Viel Grünes mit PV
Bauder realisiert in Bruck an der Leitha Österreichs größtes Gründach mit Photovoltaik. Im Endausbau sollten auf rund 30.000 m² Dachfläche 2,5 MW-peak installiert werden.
Bei der Firma Bauder in Bruck an der Leitha entsteht auf dem 12 Hektar großen Firmenareal gerade etwas Großes. In einer nahezu fertiggestellten Halle wird demnächst eine Fertigung für PU-Dämmplatten in Betrieb gehen. Verwendung finden diese Produkte bei der Dämmung von Flach- und Steildächern. Das Besondere ist, dass ein Teil der Platten der neuen Fertigung einen hohen Anteil an Biomasse-Bestandteilen enthält und nur mehr zu 20 Prozent aus Erdölbasis besteht. Die Kaschierung besteht anstatt aus Aluminium aus Muschelkalk. Der Nachteil: Die Dämmung wird dadurch rund 40 Prozent teurer, wie der Bauder-Verkaufsleiter Stefan Roithmair erklärt. Der Vorteil: Öffentliche Auftraggeber würden solche Produkte verlangen, erklärt der Manager. Im ersten Schritt würden Kleinmengen produziert, später würde die neue Rezeptur aber gängig werden, ist er überzeugt. Das Hauptprodukt von Bauder bleibt aber weiterhin die Erzeugung von Bitumenbahnen für die Abdichtung von Flachdächern. Damit versorgt Bauder von Bruck aus den Heimmarkt und einige Länder Süd-Ost-Europas.
Der eigentliche Anlass für einen Lokalaugenschein bei Bauder ist aber ein anderer. Das Unternehmen lud erstmals Dachdecker:innen und Gartengestalter:innen zum „Green Day“. Zweck der Übung ist es, den Verarbeiter:innen die Möglichkeiten, Komponenten und Dimensionen von Gründächern zu erörtern. „Die neue Veranstaltungsreihe soll den Teilnehmenden die Gelegenheit geben, die neuesten Entwicklungen im Bereich Gründachsystem, Retentionsdach und Solarlösungen für Gründächer von Experten zu erfahren“, so Roithmair. Bauder selbst geht da mit gutem Beispiel voran. Das Unternehmen realisiert auf rund 30.000 m² Hallendächern der Fertigung, Österreichs größtes Gründach mit Photovoltaik. Im Endausbau wird die PV-Anlage über eine Leistung von 2,5 Megawatt-peak haben. „Dachbegrünung ist Entsiegelung“, sagt Roithmair. Er verspürt derzeit einen deutlichen Schwung was Gründächer und auch deren Kombination mit PV betrifft. Das auch, weil die Wasserrückhaltung bei Neubauten zunehmend zum Thema wird. „Deutschland und die Schweiz sind uns da voraus, dort gibt es zunehmend Einleitebeschränkungen in das Kanalnetz“, so Roithmair. Kurzum, Regenwasser muss auf dem Eigengrund versickern. Mit einer Begrünung von Dächern sinkt die Menge des zur Ableitung gelangenden Wasser enorm. Das macht sich bei Bauder auch in den Zahlen bemerkbar. Von den pro Jahr ausgelieferten Dachbahnen waren in der Vergangenheit etwa ein Zehntel für Gründächer. Unter den rund 3.000 derzeit in Planung befindlichen Projekten beträgt der Anteil etwa 16 Prozent, berichtet der Verkaufschef. Darunter sind auch Großkaliber wie das Postverteilzentrum in Vomp mit einer Fläche von rund 40.000 m².
Die Bedeutung von Retentionsdächern für den Klimaschutz betont die Bauder Gründach-Expertin Gundula Dyk: „Wir betonen die Notwendigkeit einer frühzeitigen und ganzheitlichen Planung sowie die technischen Spezifikationen und Vorteile von Retentionsdächern, um die urbanen Sturzfluten und Hitzeinseln effektiv zu bekämpfen“, so die Systemberaterin.
Was kommt: Gefällelose Dächer
Hierzulande noch wenig zur Anwendung kommt die Bauweise des gefällelosen Daches, bei dem die natürliche Verdunstung die abzuführenden Wassermengen ganz oder teilweise ersetzt. Was in Skandinavien üblich ist, hat in Österreich noch wenige Fans und auch keine Norm. Als Sonderkonstruktion ist so ein Dach aber machbar. Am Ende muss es durch einen Sachverständigen abgenommen werden. Aus statischen Gründen ist so eine Konstruktion natürlich nur für den Massivbau geeignet, wo die Statik früh eingebunden ist.
Christian Oberbichler, Geschäftsführer der Firma Dachgrün berät Planer und Ausführende bei der Realisierung von Gründächern. Er war Partner des Green Days und sieht drei entscheidende Punkte für das Gelingen eines Projektes: „Es braucht eine gute Planung, eine ordentliche Verarbeitung und gute Produkte“, sagt er. Dazu komme, dass ein Gründach Wartung benötigt. Einmal jährlich braucht es ein wenig Dünger und Pflege. Wird das erledigt, verlängere eine Dachbegrünung die Lebensdauer eines Daches, so Oberbichler. Er veranschlagt für eine „gewöhnliche“ Dachbegrünung rund 35 Euro pro m², natürlich abhängig vom Aufwand und der Fläche, die begrünt wird.
Zur Kombination von Gründach und PV erklärt er: „Es gibt Systeme, die innovative Unterkonstruktionen nutzen, die ohne Verankerung in der Dachstruktur auskommen, indem sie die Substratschicht der Begrünung als Ballast verwenden. So wird gewährleistet, dass die Photovoltaikmodule einen optimalen Abstand zur Vegetation einhalten. Durch diese Module entsteht ein Wechsel an verschiedenen Räumen von Schatten, Licht und Feuchtesituationen, wodurch sich kleine Lebensräume ergeben, was gut für die Artenvielfalt ist“, so Oberbichler.
Übrigens: Ein Dach mit extensiver Begrünung mit einer Aufbauhöhe von 8 bis 20 Zentimetern braucht in Österreich in den meisten Fällen keine Bewässerung. Werden Rasen, Bäume und Sträucher auf dem Dach gewünscht, ist eine Bewässerung nötig.