranschlagt, von denen 6,4 Millionen Euro aus der Wohnbauförderung kommen. Schon für den Herbst des kommenden Jahres wird die Fertigstellung angepeilt.
Das Projekt „Glanbogen“
Das wohl größte Sanierungs-Projekt in Salzburg wird derzeit in der General-Keyes-Straße abgewickelt. Es geht um eine nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene Wohnsiedlung der US-Armee, wo das Grazer Büro Hohensinn Architektur die gesamte USFA-Siedlung saniert, umbaut und verdichtet. Besser bekannt ist das Projekt unter der Bezeichnung „Glanbogen“. Zwischen die 18 Wohngebäude des Bestandes, deren Dachböden ausgebaut wurden, werden sechs Neubauten gesetzt. Und zwar aufgeständerte Sechsgeschoßer mit Holzfassaden in einer Mischbauweise aus Holz und Beton. Dadurch werden aus bisher 350 Wohnungen insgesamt bis zu 570 Wohnungen.
Da die Siedlung an das Fernwärmenetz angeschlossen ist, werden die Wohnungen im Altbestand über Heizkörper beheizt, jene in den Neubauten über Fußbodenheizungen. Ausgeführt werden und wurden die HKLS-Arbeiten von der Schwaiger Heizung Sanitär Lüftung GmbH aus St. Johann im Pongau. Statt der oberirdischen Parkplätze kommen sieben Tiefgaragen mit rund 300 Stellplätzen, wodurch die neuen Freiflächen begrünt werden können. Dafür haben Studierende der Universität Salzburg das Konzept „Wohnen mit Stadt und Natur“ entwickelt, das unter anderem Urban Gardening und Baumpflanzungen vorsieht. Bis Jahresende soll das Projekt abgeschlossen sein und wird mehr als 100 Millionen Euro kosten.
Drittes Sanierungsprojekt
Das dritte Großprojekt in der Salzburger Landeshauptstadt ist die Lanserhofsiedlung, in der die Salzburger Landeskliniken (SALK) als Generalmieter 353 Wohnungen für ihre Mitarbeiter betreiben. Eigentümer der Anlage ist die gswb. Diese wird nun demnächst mit Teilabriss, Neubau und Nachverdichtung starten. In vier Etappen soll das stattfinden, wodurch rund 180 neue, geförderte Wohnungen zusätzlich entstehen.
Architekt ist Stephan Mitterhofer vom atelier querlaengs in Hallein. „Wir wollen im Sommer mit dem ersten Objekt beginnen, damit dann schon die ersten Umsiedelungen beginnen können“, erklärt Christian Lechner, der Technische Leiter der gswb, im Gespräch mit Building Times. Ob es Stahlbetonskelett-Konstruktionen oder Hybrid-, bzw. Holz-Riegel-Bauweisen werden, steht noch nicht fest. „Wir haben die Einreichung noch nicht gemacht und müssen danach auch noch durch den Gestaltungsbeirat“, sagt Lechner. Für die Sanierung und Aufstockung der Bestandsbauten müsse aber noch geklärt werden, wie diese „wirtschaftlich darstellbar seien“. Einerseits soll die Beheizung auf Fernwärme umgestellt werden, andererseits werde auch die von der Wohnbauförderung vorgeschriebene Photovoltaik-Anlage kommen, „wenn Platz ist, auch mehr“, wie Lechner ergänzt. „Das haben wir auch in der Riedenburg gemacht, eventuell bauen wir auch wieder eine kleine Speichereinheit ein“. Fest steht jedenfalls, dass von den derzeit rund 100 Oberflächen-Parkplätzen nur 15 bis 20 übrig bleiben werden.