Betonbranche vermisst Fairness
Die Regierung möchte den Holzbau pushen. Die Vertreter der österreichischen Zement- und Betonbranche sehen die angekündigten Pläne der Regierung kritisch.
Das Match ist alt und legendär. Schon seit Jahrzehnten hadern Vertreter der Massivbauweise mit dem Holzbau. Mit dem Wachstum wächst auch der Gram, besonders dann, wenn man sich von der Politik ungerecht behandelt fühlt. Und genau das ist aktuell der Fall. Die österreichische Zement- und Betonbranche kritisiert im Schulterschluss mit dem Österreichischen Baumeisterverband den aktuell vorgestellten 3-Punkte-Plan zur Stärkung des Holzbaus in Österreich. Die grundlegende Voraussetzung für ein nachhaltiges Bauen der Zukunft müssen die Gleichbehandlung aller Baustoffe und die volle Nutzung ihrer Potenziale sein. „Das Bauen in Österreich befindet sich momentan in einem umfassenden Transformationsprozess. Da gilt es, gewaltige Nachhaltigkeitspotenziale aller Baustoffe völlig auszuschöpfen. Aufgrund seiner Langlebigkeit und Kreislauffähigkeit bleibt der Baustoff Beton ein unverzichtbares Fundament dieser Transformation. Die Bemühungen unserer Branche in Sachen CO2- und Materialreduktion sowie Recycling tragen aktiv dazu bei, in Zukunft nachhaltiger zu bauen“, sagt Anton Glasmaier, Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich und Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB). Ganz generell wird betont, dass die Unterschiede zwischen den Baustoffen bezüglich Umweltverträglichkeit viel kleiner seine als in der öffentlichen Debatte oft wahrgenommen.
Holzentnahme und CO2-Emissionen
Die österreichischen Zement- und Betonhersteller fordern, bei der Ökobilanzierung der einzelnen Baustoffe den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken zu berücksichtigen. Ein Vergleich der Treibhausgaspotenziale der Baustoffe zeigt, dass die Unterschiede wesentlich kleiner sind, als immer wieder kommuniziert. In Bezug auf den Baustoff Holz müssten die Auswirkungen einer zunehmenden Holzentnahme in den Ökobilanzdaten dringend Eingang finden, so die Interessensvertreter. Dies würden auch internationale Daten bestätigen. So kommt eine heuer publizierte und umfassend angelegte Studie des World Ressources Institute zum Schluss, dass selbst ohne einen künftigen Anstieg der Holznachfrage die forstwirtschaftlich bedingten Emissionen weltweit etwa 3,2 Milliarden Tonnen CO2-equi pro Jahr betragen. „Diese Emissionen übersteigen die Einsparungen, die durch den Ersatz anderer Baustoffe durch Holz entstehen, sogar um das Dreifache“, so Glasmaier. Gleichzeitig ist die globale Abholzung laut dem Forest Pathways Report 2023 allein im letzten Jahr um vier Prozent gestiegen und lag 21 Prozent über dem Wert, der erforderlich wäre, um die Entwaldung bis 2030 zu beenden. Bei der Klimakonferenz COP26 in Glasgow haben sich 105 Länder dies zum Ziel gesetzt.
Baumeister: Richtigen Baustoff gibt es nicht
In diesem Zusammenhang begrüßt die österreichische Zement- und Betonbranche die Forderung des Österreichischen Baumeisterverbands nach einem baustoffneutralen, faktenbasierten und ehrlichen Zugang bei der Auswahl der Baustoffe. „Wir Bauschaffenden sind sehr verwundert über den Holzbauplan der Bundesregierung – und gehen davon aus, dass es in Kürze eine Korrektur dieser Forderung gibt. Jeder weiß, wie wichtig unsere Wälder für den Klimaschutz sind, wie sich unser Planet bei einer weiteren Abholzung erhitzen würde und welchen Schaden wir mit einer verstärkten Holznutzung anrichten würden“, so Robert Jägersberger, Obmann des Österreichischen Baumeisterverbands. Die Wahl der richtigen Baustoffe spielt bei jedem Bauprojekt eine entscheidende Rolle. Dabei sind laut Baumeisterverband sowohl technische als auch ökonomische und ökologische Parameter zu berücksichtigen. „Alle relevanten Kriterien müssen für jedes Bauprojekt im Einzelfall gewichtet und bewertet werden, denn eines ist sicher: den ‚einen‘ richtigen Baustoff für alle Bauprojekte gibt es nicht. Die Entscheidung ist immer abhängig von der Art sowie den Funktionsanforderungen des Bauprojekts, welche natürlich auch die ökologischen Rahmenbedingungen unter Betrachtung des gesamten Lebenszyklus miteinschließen müssen“, betont Jägersberger.