Kräftiger Rückbau
Die weltweite Bautätigkeit verliert angesichts der sich verschlechternden makroökonomischen Aussichten an Schwung, so der RICS Global Construction Monitor Q3 2022. Deutschland ist Sorgenkind.
Die Ergebnisse des RICS Global Construction Monitor (GCM) für das dritte Quartal 2022 zeigen, dass die Gesamtaktivität im Vergleich zum Vorquartal dieses Mal flacher ausfällt. Ursache sind die sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in vielen Teilen der Welt. Ausnahmen sind der Nahe Osten und Afrika.
Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland fasst zusammen: „Der Construction Activity Index verliert angesichts der sich verschlechternden makroökonomischen Aussichten in fast allen Weltregionen weiter an Schwung. Europa ist besonders betroffen“, sagt sie. Es gäbe einen spürbaren Rückgang bei allen Bauaktivitäten, sowohl im privaten Wohnungsbau, als auch im Nicht-Wohnungsbau.
Deutsches Sorgenkind
Während Saudi-Arabien, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate mit guten Vorzeichen ins Jahr 2023 gehen, ist die Situation in Sri Lanka, Deutschland, China und Frankreich ganz anders. In Deutschland fällt der CAI deutlich von einem Wert von +8 auf -20 in Q3. „Deutschland verliert am stärksten an Dynamik“, so Eickermann-Riepe.
In Europa sank der Gesamtindex für die Bautätigkeit (CAI) auf -10 im dritten Quartal gegenüber +5 im Vorquartal. Dies ist der schwächste Wert seit Q3 2020. Dabei weist Deutschland im nationalen Vergleich den schlechtesten CAI-Wert mit -20 auf (Q2: +8). Ebenfalls negative Werte wurden auch in Frankreich (-15), Italien (-11), Spanien (-4) und den Niederlanden (-4) verzeichnet.
Teures Material, sinkende Margen
Die Materialkosten kristallisieren sich als maßgebliche Hürde. 85 % der Befragten weltweit weisen auf dieses Problem hin, in Deutschland sind es 75 %. Obwohl die Angebotspreise leicht sinken, bleiben die Baukosten hoch. „Daher wird eine weitere Absenkung der Margen in den nächsten 12 Monaten erwartet. Die Perspektiven für 2023 scheinen sich nicht positiv zu entwickeln. Obwohl der Bedarf an Wohnungen nach wie vor hoch ist und auch die Renovierungsrate im Gewerbe steigen müsste, kann die Kostenspirale nicht durchbrochen werden und verhindert weiteres Wachstum“, kommentiert die RICS-Expertin die Daten.
Aufgrund erhöhter Kosten wird von sinkenden Gewinnspannen im kommenden Jahr ausgegangen. Im dritten Quartal rutschte der Nettosaldo bei den Erwartungen an die Gewinnmargen in ganz Europa, außer der Schweiz.
Beschäftigung und Zinsen steigen
Weltweit erwarten per Saldo +15 % der Befragten, dass die Zahl der Beschäftigten in der Bauwirtschaft in den nächsten 12 Monaten steigt. Dies ist zwar immer noch positiv, aber der niedrigste Wert seit Ende 2020. Die Befragten in Saudi-Arabien, Indien und den USA sind am optimistischsten, was die Beschäftigungsaussichten für das kommende Jahr betrifft. Im Gegensatz dazu wird in Sri Lanka, China und Italien mit einem Stellenabbau gerechnet. Auch in Deutschland fiel der Wert auf -6 % von +25 %.
Aufgrund steigender Zinssätze in weiten Teilen der Welt, ist der Anteil der Befragten, die finanzielle Bedingungen als Hindernis beurteilen von 62 % Ende letzten Jahres auf 71 % im dritten Quartal gestiegen (Deutschland Q3: 55 %).
Trüber Ausblick
Die Zwölfmonatserwartungen für das Arbeitsaufkommen im Baugewerbe in Europa sind deutlich gesunken. Die Befragten rechnen jetzt mit einem Rückgang im privaten Wohnungs- und Gewerbebau. Hier zeigt sich besonders für den privaten Wohnungsbau eine deutliche Trendwende im Vergleich zur relativ optimistischen Einschätzung zu Jahresbeginn.
Auf Länderebene wird für den privaten Wohnungsbau in Deutschland und den Niederlanden in den nächsten 12 Monaten ein Rückgang erwartet. Dabei fiel in Deutschland das Nettosaldo sehr deutlich von +10 % im zweiten Quartal auf jetzt -43 %. Für die Arbeitsauslastung im Gewerbebereich im Jahresausblick zeigen sich die Umfrageteilnehmer in Italien und Deutschland (von +8 % auf -7%) am pessimistischsten.