Betonhartes CO2-Match

Zwei Fraktionen wollen das Bauen mit Beton grüner machen. Die einen mit weniger Zement und beheizter Schalung, die anderen mit Zement, dessen CO2-Fußabdruck von Haus aus geringer ist. Für beide Varianten gilt: Der Weg ist noch weit.

Wenn im Frühjar 2024 in der Wiener Leystraße 122-126 die Bauarbeiten starten, soll mit dem Projekt Soley etwas Besonders entstehen. Der Bauherr Strabag Real Estate plant die Errichtung von 53 Eigentumswohnungen mit CO2-reduziertem Beton (RCC). Beim diesem zementreduziertem Beton liegt die Einsparung von CO2 gegenüber konventionellem Beton bei bis zu 30 Prozent. Dafür braucht es bei kaltem Wetter eine beheizte Schalung samt Sensoren um die Abhärtung des Betons zu sichern. Das Betonieren wird also ein Job für High-Tech-Feinspitze. Noch nicht genau bezifferbar sind die Mehrkosten für die spezielle Betonrezeptur mit weniger Zement, in der Zukunft geht man aber davon aus, dass RCC-Beton 5 bis 10 Prozent mehr kosten wird als konventioneller Beton, so der Chef der Immobiliensparte des Baukonzerns Erwin Größ.

Schwarzes Wundermittel Kohlenstoff

Möchte man noch mehr CO2 einsparen sei das auch machbar, so das umfangreiche Forschungs-Konsortium, das sich mit RCC beschäftigt. Das geht mit der Beimengung von technischem Kohlenstoff (RCC2+), dann beträgt das CO2- Einsparpotential gegenüber dem Referenzbeton bei etwa 80 Prozent für Decken (ohne Heizung). Bei winterlichen Temperaturen mit Unterstützung durch eine beheizbare Schalung liegt das Potenzial der CO2-Reduktion von RCC2+ noch immer bei 67 Prozent, so der Architekt Thomas Romm. Das klingt einfach: Man färbt Beton mit Kohlenstoff schwarz ein und erhält ein sauberes Bauwerk.

Zementindustrie kontert

Ganz anders will die heimische Zementindustrie das CO2-Problem des Betonbaus reduzieren. Sie setzt auf Maßnahmen, die den CO2-Fußabdruck bei der Herstellung von Zement reduziert. Dazu gehören der Einsatz von Ersatzbrennstoffen in der Klinkerproduktion und die Dekarbonisierung beim Transport. Kurzum, man möchte die industrielle CO2-Reduktion präferieren um sicherzustellen, dass sie tatsächlich passiert. Österreichweit gäbe es rund 500 Betonwerke, nicht alle seien in der Lage mit Performance-Beton, wie dem RCC umzugehen, so die Sichtweise des VÖZ.

CO2-Musterschüler

Ganz bei Null muss die heimische Industrie nicht beginnen, sie ist nämlich schon jetzt Weltmeister. Im Jahr 2021 wurden zur Herstellung einer Tonne Zement hierzulande 534 Kilo CO2 emittiert, in Deutschland waren es 565 Kilo, im Schnitt der EU 27 Länder 595 Kilo und in den USA 736 Kilo.
Dennoch möchte man weitere Schritte setzen, wie der Präsident der Vereinigung österreichischer Zementwerke (VÖZ) und Holcim CEO Berthold Kren betont: „Wir treiben den Fortschritt mit neuen Baustoffen, intelligenten Technologien wie der Bauteilaktivierung und mit reduziertem Einsatz von Beton in neuen Bauweisen. Wir meinen es ernst mit dem Wandel unserer Industrie für eine klimafitte Zukunft“. Sein Unternehmen wird im kommenden Jahr in Mannersdorf das erste dekarbonisierte Zementwerk Österreichs fertigstellen. Auch bei anderen Herstellern werden laufend Maßnahmen gesetzt um am Ende Zement mit geringerem CO2-Rucksack zu liefern.

Bauherren entscheiden

Wie viel künftig auf den etwas grüneren Baustoff zugegriffen wird, entscheiden am Ende die Bauherren. Und die schauen bekanntlich gerne auf den Sparstift. Bei den bereits am Markt befindlichen Zementsorten mit geringerem CO2-Fußabdruck haben sich bislang die Verkaufszahlen nicht so entwickelt, dass den Erzeugern nach Luftsprüngen zumute ist.