Baustopp: Wer zahlt für Verzögerungen?
Entscheidend ist, ob im Vertrag auf die Anwendung der Önorm verwiesen wird.
Der Stopp der Bauarbeiten zieht eine Menge rechtliche Fragestellungen mit sich. Spannend ist vor allem die Frage, wer für die Mehrkosten bei einer Verzögerung aufkommen muss. Entscheidend ist nämlich, ob im Vertrag auf die Anwendung der Önorm verwiesen wird.
„Sollte die Leistungserbringung nicht mehr möglich sein – entweder aufgrund von gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund von Lieferverzögerungen von Baumaterialen – so kommen mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung die gesetzlichen Regelungen über die Leistungsverzögerung nach ABGB und, sofern vereinbart, gegebenenfalls die Regelungen der Önorm B 2110 zur Anwendung“, erklärt Nadja Holzer, Partnerin bei Hasberger_ Seitz und Partner.
Sofern vertraglich nichts Abweichendes vereinbart wurde, findet laut Holzer auf Werkverträgen grundsätzlich die Sphärentheorie nach § 1168 ABGB Anwendung. „Kann das vom Werkunternehmer geschuldete Werk aus Umständen der neutralen Sphäre, wie z.B. einer Pandemie und damit verbundenen Gebietssperren und in deren Folge Materialknappheit, nicht erbracht werden, trägt grundsätzlich der Werkunternehmer als Auftragnehmer die Gefahr für Ereignisse der neutralen Sphäre, da er einen bestimmten „Erfolg“ schuldet“, so Holzer. Mit anderen Worten hat der Werkunternehmer in einem solchen Fall mangels anderweitiger vertraglicher Regelung keinen Anspruch auf Fristverlängerung und Abgeltung der mit solchen Ereignissen verbundenen Mehrkosten.
Verständigung ist wichtig
Abweichend von den gesetzlichen Regelungen des ABGB sieht die Önorm B 2110 in Punkt 7.2.1 Z2 vor, dass der Auftraggeber (Werkbesteller) die Gefahr von Ereignissen trägt, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar waren und vom Auftragnehmer (Werkunternehmer) nicht in zumutbarer Weise abwendbar sind. „In dem Fall hat der Werkunternehmer einen Anspruch auf Verlängerung der Leistungsfrist sowie auf Vergütung der Mehrkosten. Die Preisgefahr liegt somit beim Auftraggeber“, erklärt Holzer. In solchen Fällen empfiehlt Holzer den Werkunternehmer, den Werkbesteller schnellstmöglich nachweislich (schriftlich) von den vorliegenden Umständen und der Leistungsverzögerung zu verständigen.
Außerdem gilt: Gemeinsam schaffen wir das!