Drehen an vielen Schrauben
Austrian Standards lud zum 6. Baustammtisch. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Sanierungen zum ökologischen und auch zum ökonomischen Erfolg für Österreich werden können.
Mitte April 2024 ist die Novelle der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) beschlossene Sache und damit spätestens in zwei Jahren auch in Österreich als geltendes Recht umzusetzen. Neben Neubauprojekten widmet man sich darin der nachhaltigen Sanierung von Bestandsobjekten. Bis 2050 sollen diese in der EU vollständig dekarbonisiert sein. Es gilt also zu handeln.
Für Karin Kieslinger (Geschäftsführerin, EGW Erste gemeinnützige Wohnungsgesellschaft), die selbst großen Gebäudebestand verantwortet, ist die Aufgabe sportlich, aber notwendig. Sie wünscht sich klar positiveren Umgang mit Sanierungs- und Renovierungsthemen: „Es ist auch eine Frage, wie sehr verpflichten wir auch die nächste Generation. Der Lebenszyklus wird wirtschaftlich meistens noch gar nicht betrachtet“. Sie fordert außerdem, dass sich die Politik auf allen Ebenen committet und somit auch langfristige Planungen möglich werden. Neben dem grundsätzlichen Willen werden Förderungen als zentral für den Erfolg gesehen. Diskutant Helmut Schöberl (Geschäftsführer, Schöberl & Pöll GmbH) dazu: „Wir haben zum Beispiel in Wien eine ganz hervorragende Fördersituation. Im unteren Einkommensdrittel sind bei Dekarbonisierung bis zu 100% Förderung derzeit österreichweit möglich.“
Neue Potenziale erarbeiten
Für den Fachbereichsleiter Baumanagement bei Wiener Wohnen, Aramis Glück, ist die Entwicklung durchwegs positiv, wenn auch noch in Kinderschuhen. Viele Potenziale werden aus seiner Sicht erst in den nächsten Jahren sicht- und damit bearbeitbar. „Es wird sich noch einiges entwickeln und auch die Infrastruktur muss sich mitverändern“. Auch die in einigen Jahren kommende OIB-Richtlinie 7 wird den Fokus hier noch klarer auf Materialfragen richten. Die endgültigen Entscheidungen werden dabei aus Sicht von Loud 4 Planet-CEO Caroline Palfy weiterhin nicht von KI gefällt werden: „Nachhaltigkeit und Digitalisierung gehen für uns Hand in Hand. Ich benötige trotz Big Data und KI noch schlaue Menschen, die diese Daten in kluge Entscheidungen überführen und dann auch umsetzen können.“ Zu diesen klugen Entscheidungen zählen auch die Antworten auf grundsätzliche Fragen wie zum Beispiel den Umgang mit weiterer Bodenversiegelung: „Schlussendlich ist das eine Rechenfrage.“ Ähnlich sieht das auch EGW-Geschäftsführerin Karin Kieslinger, die mit ihrem Unternehmen längst beschlossen hat, nur noch Baugründe anzukaufen, die bereits an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sind.
Alte Techniken respektieren
Die Legislative nimmt sukzessive alle Seiten in die Pflicht, neben Möglichkeiten zur Dekarbonisierung auch weitere Nachhaltigkeitspotenziale am jeweiligen Bestandsobjekt maximal auszuschöpfen. Eine Einzelanalyse und die damit punktgenaue Sanierungsplanung verlangt also immer nach individueller Bewertung, denn jedes Haus ist anders. Im Mittelpunkt steht die Heizenergie- bzw. Kühlenergiebedarf. Hier ruft Denkmalschutzfachmann Friedrich Idam dazu auf, auch den historischen Bestand und alte Methoden zu beachten und eventuell wieder anzuwenden. „Gerade die historische Substanz ist in der Lage, Hitzespitzen sehr gut abzufedern“, betont Idam.