Der Mauer-Segler
Erfolgreicher Unternehmer in Ziegel und Beton, begeisterter Segelflieger und Obmann des Verbands der Beton- und Fertigteilwerke (VÖB). Franz Josef Eder ist ein Macher der alten Schule und trotzdem am Puls der Zeit.
enn man sehr hoch fliegt, dann braucht man Sauerstoff. Diese Erfahrung hat Franz Josef Eder mittlerweile eher hinter sich, denn bei seinen Flügen geht er es inzwischen etwas gemächlicher an. Aber er hat viele Höhenflüge hinter sich gebracht. Immerhin ist er Österreichischer Staatsmeister im Streckensegelflug und hat mehrfach an Weltmeisterschaften in Europa und in den USA teilgenommen. 2013 holten Franz Josef Eder und sein Sohn Sebastian sogar die Doppelstaatsmeisterschaft.
Nicht doppelt, sondern dreifach segelt Eder auch beruflich. Seine Unternehmen mit Sitz in Peuerbach (OÖ) produzieren Ziegel, Betonfertigteile und Transportbeton. Der Umsatz verteilt sich in der 250-Mitarbeiter-Gruppe ca. 60:40 von Beton zu Ziegel. In die Betonsparte hat der Familienbetrieb zuletzt auch ordentlich investiert. Rund 12 Millionen wurden in Kallham in eine neue Umlaufanlage gesteckt und damit die Produktion modernisiert und die Kapazität deutlich erhöht. Schon ein paar Jahre davor wurden rund 4 Millionen Euro in die Ziegelfüllanlage in Peuerbach investiert. Um die Ziegelsparte kümmern sich Eders Brüder Walter und Johannes. Die Sparten Transportbeton und Stahlbetonfertigteile führen FJ Eder und sein Sohn Sebastian, wobei hier „die Staffelübergabe voll im Laufen ist“, so der 63-jährige Unternehmer. Er wurde Mitte 2016 einstimmig zum Vorsitzenden des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB) gewählt. Die darin vereinten Firmen haben ein feines Sensorium für die Entwicklung in der Bauwirtschaft. Haben die Baufirmen wenig Aufträge, wird mehr Ortbeton verarbeitet, muss es schnell gehen, weil die nächste Baustelle schon ansteht, werden die vorgefertigten Wände, Decken und Stiegen mehr nachgefragt. Derzeit können Eder und seine Branchenkollegen nicht klagen. Eders hochmodernes Fertigteilwerk ist voll ausgelastet und ein abrupter Knick ist nicht absehbar. Die im Zuge der Pandemie von der Regierung ins Leben gerufene Investitionsprämie spült nämlich viele neue Aufträge in die Bücher. Weshalb Eder erwartet, dass auch das heurige Jahr noch auf hohem Niveau produziert werden wird.
Wie es danach weitergeht, was er von BIM hält und warum er meint, dass die Bauteilaktivierung eine große Zukunft hat, lesen Sie im Building Times-Interview.
INTERVIEW: Franz Josef Eder
Building Times: Die kürzlich veröffentlichten Zahlen des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB) zeigen, dass die Krise die Branche bislang wenig trifft. Wird das auch 2021 und danach so bleiben?
Franz Josef Eder: Wir sind zu hundert Prozent von der Bauwirtschaft abhängig und die ist bislang gut durch die Krise gekommen. Die Bauunternehmen hatten sehr hohe Auftragsstände und wurden durch den ersten Lockdown nur kurz herausgerissen. Im zweiten Halbjahr haben sowohl die Baufirmen als auch wir Fertigteilhersteller voll produziert. Auch jetzt werden Sie kaum jemanden finden, der pessimistisch ist und inzwischen kann man davon ausgehen, dass das auch 2021 so bleibt. Die Firmen im Einfamilienhausbau sind unglaublich gut ausgelastet, bei Swimmingpools und im Bereich der Pflasterungen gibt es beträchtliche Zuwächse. Corona hat zur Folge, dass die Menschen ihr Zuhause verschönern. So gut wie alle Handwerker sind sehr gut ausgelastet und es gibt da und dort Ärger, weil Aufträge nicht angenommen werden können. Die Kombination aus Nullzinsen und Investitionsprämie wirkt einerseits im Wohnbau, andererseits im Industrie- und Gewerbebau.
Building Times: Besteht da nicht die Gefahr einer Überhitzung?
Eder: Ja, es wird alles gemacht, was möglich ist. Aus heutiger Sicht bräuchten wir die Investitionsprämie für den Bau nicht mehr. Unsicher ist allerdings, wie es in den Folgejahren aussieht. Aktuell wurden die Umsetzungszeiträume verlängert, was den Druck mindert.
Building Times: Spüren Sie in Ihrem Unternehmen die von manchen Vertretern der Bauwirtschaft befürchteten Verzögerungen bei Genehmigungen?
Eder: Das war zweifellos ein Thema im zweiten Halbjahr, damals waren die Behörden absolut im Krisenmodus und vielfach nur mit Corona beschäftigt. Damals war es extrem schwierig, Genehmigungen zu erhalten. Das hat sich aber gelegt, wie wir auch von unseren Kunden hören.
Building Times: Im Moment ist der Wohnbau das Zugpferd. Denken Sie, dass in diesem Segment eine Sättigung bevorsteht?
Eder: Wir haben für 2021 wirklich sehr hohe Prognosezahlen, das kann dauerhaft nicht auf diesem Niveau weitergehen. Es wäre aber kein Beinbruch, wenn wir zehn Prozent einbüßen, weil eben das Niveau derzeit sehr hoch ist. Derzeit haben wir einen Boom, mir persönlich ist es lieber, wenn Steigerungen nicht so drastisch ausfallen, weil dann auch die Rückgänge geringer wären.
Building Times: 65 Prozent der Fertigteil-Unternehmen erwarten in der Zukunft steigende Marktanteile für Betonfertigteile. Die Vertreter des Holzbaus wähnen sich ebenfalls in Aufbruchsstimmung. Sie selbst sind auch Ziegelhersteller, erwarten Sie in dieser Sparte einen Rückgang?
Eder: Nein, da man muss die Absolutzahlen betrachten. Der Fertigteilbau spielt im Betonbau insgesamt eine viel kleinere Rolle als der Ortbeton. Schon eine kleine Verlagerung von Ortbeton zu Fertigteilen bringt uns deutliche Steigerungen.
Building Times: Wird diese Verlagerung kommen?
Eder: Ja, das hängt ganz einfach mit dem Fachkräftemangel zusammen. Die Fertigteilbranche bietet den Baufirmen eine Möglichkeit des Outsourcings. Wenn sie viel Arbeit haben, gibt es bei uns Steigerungen. Aber, das gilt auch umgekehrt. Wenn die Baukonjunktur um 2 Prozent nachlässt, spüren wir das zumindest mit 8 bis 10 Prozent, weil dann eben weniger ausgelagert wird. Derzeit wird viel ausgelagert, daher gehen unsere Mitglieder von einer Steigerung der Marktanteile aus. Das aber auch, weil wir unsere Kapazitäten ausgebaut und gute Qualitäten schnell verfügbar haben. Dennoch muss man die Kirche im Dorf lassen, der Fertigteil-Anteil liegt im Hochbau nicht einmal bei 20 Prozent.
Building Times: Und der Holzbau?
Eder: Ja, der wird seitens der Politik derzeit enorm gepusht. Das hat sich die Branche mit viel Lobbying erarbeitet. Ich hoff e aber doch, dass man Ende des Tages erkennt, dass sich die CO2-Bilanz nicht gravierend verändert, nur weil ein Teil der Tragstruktur aus Holz ist. Da geht es doch um mehr, man muss auch die Hülle und den Innenausbau berücksichtigen. Und wenn all das berücksichtigt wird, zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen Leichtbau und Massivbau eher gering sind.
Building Times: Die Digitalisierung ist immer und überall. In welchem Bereich ist sie bei der Herstellung von massiven Baustoff en am stärksten spürbar?
Eder: Die Herstellprozesse vom Angebot bis zur Auslieferung sind inzwischen sehr durchgängig digital. Jedes Bauteil kann nachverfolgt werden. In Wahrheit ist es inzwischen so, dass der CAD-Konstrukteur im Büro die Maschinen steuert. Wir sind aber eine Insel, denn zwischen dem, was wir hier im Werk machen und dem was auf der Baustelle passiert, gibt es einen Bruch. Eine Branche, die schon lange mit der Digitalisierung vertraut ist, ist der Transportbeton. Der Herstellprozess, also der Mischvorgang und der Transport und die Rückfahrt sind inzwischen perfekt. Man weiß auch genau, was wann mit dem gelieferten Beton gemacht wurde. Was jetzt noch kommt, ist der voll digitale Lieferschein, der wird bei uns 2022 eingeführt.
Building Times: BIM ist ein sehr präsentes Schlagwort am Bau. Sehen Sie sich und die Branche gerüstet für diese neue Planungsmethode?
Eder: Wir sind auf hohem Niveau, uns fehlt aber das Vorher und das Nachher. BIM wird derzeit von den großen Baukonzernen als Kalkulationswerkzeug genutzt, weil die Massen perfekt erfasst werden. Damit funktioniert das Angebots- und Nachtragswesen sehr gut. Da sind wir aber noch weit entfernt vom digitalen Zwilling. Der scheitert meiner Meinung nach an unserer flexiblen Baukultur, in der wir kein Planungsende kennen.
Building Times: Die Verfechter von BIM sagen ja, das wird alles anders, oder nicht?
Eder: Ja, dafür fehlt aber meiner Ansicht nach der Druck der Bauherren. So lange wesentliche Player die Vorteile von BIM nicht erkennen, wird es nicht etabliert werden. Profi -Bauherrn, wie BIG und Asfinag, die Gebäude auch betreiben, wissen um die Vorteile von BIM Bescheid und verlangen es auch. Ich meine, dass in der Errichtung eines Gebäudes mit BIM Einsparungen in der Größenordnung von zehn Prozent möglich sind.
Building Times: Die Bauteilaktivierung gilt manchen als Zukunftstechnologie. Das Einlegen der Rohre erfolgt traditionell auf der Baustelle. Wird das künftig im Werk erfolgen? Beschäftigt Sie dieses Thema?
Eder: In unserem Firmengebäude hier kamen aktivierte Bauteile aus der eigenen Produktion zum Einsatz. Wir heizen mit einer Wärmepumpe und im Sommer kühlen wir sehr energie- und kosteneffizient mit Brunnenwasser. Bei den im Werk gefertigten Bauteilen liegen die Rohre für Heizung und Kühlung sehr nah an der Oberfläche, das hat den Effekt, dass das System relativ rasch reagiert. Wenn das gewünscht ist, eignen sich aktivierte Betonfertigteile sehr gut und man wird es auch machen. Wenn man ein trägeres System möchte, werden die Rohre in der Deckenmitte liegen, das erledigt dann der Installateur auf der Baustelle. Dazu kommt, dass die Bauteilaktivierung Maßnahmen im Bereich der Akustik erfordern, weil keine abgehängte Decke möglich ist. Das muss geplant werden und das erfordert Weitsicht.
Building Times: Wie kommen die Rohre bei Ihnen im Werk in die Fertigteile? Haben Sie da Installateure?
Eder: Nein, wir beziehen die fertigen Register, die Zulieferer nach Plänen fertigen und dann werden sie einbetoniert. Wenn die Volumina steigen, würden wir das selbst machen, weil damit Vorlaufzeit eingespart werden könnte.
Building Times: Werden die aktivierten Fertigteile mehr?
Eder: Ich sehe in der Bauteilaktivierung eine große Zukunft, weil man damit sehr energiesparend Heizen und Kühlen kann. Besonders die Kühlung im Sommer ist ein großes Asset. Und die massiven Bauteile dienen auch als Speicher. Wenn wir die Ziele von 2030 erreichen wollen, müssen wir solche Lösungen forcieren.
Building Times: Und auch CO² reduzieren.
Eder: Ein gutes Stichwort, das in unserer Branche heiß diskutiert wird und in der auch viel passiert. Die Zementindustrie ist gerade dabei, uns auf sogenannte CEM 2B umzustellen. Das sind Zemente mit geringerem Klinkeranteil, der durch andere Zusätze, wie Kalksteinmehle ersetzt wird.
Building Times: Und die gewohnte Qualität bleibt erhalten?
Eder: Wir arbeiten erst seit kurzem mit dieser Rezeptur. Derzeit sieht es so aus als würde die Qualität passen.
Building Times: Machen das alle Zementhersteller?
Eder: Im Moment ist es mit Rohrdorfer ein Hersteller, es werden aber alle anderen auch damit kommen.
Building Times: Und wie sieht es bei Ihnen im Werk aus?
Eder: Wir sind bemüht, den Materialeinsatz zu reduzieren. Wir werden uns mit Bauteilen beschäftigen, die betonreduziert sind. Das geht mit Verdrängungskörpern und intelligenten Schalungsformen. Wir müssen dabei natürlich auch das Recycling mitdenken, womit die Sache mit den Kunststoff-Hohlkörpern wieder nicht so einfach ist, wie sie scheint. Wir gehen aber davon aus, dass wir vom Markt gefordert werden.
Building Times: Ein Mitbewerber hat Holz-Beton-Verbunddecken im Programm. Juckt Sie dieses Thema?
Eder: Wir beobachten dieses Thema. Ich denke die Hybridbauweisen werden in der Zukunft an Bedeutung gewinnen.