BIM mit Nachnutzung

BIM allein ist schwierig und nett zugleich. Um die im Zuge der Planung gewonnenen Gebäudeinformationen im FM zu nutzen, braucht es Strukturen und den Geist aller Akteur:innen, wie das 3-jährige Forschungsprojekt BIMBestand – „BIM basiertes Bestandsmanagement von Gebäuden“ gezeigt hat.

BIM kommt, ist da, wird gelobt und verflucht. Die Einschätzungen zur Planungsmethode Building Information Modeling fallen mitunter sehr unterschiedlich aus. Faktum ist, dass es an Treibern für die Digitalisierung der Planung und des Bauens nicht fehlt. Viele Akteur:innen des Geschehens erwarten sich von der nicht mehr ganz neuen Methode mehr Transparenz und Effizienz, was die Zusammenarbeit der unterschiedlichen, an einem Bauwerk mitarbeitenden Menschen betrifft. Hierzulande ist das Wissen um BIM noch ungleich verteilt. Da gibt es jene, die schon früh eingestiegen sind und sich an ersten Projekten versucht haben. Manche davon sind enttäuscht und frustriert, andere nahmen die gewonnenen Erkenntnisse zum Anlass, sich weiter zu vertiefen. Sie gelten heute als Vorreiter:innen. Andere wiederum warten lieber ab. Einige fürchten die Kosten für Hard- und Software, manche meinen, dass die Umstellung auf intensivere Kooperation mit vielen Partner:innen ihre eigene Organisation durcheinanderbringt. Und viele fragen sich, worin der eigene Vorteil liegt, wenn man die detaillierte digitale Planung weiterreicht, damit sie andere nutzenbringend zur Verwendung bringen.

Insgesamt sind es viele Fragen und Baustellen, mit denen sich Architekt:innen, Planer:innen, Bauträger:innen, Baufirmen und Bauherr:innen sowie letztlich Gebäudebetreiber:innen beschäftigen müssen. Von Freiwilligkeit kann in Zusammenhang von BIM nicht mehr gesprochen werden, es wird sich nach und nach etablieren, egal ob einzelne Vertreter:innen der Branche das wollen oder nicht. Unbestritten bringt BIM Vorteile in der Validierung der Planung, bei der Analyse und Bewertung von Planungsalternativen und in der gewerkeübergreifenden Kollisionsprüfung. Auch die redundanzarme Änderung von Entwürfen, die Bauzeitplanung und die Baukostenermittlung in der Ausschreibungsphase werden als Benefits betrachtet. Einige Pilotprojekte in Österreich und etliche realisierte Großprojekte in anderen Ländern mit verbindlichen BIM-Regeln zeugen davon. In den jährlichen Prämierungen der internationalen buildingSmart Awards wird dies regelmäßig umfassend unter Beweis gestellt.
Abgesehen davon, dass mit einem gut aufgesetzten BIM-Projekt die Planung und Errichtung eines Gebäudes geordneter und transparenter über die Bühne geht, ist das auch ein starkes Fundament für einen digitalen Zwilling, der im Lauf des Gebäudelebenszyklus einen großen Nutzen stiften kann. Wenn Eigentümer:innen und Betreiber:innen von Gebäuden auf Knopfdruck auch nach 15 oder mehr Jahren noch wissen, welche Technik in ihrem Haus verbaut ist, lassen sich die Wartung und die Erneuerung optimieren. Wenn klar ist, welche Materialien vorhanden sind, wo Leitungen verlegt, Zwischenwände durchbrochen und die Tragfähigkeit von Decken und Stützen bestimmten Anforderungen gerecht wird, bringt dies Vorteile von der einfachen Umnutzung, über Umbau und Sanierung bis zum Abriss. Ein durchgängiges BIM liefert nämlich auch nach 50 Jahren noch wertvolle Informationen und Planungsgrundlagen, die für den Rückbau und die kreislaufwirtschaftliche Wiederverwertung bedeutend sind. Wenn BIM also durchgehend und gewerkeübergreifend gedacht und gelebt wird, führt dies also in Summe zu erheblichen, aufeinander aufbauenden Erleichterungen in Planung, Bau und Betrieb, auch wenn frühe BIM-Tätigkeiten, isoliert betrachtet, teilweise aufwändiger erscheinen. Als längste Phase im Lebenszyklus bildet der Gebäudebetrieb erwiesenermaßen den größten Kostenblock, wodurch die Effekte der vorgelagerten Optimierung und effizienten Weiterverwendung von Gebäudeinformationen hier besonders zum Tragen kommen. Für dieses BIM-basierte Facility Management in der Nutzungsphase etablierte sich in BIMBestand das Stichwort „BIMFM“.

Projekt BIMBestand
Genau dazu gab es das sehr umfassende Forschungsprojekt BIMBestand – „BIM basiertes Bestandsmanagement von Gebäuden“ an dem neben den Technischen Universitäten Graz und Wien, das AIT Austrian Institute of Technology GmbH, die Flughafen Wien AG, die Planungsbüros Allplan und TBH sowie das FM-fokussierte Softwarehaus Ingenieur Studio Hollaus beteiligt waren. Drei Jahre lang haben sich die Beteiligten mit der Frage beschäftigt, wie man den von vielen Akteur:innen gewünschten und ersehnten Gebäudeinformationsfluss effizient von der Planung in den Betrieb leiten kann. „Die zentrale Frage unseres Projektes war, wie schafft man es, den Gebäudeinformationsfluss einerseits praktikabel für die Baubeteiligten, aber auch BIM-technologisch offen und standardkonform zu organisieren“, erklärt Martin Krammer, BIM-Entwickler aus der BIMBestand-Projektleitung von der TU Graz. „Es wird wenig über die dabei auftretenden Probleme gesprochen“, ergänzt Christoph Eichler, ein BIM-Experte der ersten Stunde im Vorstand der buildingSmart Austria, der seit dem Vorjahr als CEO der VIE Build GmbH fungiert und gemeinsam mit Stefan Hauer, Leiter des Bereichs Projektplattform & Datenstruktur der VIE Build beim Flughafen Wien das Forschungsprojekt vorantreibt. Im Zuge des Forschungsprojektes wurde der Umbau mit Umnutzung in einem Bestandsgebäude am Flughafen Wien inkl. Auswirkungen auf das Bestandsmanagement simuliert, so als hätte man tatsächlich gebaut. Eichler weist auch gleich auf einen ganz essenziellen Umstand des Bauens hin: „Die Dinge werden nie so gebaut, wie geplant. Wichtig ist, dass man weiß, was wie geändert wurde bzw. welche Auswirkungen das hat“, betont er. Und dazu braucht es eben Anforderungsdefinitionen zwischen den Beteiligten, Datenaustausch-Strukturen und technologische Kompatibilität.

Im Zuge des Projektes zeigte sich, was Eingeweihte ohnehin wissen. „Jede:r der Akteur:innen hat ihr bzw. sein BIM. Viele Zutaten für das ganzheitliche BIM waren und sind schon vorhanden, wir haben versucht, ein Rezept zu kreieren, um daraus ein Menü zu machen“, erklärt Krammer. Wie aber lassen sich die vielen Köch:innen steuern, damit am Ende nicht ein verdorbener Brei herauskommt? „Man muss wissen, was, wann an wen, warum und wofür die oder der einzelne Akteur:in liefern muss“, betont Hauer. Alle Projektbeteiligten müssen fordern und liefern, daher heißen die AIA nicht mehr Auftraggeber-Informationsanforderungen sondern lt. ISO 19650 mittlerweile Austausch-Informationsanforderungen“, ergänzt Eichler. Das Handicap: Nicht alle wissen, wie es geht, weshalb funktionelle Schulungen mit Zertifizierungen nach offenen Standards unerlässlich seien, wie Krammer betont, der selbst zertifizierter Trainer für das buildingSmart openBIM Professional Certification Program in Österreich ist. Jede:r bisher Beteiligte wird ihre bzw. seine fachliche Tätigkeit in Zukunft in irgendeiner Weise BIM-basiert erledigen und muss mit anderen passend zusammenarbeiten. Durch die immer stärker werdende Technologie- und Normabhängigkeit der ganzheitlichen, integralen Zusammenarbeit werden sich neben den bereits üblichen BIM-Management- und BIM-Koordinationsrollen in größeren Projekten bzw. Unternehmen auch dezidierte BIM-Berufsbilder etablieren, die sich exklusiv mit der technologischen bzw. organisatorischen Lösungsentwicklung für systematisches BIM beschäftigen. Denn eines steht fest, so Krammer: „Ein unüberlegtes BIM-Projekt produziert durch die gegenseitige Abhängigkeit der Beteiligten bald Frust und konterkariert absehbar die gewünschte kollaborative Projektkultur, ganz zu schweigen von vorhersehbaren, weiterverwendbaren Datenlieferungen für den Betrieb“.

Um effizientes BIM in Projekten zu etablieren seien sogenannte BIM-Kolloquien ein Weg, so die Forschungsgruppe. Damit legt man die technischen und organisatorischen Grundlagen für ein erfolgreiches BIM-Projekt mit Mehrwert für alle Beteiligten. Die darin gemeinsam besprochenen Ankerpunkte, wie die gemeinsame Informationsumgebung, Kompatibilität, Datenpflege und Kompetenzen schaffen das Fundament für die Zusammenarbeit. Wichtig ist dabei, dass die BIM-Technologieoffenheit gewahrt bleibt, denn nur openBIM-fokussierte Ansätze sind eine für Gebäudebetreiber:innen vernünftige Lösung für den jahrzehntelang rechtssicher durchzuführenden Betrieb, wie die Mitglieder des Forschungsprojektes betonen.