Hüftknick für Investoren
Graz erhält im Stadtteil Reininghaus ein 76-Meter-Hochhaus. Es wird Teil des zentralen Geschäfts- und Bürozentrums, das sich Q-Zwei nennt, und soll die geplante Wohnbebauung ergänzen.
Bereits einen Tag nach dem Beschluss des Bebauungsplans durch den Grazer Gemeinderat stellte der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl die Bebauung des Quartier 2 vor. Die Investoren nennen es Q-Zwei, was bei der internationalen Investorensuche helfen soll. Es gilt schließlich, 180 Millionen Euro aufzustellen, wie Investorensprecher und Architekt Herfried Peyker den Projektumfang beziffert. Hilfreich könnte dabei sein, dass sich Peykers federführende ArchitekturConsult mit Coop Himmelb(l)au und Delugan Meissl zwei weit über Österreich hinaus bekannte Partner genommen hat. Und damit gleichzeitig auch dem von der Stadt Graz verlangten „Kooperativen Baukünstlerischen Verfahren“ genügt.
So war es auch nur logisch, dass Architekt Hermann Eisenköck zu Beginn der Q-Zwei-Präsentation die Europäische Zentralbank von Coop Himmelb(l)au in Frankfurt und die MedUni Wien von Delugan Meissl sowie die eigene T-Mobile Zentrale in Wien vorstellte. Und auch gleich anmerkte, dass sich die Herren Brix und Delugan derzeit im Ausland befinden. Vielleicht muss man vor der Provinzpresse so auftreten, jedenfalls aber vor der Stadt, denn Eisenköck hielt in einem Interview wörtlich fest: „Es bedurfte großer Überredungskunst, alle Beteiligten auf die internationale Dimension unseres Projektes hinzutrimmen. Wir sind uns oft als Bittsteller vorgekommen, nicht als Partner.“
Dass aber die ArchitekturConsult die Zügel fest in der Hand hält und Herfried Peyker der Strippenzieher ist, während sein ArchitekturConsult-Partner Eisenköck (je 35 Prozent) als Architekten- und Architektursprecher fungiert, ist unübersehbar: Peyker ist nämlich gleichzeitig auch Geschäftsführer des Bauträgers GA Immobilienbesitzgesellschaft GmbH, die ihren Sitz an Peykers Adresse in der Grazer Körblergasse hat. Dort ist auch Peter Kothgasser, der jahrelang Multi-Vorstand im Mandlbauer-Reich gewesen ist, mit an Bord. „GA“ steht für den Eigentümer „Garnitur Anstalt“ mit dem Sitz in Vaduz in Liechtenstein, und diese wiederum gehört der H.K.L Holding Stiftung des niederösterreichischen Dichtungs-Kaisers Richard Klinger.
Auch wenn es in der Projektmappe heißt, Q-Zwei würde das höchste Gebäude von Graz werden, so trifft das nicht zu, denn das ist nach wie vor die Herz-Jesu-Kirche mit 109 m. Dafür soll aber neben dem 76,50 m hohen Turm mit 21 Stockwerken im „urbanen Zentrum von Reininghaus“ ein zweites Hochhaus mit 63 m Höhe zu stehen kommen.
Wie viele Baukörper es auf dem 18.759 m² großen Grundstück insgesamt werden sollen, geht aus dem Modell und den vorgelegten Plänen nicht eindeutig hervor, und weder Peyker noch Eisenköck wollen sich dazu äußern, „weil alle Teile zu einer gebauten Skulptur zusammenwachsen sollen.“ Immerhin räumt Peyker ein, dass der hohe Turm, markant durch seinen Hüftknick, von Coop Himmelb(l)au stammt. Im Verfahren sei der Berliner Architekt Paul Langhof als Städteplaner dazugestoßen, ergänzt Peyker, was sich natürlich auch gut bei deutschen Investoren und insbesonders bei Fonds macht. Langhof war übrigens von 1995 bis 2003 Professor für Städtebau an der Universität Innsbruck. Auch die „Verhandlungen mit internationalen Künstlern – gemeint sind primär Bildhauer – fallen in den Bereich Hochglanz-Werbung.“
Geplant sind dank einer Dichte von 2,75 insgesamt ca. 51.500 m² Bruttogeschoßfläche, wobei von den 43.000 m² Nutzfläche ca. 11.000 m² für Handel geplant sind, 1.500 m² für Gastronomie, 18.500 m² für Büros, 5.500 m² für ein Hotel mit 125 Zimmern und 2.500 m² für Gesundheitseinrichtungen. Womit noch 4.000 m² offen bleiben, was für diesen frühen Planungsstand nicht ungewöhnlich scheint.
Gebaut werden soll laut Kothgasser in drei Etappen: Der erste Abschnitt sieht das Hotel samt der öffentlich zugänglichen Skylounge vor, was die Stadt Graz geradezu in Entzücken versetzt. Für den Hotelbetrieb gibt es angeblich bereits einen Vorvertrag. In der zweiten Etappe soll der 63 m hohe Turm gebaut werden, in der dritten schließlich „der eher kleinere Teil“. Die Realisierung wird noch einige Zeit auf sich warten lassen – „Vielleicht können wir Ende 2019 mit der Tiefgarage beginnen“, so Kothgasser, was auch damit zusammenhängt, dass zwei Drittel der Flächen vorvermietet sein müssen, bevor der Startschuss für den Bau gegeben wird. Aktuell sieht sich Kothgasser „mit ca. 40 Prozent vorgebucht“. „Wahrscheinlich werden die Mieten etwas hochpreisiger werden“, glaubt der Manager und nennt 12 bis 14 Euro als Richtwert für die Büros. Die Sockelzone, die immer wieder auch als Mall bezeichnet wird, sei mehr oder minder vorvermietet. Innenstadt-Mieten von mehr als hundert Euro pro m² werden nicht erreicht, was vielleicht auch mit der Erreichbarkeit zusammenhängt – die Straßenbahn wird Reininghaus erst 2022 erschließen. Die von den Investoren, aber auch der BIG gewünschte Auto-Unterführung der Alten Poststraße, die täglich von rund 20.000 Autos befahren wird, soll es übrigens nicht geben, so etwas sei nicht mehr zeitgemäß, argumentiert der Bürgermeister.