Frisch konditioniert
Die Toshiba-Generalvertretung Air-Cond GmbH mit Sitz in Seiersberg bei Graz ist ins Reich des US-Giganten Carrier gewandert. An den lange gepflegten Netzwerken und den personellen Urgesteinen wird nicht gerüttelt. Neu ist, dass Viessmann-Chef Peter Huber als Geschäftsführer fungiert.
Der US-Konzern Carrier ist seit geraumer Zeit auf Einkaufstour. Für großes Aufsehen sorgte die Übernahme der Viessmann Climate Solutions mit ihren 12.000 Beschäftigten. Vergleichsweise klein ist der Zukauf von Air Cond durch Carrier. Das seit 1977 bestehende Unternehmen stellt mit einem Umsatz von rund 70 Millionen Euro im Universum von Carrier ein Sternchen dar. Aber eines das glänzt, denn der inzwischen verstorbene Air Cond-Gründer Werner Hochegger hat es früh verstanden, über den nationalen Tellerrand zu blicken. Er legte mit seiner Expansion nach Ost- und Südosteuropa den Grundstein für die heutige Struktur. Rund drei Viertel des Umsatzes werden heute mit dem Vertrieb von Toshiba-Raumklimageräten und Wärmepumpen außerhalb von Österreich erwirtschaftet. Sein langjähriger Wegbegleiter und späterer Eigentümer Jürgen Unterrainer hat die Firma kürzlich an jenen Konzern verkauft, der seit 2023 auch Eigentümer der Toshiba Carrier Corporation ist. Damals übernahmen die Amerikaner für 900 Millionen Dollar den 60-prozentigen Anteil Toshibas am gemeinsamen Joint-Venture-Unternehmen. Toshiba Carrier ist weltweiter Anbieter von HLK-Lösungen und produziert mit seinen 6.600 Mitarbeiter:innen auch Wärmepumpen. Der Umsatz liegt jenseits von zwei Milliarden US-Dollar.
Drei konstante Köpfe
Lange und intensiv mit Air-Cond verbunden sind auch Christan Fitz und Bianca Jeller. Ersterer kam als Quereinsteiger und ist seit nunmehr 21 Jahren an Bord und fungiert als Verkaufsleiter. Jeller wiederum ist 17 Jahre bei Air-Cond und trägt die Titel Administration Director und Head of Marketing & Accounting. Beide sind mit einer Prokura betraut und führen das aus insgesamt rund 30 Mitarbeiter:innen bestehende Unternehmen operativ. Als Technikchef fungiert weiterhin Markus Pichler, der ebenfalls seit rund 15 Jahren zum Kernteam von Air-Cond gehört. Formell geleitet wird das Unternehmen von drei Geschäftsführern. Zwei davon haben ihre Büros in der Viessmann-Zentrale in Allendorf, der dritte ist wohlbekannt in der heimischen Szene – es ist Peter Huber, der Chef von Viessmann Österreich. Er ortet bei Air-Cond nach einer ersten Kennenlernrunde ein „sehr professionelles, motiviertes und sympathisches Team“ und freut sich auf die Zusammenarbeit.
Wie sich die Marktsituation für Air-Cond im Moment darstellt, welche Segmente im Moment Freude machen und warum die Politik bei der F-Gase-Verordnung sorgsam sein sollte, erklärt Air-Cond-Urgestein und Sales Director Christian Fitz im building Times-Exklusivinterview.
Interview: Christian Fitz
Building Times: Air-Cond International gibt es seit 1977. Womit begann die Erfolgsstory?
Christian Fitz: Das Unternehmen wurde von Werner Hochegger gegründet. Er wirkte zeitlebens als Visionär für die Wärmepumpe und begann 1977 den Vertrieb von Toshiba-Klimaanlagen in Österreich, später auch in die angrenzenden Nachbarländer des damaligen Ost-Europa. Nach der politischen Veränderung zu Beginn der 1990er wurden Tschechien, Slowakei, Ungarn und alle ehemaligen jugoslawischen Länder exklusiv von uns mit Toshiba Klimasystemen beliefert.
BT: Heute bedient Ihr Unternehmen mit drei Klima-Sparten und Wärmepumpen vier Segmente. Welches macht im Moment am meisten Freude?
Fitz: Der Home-Bereich ist nach wie vor unser wichtigstes Standbein, das Light-Business Segment ist aufgrund der Unabhängigkeit von der Wettersituation über Jahre wichtig und stabil. Am meisten Freude machen zur Zeit die Erfolge in unserem jüngsten Segment, dem Chiller-Business, mit unserem Universal-Smart-X, Toshiba´s Chiller und Wärmepumpe.
BT: 2022 war ein Rekordjahr, 2023 war ein etwas schwierigeres Jahr. Wie wird aus heutiger Sicht 2024?
Fitz: Aus heutiger Sicht ist das Jahr 2024 ein sehr gutes für alle Klimaanlagen-Segmente. Die Hitze-Welle pusht natürlich den Bedarf an Klimaanlagen unmittelbar. Für die Wärmepumpe sehen wir nach einem sehr schwierigen Jahr 2023 wieder eine leichte Steigerung und hoffen auf einen sehr interessanten Herbst. Dieser Markt wird bekanntlich auch sehr stark durch externe Faktoren, wie Energiepreise, Förderung, etc. beeinflusst.
BT: Ist die Flaute im Wohnbau schon spürbar?
Fitz: Zu Beginn des Jahres war dadurch kaum Bedarf an Klimaanlagen bzw. Wärmepumpen für Neubau spürbar, mittlerweile sind wir aber beim Absatz von Klimaanlagen auf einem Niveau von 2022.
BT: Klimaanlagen spielten bei Air-Cond immer eine wesentliche Rolle. Wie stark ist dieses Segment heute noch?
Fitz: Klimageräte werden heuer ca. 85% unseres Umsatzes darstellen. Sowohl Air-Cond, als auch unser Hersteller Toshiba als Innovator der ersten Split-, wie auch der ersten Inverter-gesteuerten Klimaanlage, hat seine Kernkompetenz natürlich in Klimaanlagen, begann aber vor 15 Jahren auch die Luft-Wasser-Wärmepumpe mit allen für die höchste Effizienz notwendigen Komponenten, erfolgreich zu entwickeln, produzieren und zu vertreiben.
BT: Wie stark wirken sich Hitzewellen tatsächlich auf das Geschäft mit Klimaanlagen aus?
Fitz: Eine Hitzewelle, vor allem mit sogenannten Tropennächten, hat immer eine Auswirkung auf das Geschäft, unmittelbar auf das Home- und Light-Business-Segment, etwas verzögert aber auch auf die größeren Systeme unseres Business-Segments, weil die Investitionsbereitschaft bei schlaflosen Nächten und auch im Büro-, Hotel- oder Industrie-Bereich steigt.
BT: In meinem Bekannten- und Freundeskreis gibt es nicht wenige Menschen, die sich Klimaanlagen leisten könnten, diese jedoch aus ökologischen Gründen ablehnen. Was halten Sie dagegen?
Fitz: Unsere gesamte Klima-Branche kämpft seit Jahren gegen das schlechte „Stromfresser“-Image. Was vor Jahrzehnten mit Fix-Speed-Geräten, mobilen Klimaanlagen und ozonschichtzerstörenden Kältemitteln noch irgendwie berechtigt war, ist mit der heutigen Technologie mit höchsten Effizienzwerten, Kältemitteln mit niedrigem GWP und zertifizierten Installateur:innen nicht mehr korrekt.
Heute verbrauchen Inverter-gesteuerte Split-Klima minimalst Strom und bringen großen Komfort, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Würden die Bekannten und Freunde auf die Klimaanlage im Auto, im Einkaufszentrum oder im Hotel aus denselben Gründen auch verzichten?
BT: Seit geraumer Zeit haben Sie auch Wärmepumpen im Programm. Wie wichtig ist dieses Segment inzwischen? Macht sich die großzügige Förderung bemerkbar?
Fitz: Die „geraume“ Zeit unserer Luft-Wasser-Wärmepumpe Estia beläuft sich inzwischen auf 15 Jahre. Das Segment ist natürlich sehr wichtig, nicht nur im jährlichen Absatz, sondern auch für die Planungen der nächsten Jahre. Die Luft-Wasser-Wärmepumpe ist vor allem im Einfamilienhaus die beste und sinnvollste Lösung und im notwendigen Dekarbonisierungsprozess der Wärmeversorgung alternativlos.
BT: Sehen Sie bei Wärmepumpen heuer ein Wachstum?
Fitz: Ja, in Österreich steigt der Absatz von Wärmepumpen heuer wieder, natürlich auch dank der Förderung.
BT: Sie vertreiben Ihre Produkte über Vertriebspartner, die teilweise auch Montagen erledigen. Wie sehr schmerzt es, wenn Klimaanlagen über Lebensmittel-Diskonter verkauft werden?
Fitz: Wir halten nach wie vor an unserem Toshiba-Partner-Netzwerk fest. Die Split-Klimaanlage ist kein Plug-and-Play-Gerät und gehört von der Planung, über die Installation bis hin zur Wartung in die Hände der Fachfirmen und der effiziente und langlebige Betrieb ist unmittelbar davon abhängig.
BT: In einigen Sparten der Gebäudetechnik wird laut über eine Optimierung der Vertriebsstrukturen nachgedacht. Braucht es die Mehrstufigkeit für simple Klimaanlagen tatsächlich?
Fitz: Wie schon erwähnt, uns ist wichtig, dass die höchste Qualität unserer Produkte, die wir von den Produktionsstätten bekommen, bis hin zum Betrieb beim Endkunden erhalten bleibt, dazu gehört auch die Qualität des Installateurs. Wenn er entsprechend F-Gas-zertifiziert und von uns geschult ist, haben wir die Sicherheit, von Auslegung über Installation und Wartung den höchsten Standard bis zum Endkunden gebracht zu haben.
BT: Aber Sie vertreiben auch über den Großhandel?
Fitz: Ja, für Installateure ohne Zertifizierung und produktspezifischer Schulung haben wir einige Großhändler, die diesen Service und Support als Wiederverkäufer übernehmen.
BT: Wie wichtig sind aus Ihrer Sicht die Planer von Gebäudetechnik für die Entscheidung, welches System und Fabrikat letztlich bei einem Gebäude zum Einsatz kommt?
Fitz: Der HVAC-Planer ist aus unserer Sicht sehr wichtig, um die beste Lösung für den Bauherren in punkto Leistung, Effizienz, Durchführbarkeit der Installation, etc. zu ermitteln. Gerade jetzt mit neuer F-Gas-Verordnung hat er noch mehr Verantwortung, das richtige System und alle dazugehörigen Sicherheitseinrichtungen zu planen. Wir unterstützen auch hier natürlich sehr gerne, teilweise durch unsere Mitarbeiter:innen und oftmals auch durch die lokalen Spezialist:innen unseres Partnernetzwerkes.
BT: Es gibt hierzulande zahlreiche Krankenhäuser, in denen die Patientenzimmer ungekühlt sind. Wird das aus Ihrer Sicht so bleiben oder merken Sie hier ein Umdenken, auch in der Nachrüstung?
Fitz: Ich werde nie vergessen, wie ich damals in einem ähnlich heißen Sommer wie heuer meinen Sohn für 3 Tage nach einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus begleiten durfte und ich bei 32°C im Zimmer minutenweise Abkühlung im Keller suchte. Heutzutage für mich nicht nachvollziehbar, dass Patienten, die Erholung suchen, nicht angenehme Bedingungen dafür bekommen. Natürlich bedarf es parallel auch anderer Maßnahmen wie Beschattung, Begrünung etc, aber die Klimaanlage, vor allem zentralisiert z.B. über die Lüftung, um direkte kühle Zugluft zu vermeiden und alle Standards der Luftqualität einzuhalten, sollte zumindest das geplante Ziel in Krankenhäusern, aber auch in Pflegeheimen sein.
BT: Seit Kurzem gehört Ihr Unternehmen zum Carrier-Konzern. Ergeben sich daraus unmittelbar schon Veränderungen für Ihre Kunden?
Fitz: Seit Juli gehört Air-Cond zum Carrier-Konzern und der Integrationsprozess ist im Gange und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Weder für Kund:innen noch für Mitarbeiter:innen ergeben sich Veränderungen, das war auch im Plan der Übernahme so definiert. Wir bleiben weiter als Generalvertretung für unsere Vertriebsländer verantwortlich.
BT: Sehen Sie Synergien, die sich aus der neuen Eigentümerschaft ergeben?
Fitz: Wir erwarten uns nach der Integration viele Vorteile in internen Prozessen und nachdem die Toshiba Entwicklungs- und Produktionsstätten auch zum Carrier-Konzern gehören, auch viele Vorteile in der konzerninternen Kommunikation, was Marktbedürfnisse für neue Produkte etc. betrifft. Unsere Kund:innen in unserem Netzwerk werden gemeinsam mit uns von dieser Übernahme profitieren.
BT: Neben Österreich vertreiben Sie Toshiba-Geräte in elf Ländern Ost- und Südosteuropas. Wie hoch ist der Umsatzanteil der Auslandsvertretungen und wie entwickeln sich diese Märkte?
Fitz: Wir machen 75-80% unseres Umsatzes außerhalb Österreichs. Jedes unserer 11 Vertriebsländer hat eigene Bedürfnisse und Herausforderungen. In einigen Ländern ist die wirtschaftliche Situation nach wie vor sehr angespannt und die Investitionsbereitschaft sehr niedrig. Vor allem in Ländern wie z.B. der Tschechischen Republik, wo die gesamte Wärmepumpen-Industrie noch in 2022 den Bedarf an Luft-Wasser-Wärmepumpen nicht erfüllen bzw. produzieren konnte, wirkt sich der enorme Rückgang in 2023 natürlich sehr stark aus. Aber derzeit sind viele Ausführer, Wiederverkäufer etc. wieder auf ihre ursprünglichen Produkte, die Klimageräte, zurückgekehrt und wir können wieder starke Steigerungen im Klimageschäft verzeichnen.
BT: Wird 2024 gut ausgehen in den Ländern des Südens und Ostens?
Fitz: Grundsätzlich sehen wir dem Rest des Jahres sehr positiv entgegen und erwarten gute Geschäfte in allen Ländern und ein erfolgreiches Jahr für Air-Cond und Toshiba.
BT: Wir haben bald Wahlen. Was wünschen Sie sich von der Politik?
Fitz: Wenn Österreich das Ziel der CO2-Neutralität erreichen möchte, müssen wir aufhören F-Gase ganz zu vertreiben, weil uns damit die Effizienz der Anlagen verloren geht. Weiters sollte die Politik erkennen, dass Pellets auch brennen und somit CO2 emittieren. Und sie sollte auch berücksichtigen, dass ein niedriger Gaspreis hinderlich ist für die Bemühungen zum Ausstieg aus der fossilen Verbrennung.